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Homeoffice

Start-up „Wie Netflix, nur für die hybride Arbeitswelt“: Diese Gründer wollen, dass Sie Ihren nächsten Bürostuhl mieten

Lendis vermietet Büroausstattung an Unternehmen. In Zeiten von Corona und Homeoffice boomt das Geschäft. Profitabel ist es aber noch nicht.
07.08.2021 - 15:35 Uhr Kommentieren
Betriebssystem für die hybride Arbeitswelt. Quelle: Lendis
Lendis-Gründer Bolz und Papadopoulos

Betriebssystem für die hybride Arbeitswelt.

(Foto: Lendis)

Düsseldorf Der Mann, der seinen Erfolg dem Hype ums Homeoffice zu verdanken hat, ist heute im Büro. Ein Workshop steht an in Julius Bolz’ Firma Lendis – und darüber scheint der Gründer ganz glücklich.

Seit den letzten Lockerungen kommt er wieder an mindestens drei Tagen die Woche ins Büro in Berlin-Mitte: „Die soziale Interaktion, das Miteinander – es ist schon schön, das wieder direkt vor Ort erleben zu können“, sagt der 31-Jährige.

Bolz’ Firma Lendis verdient ihr Geld damit, Büroausstattung zu vermieten. Laptops, Smartphones, Stühle, Tische, ja sogar Kaffeemaschinen und Büropflanzen können Unternehmen über das Start-up via Software mieten. Was auf den ersten Blick so aufregend klingt wie ein Hinrundenspiel in der Kreisliga, hat bei Office-Managern in Coronazeiten massiv an Attraktivität gewonnen.

800 Kunden nutzen mittlerweile den Service von Lendis. Darunter sind viele Mittelständler, aber auch große Namen wie Lufthansa, Volkswagen, Carl Zeiss oder Hochtief.

Mehr als 50.000 Arbeitsplätze hat Lendis so schon ausgestattet. Seit Beginn der Pandemie hat das Unternehmen seinen Umsatz verdreifacht. Im aktuellen Jahr rechnet Bolz erstmals mit achtstelligen Umsätzen, wie er im Gespräch mit dem Handelsblatt ankündigt.

Lendis-Gründer Bolz und Papadopoulos: Vom Unternehmensberater zum Unternehmer

Dabei fing alles ganz klein an. Auf die Idee kam Bolz, der vorher als Unternehmensberater gearbeitet hatte, mit seinem Kompagnon und damaligen Kollegen Stavros Papadopoulos bei einem wichtigen Projekttermin: „Bei unserem Kunden war ein Laptop kaputtgegangen“, erinnert sich Bolz. „Als wir gesehen haben, wer danach alles angerufen werden musste und wie lange sich die Wiederbeschaffung hinzog, war uns klar: Das ist ein Geschäft.“ Das war 2018.

Profitabel ist Lendis unterm Strich bis heute nicht. „Wenn man sich die einzelnen Kundenverträge anschaut, machen wir dort schon Gewinne. Doch wir wollen weiterwachsen, dafür müssen wir investieren“, sagt Bolz. Frankreich, Großbritannien und Benelux stehen auf dem Expansionsplan von Lendis. Finanziert werden die Berliner unter anderem von Picus Capital, der Beteiligungsgesellschaft von Alexander Samwer, dem jüngsten der drei Internet-Brüder. Und tatsächlich stehen die Zeichen weiter auf Wachstum.

Seit dem 1. Juli gilt in Deutschland keine Homeoffice-Pflicht mehr. Laut einer Handelsblatt-Umfrage planen die Dax-30-Konzerne ausnahmslos, in Zukunft hybrid zu arbeiten – also in einer Mischform aus Präsenz und Homeoffice. Auch die meisten Angestellten wollen weiterhin Homeoffice nutzen. Davon profitiert Lendis gleich an zwei Stellen.

Erstens: In einer hybriden Arbeitswelt kann Bolz’ Firma theoretisch doppelt Miete für Stühle, Tische und Monitore von Unternehmen berechnen – einmal fürs Office und noch einmal fürs Homeoffice. Das machten noch längst nicht alle Lendis-Kunden, sagt Bolz. „Aber der Trend ist da.“

Zweitens: Viele Unternehmen planen, nach der Pandemie ihre Büroflächen grundlegend umzugestalten. Schlanker und flexibler sollen die Büros von morgen sein, wenn nicht mehr jeder jeden Tag reinkommt. Auch hier kann Lendis mit seinem Mietmodell und kurzfristigen Kündigungsoptionen Lösungen anbieten. „Wir sind so wie Netflix“, sagt Bolz, „nur für die hybride Arbeitswelt.“ Das Silicon-Valley-Medienunternehmen ist mit der Idee groß geworden, Serien und Filme über ein Abomodell zum Streamen statt zum Kauf anzubieten.

Büromöbel mieten: Der größte Konkurrent heißt Kaufen

Doch das Büromöbel-Business – in Deutschland immerhin ein Markt mit einem jährlichen Volumen von knapp drei Milliarden Euro – ist hart. Das größte Killerargument, sagt Bolz, sei immer noch der Satz: „Wir haben die letzten 20 Jahre unsere Büromöbel gekauft, warum sollten wir jetzt mieten?“ Der Gründer entgegnet dann gern, dass die Zeiten sich geändert hätten. „Viele Mitarbeiter wollen flexibel arbeiten – das müssen Arbeitgeber ermöglichen, wenn sie die besten Leute für sich gewinnen und halten möchten.“

Klar wird man mit einem hochwertigen Bürostuhl oder einer Tischlampe keinen Programmierer anlocken und schon gar nicht dauerhaft an sich binden können. Das weiß auch Bolz. Doch wer auf Dauer nicht darauf achte, wenn sich die eigene Mannschaft im Homeoffice den Rücken oder gleich die ganze Gesundheit ruiniere, sei im Kampf um die besten Talente eben auch auf Dauer im Nachteil, sagt Bolz: „Eine gute Ausstattung im Homeoffice wird für Arbeitnehmer und Arbeitgeber in den nächsten Jahren immer wichtiger.“

Das haben auch andere erkannt. In den Städten Kopenhagen, Stockholm, Amsterdam und Singapur können Unternehmen über den Service Nornorm Büromöbel mieten. Das Unternehmen wird vom Möbelkonzern Ikea finanziert.

Mit vermieteten Büromöbeln will Lendis den hybriden Arbeitsalltag einfacher gestalten.
Büromöbel

Mit vermieteten Büromöbeln will Lendis den hybriden Arbeitsalltag einfacher gestalten.

In Deutschland positioniert sich außerdem das Mannheimer Jungunternehmen Nuwo mit dem Versprechen „Homeoffice as a Service“ anzubieten. Im Gegensatz dazu will Lendis „ein Betriebssystem für die hybride Arbeitswelt“ sein, sagt Bolz – was sowohl Office als auch Homeoffice einschließe.

Anbieter wie Lendis, Nuwo oder Nornorm treten als reine B2B-Unternehmen auf. Das heißt: Die Kunden sind die Unternehmen, nicht die Angestellten.

Fakt ist aber: In Deutschland finanzieren die meisten Arbeitnehmer ihre Ausstattung weitestgehend selbst. Nur bei technischen Geräten wie Laptops und Diensthandys greifen die Firmen ihren Beschäftigten auch finanziell unter die Arme. Bei Einrichtungsgegenständen wie Tischen, Stühlen und Rollcontainern eher nicht.

„Arbeitsmöbel dürfen im Homeoffice kein Fremdkörper bei der Einrichtung sein“, sagt Ralph Niederdrenk, Partner bei PwC Deutschland. In puncto Design und Anforderungen werden die Angestellten deshalb ein Wörtchen mitreden wollen, schätzt der Experte – auch wenn der Arbeitgeber die Ausstattung bezahlt.

Abomodell-Experte: „Für große etablierte Unternehmen sehe ich Marktpotenzial“

Trotzdem halten er und andere Experten das Modell für solide: „Start-ups und kleine Unternehmen werden sich wahrscheinlich Alternativen suchen, für große etablierte Unternehmen sehe ich Marktpotenzial“, sagt der ehemalige Apple-Manager Tom Sadowski, der heute Unternehmen beim Aufbau von digitalen Abomodellen berät.

Die Idee sei zeitgemäß, weil sie ein konkretes Bedürfnis von Firmenkunden in der Pandemie befriedige: „die Mitarbeiter mit dem versorgen, was sie zur Ausübung ihrer Tätigkeit zwingend benötigen – und dabei Zeit und Nerven für Anschaffung, Aufbau und Bürokratie sparen“.

Das findet auch Claudia Boheim, Controllerin beim Baukonzern Hochtief. Für das Baubüro des Berliner Projekts „Areal am Tacheles“ hat die kaufmännische Angestellte Tische, Stühle, abschließbare Schränke und Rollcontainer über Lendis geordert. 2023 soll das Areal in der Hauptstadt fertig sein. So lange wird auch die Büroausstattung vor Ort gebraucht. Danach nicht mehr. „Wenn wir wieder ausziehen, ist alles da, wo es hingehört. Es entsteht kein Müll, wir müssen nichts einlagern, wir müssen uns um nichts kümmert. Das ist schon praktisch.“

In der Tat seien Mietmodelle besonders dort sinnvoll, „wo temporäre Lösungen ihre Berechtigung haben“, sagt auch PwC-Experte Niederdrenk – also bei klassischer Projektarbeit wie bei Hochtief. Die Ausstattung des Homeoffice sieht er eher als Teilmarkt.

Bei Lendis selbst jedenfalls geht es nach der starken Wachstumsphase gar nicht anders, als zwischen Office und Homeoffice zu wechseln. „Wir haben hier in Berlin eine Kapazitätsgrenze von 35 Leuten – bei 90 Mitarbeitern“, sagt Bolz. Wohl dem, der dann drei Tage die Woche ins Büro kommen kann. Zumindest bis zum nächsten Lockdown.

Mehr: Die Hybrid-Illusion – Vier unbequeme Wahrheiten über die Zukunft der Arbeit

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