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Karriere Der Lebenslauf des Scheiterns

Glänzende akademische Karrieren sind selten, der Druck auf junge Wissenschaftler ist umso höher. Rückschläge in der Vita werden versteckt. Doch wie wäre es mit einem etwas anderen Lebenslauf?
31.05.2016 - 06:43 Uhr
Kann die Idee eines „CV of failures“ tatsächlich die Rekrutierungspraxis ändern? Quelle: gms
Bewerber

Kann die Idee eines „CV of failures“ tatsächlich die Rekrutierungspraxis ändern?

(Foto: gms)

Hof Jeder, der sich in einem umkämpften Feld um Stellen bewirbt, dürfte das Gefühl kennen: Die Lebensläufe der anderen scheinen makellos. Der eigene hingegen – nun ja. Junge Wissenschaftler in Deutschland kennen diesen Druck besonders gut. Sie unterrichten, netzwerken, halten Vorträge und müssen die eigene Forschung vorantreiben. All das, obwohl sie kaum Aussicht auf eine sichere Zukunft haben. Welche Folgen das haben kann, darauf macht einer aufmerksam, der es geschafft hat: Johannes Haushofer, Assistenzprofessor an der Princeton University. Mit seinem „CV of failures“ - einem „Lebenslauf des Scheiterns“.

Darin schreibt er zum Beispiel über akademische Stellen, auf die er sich bewarb und die er nicht bekam, über Stipendien, für die er nicht ausgewählt wurde, und über Aufsätze, die er verfasste und die nicht zur Veröffentlichung angenommen wurden. Außerdem schreibt er augenzwinkernd, dass sein Lebenslauf des Scheiterns „wesentlich mehr Aufmerksamkeit“ bekommen habe als seine gesamte wissenschaftliche Arbeit.

„Ich bin nicht sicher, ob es gut ist, für sich selbst einen zu schreiben“, sagt der 36-Jährige allerdings. „In der Psychologie nutzt man ähnliche Übungen, um Leute zu stressen.“ Ihn selbst müssen seine Misserfolge nicht allzu sehr belasten. Geboren in Hof, ist er über Oxford und Harvard nach Princeton gelangt. Sein akademischer Lebenslauf ist sieben Seiten lang. Seine Gegen-Erzählung, der „CV of failures“, misst zwei Seiten und erregt im Netz Aufsehen.

Zuerst wollte Haushofer nur eine andere Perspektive bieten. Jetzt will er die Aufmerksamkeit für eine Debatte nutzen. „Das Meiste von dem, was ich probiere, scheitert“, schreibt Haushofer über seine Liste der Rückschläge. „Aber diese Misserfolge sind oft unsichtbar, während die Erfolge sichtbar sind.“ Andere dächten deshalb oft, es läge an ihnen, wenn sie etwas nicht schaffen.

Was sie nicht sehen, betont Haushofer: die Macht des Zufalls, dass Bewerbungen auch Glückssache sind und sogar Auswahlkomitees schlechte Tage haben. Das wollte schon Melanie Stefan von der University of Edinburgh ändern: Sie machte als Erste die Idee eines „CV of failures“ publik. „Wir Wissenschaftler konstruieren eine Geschichte des Erfolgs“, schrieb sie. Wer einen Rückschlag erlebe, verstecke ihn – und fühle sich allein und entmutigt.

„Ich finde den Versuch gut, die teilweise verrückte Idealisierung zu durchbrechen“, sagt Hans-Werner Rückert, der die Psychologische Beratung der Freien Universität Berlin leitet. Doch er ist skeptisch, ob „CVs of failures“ die Rekrutierungspraxis verändern können. In Deutschland gibt es recht viele Doktoranden- und Postdoc-Stellen, aber befristet auf ein oder zwei Jahre. Professuren mit dauerhafter Anstellung gibt es nur sehr wenige, die Nachfrage ist viel größer als das Angebot. Das führt zu großer Konkurrenz.

Um einen der wenigen Jobs zu ergattern, muss man möglichst viele Beiträge in kurzer Zeit in anerkannten wissenschaftlichen Veröffentlichungen unterbringen. „Das schafft erheblichen Druck“, sagt Rückert. Daher der Spruch „publish or perish“. Veröffentliche – oder geh' zugrunde.

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