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Karriere und Kind Nur Mut, Papa!

Karriereknick, Verdienstausfall, Machtverlust: Väter fürchten berufliche Nachteile, wenn sie in Elternzeit gehen und sich ums Kind kümmern statt um ihren Job. Doch einige Arbeitgeber zeigen, dass es auch anders geht.
21.04.2016 - 16:20 Uhr
Väter, die nachmittags Zeit für ihre Kinder haben, sind in Deutschland selten. Quelle: Imago
Ein Vater mit seinem Sohn

Väter, die nachmittags Zeit für ihre Kinder haben, sind in Deutschland selten.

(Foto: Imago)

Düsseldorf Während die Geburt seines zweiten Sohnes problemlos verlief, geriet Georg Kerns* (Name von der Redaktion geändert) Väterzeit zur Zitterpartie. Der Abteilungsleiter eines großen deutschen Autokonzerns stieß mit seinem Wunsch nach zwei Monaten Auszeit für die Familie bei seinem Vorgesetzten auf massiven Widerstand: „Mein Chef erklärte mir, dass mit meiner Entscheidung, meine Frau zu entlasten, ja wohl klar sei, wo meine Prioritäten auch in Zukunft lägen. Deshalb würde ich als Rückkehrer quasi nur noch als Verwalter der Resterampe taugen.“

Der Manager ließ sich nicht einschüchtern und nahm die Elternzeit trotzdem. Doch kaum hatte er seinen Nachwuchs zum ersten Mal gewickelt, machte seinen Job im Unternehmen tatsächlich auch schon dauerhaft ein anderer. Nach den offiziellen zwei Monaten fand sich dann angeblich keine neue Position für den Manager, weshalb er sein Wickelvolontariat unfreiwillig ausdehnen sollte. „Da habe ich angefangen, mich anderswo zu bewerben.“

Karriereknick, Verdienstausfall, Machtverlust: Konkrete Zahlen, wie oft sich die Kinderbetreuung für Väter tatsächlich als Aufstiegsfalle erweist, gibt es nicht. Aber eine interne Studie der Commerzbank gibt einen wichtigen Hinweis, wie groß die Befürchtungen männlicher Mitarbeiter noch immer sind, sich mit einer Elternzeit ins berufliche Aus zu manövrieren.

Das Frankfurter Finanzinstitut befragte diejenigen 754 Männer unter den rund 38 900 Mitarbeitern in Deutschland, die in den letzten fünf Jahren in Elternzeit waren. Die meisten von ihnen hatten sich für die Minimalvariante von zwei Vätermonaten entschieden. Viele Commerzbank-Väter geben an, dass sie durchaus gerne eine längere Elternzeit genommen hätten. Als Hauptgründe für ihre Zurückhaltung nennen sie zum einen Einkommensengpässe, zum anderen ihre Furcht vor beruflichen Nachteilen.

Drei Viertel der Banker sagen zwar, dass die Gespräche zur Elternzeit mit ihrem Vorgesetzten verständnisvoll liefen. Das heißt jedoch im Umkehrschluss: Etwa ein Viertel der Väter machte offenbar schlechte Erfahrungen – ganz ähnlich also wie Automanager Kern.

Und das, obwohl anders als beim Fahrzeughersteller die Führungskräfte der Bank extra in Seminaren für das gewandelte Rollenverständnis des Mannes vom passiven Ernährer zum aktiven Kümmerer sensibilisiert werden. Und es bei der Commerzbank nach inzwischen mehr als 20 Jahren entsprechender Personalpolitik selbstverständlich sein soll, dass auch Vorstände Väterzeit für sich beanspruchen.

„Der ist doch nie da“

Doch noch immer existieren Vorbehalte bei Chefs und Kollegen. Sie reichen vom Weichei-Image bis zum Generalverdacht „der ist doch nie da, wenn man ihn braucht“.

Besonders verbreitet ist offenbar auch die Sorge der Väter, dass kinderlose Kollegen beruflich vorbeiziehen könnten. Unbegründet ist das nicht. Das bestätigt Martin Bujard, Forschungsdirektor des Bereichs „Familie und Fertilität“ am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung mit Blick auf die Gruppe der 40- bis 45-jährigen Männer. Für sie geht es um entscheidende Weichenstellungen auf dem Weg nach oben. Bujard: „Diese Väter konkurrieren mit etwa 40 Prozent Männern, die ohne Kinder im Haushalt leben, um Beförderungen.“ Von qualifizierten Frauen ganz zu schweigen. Tendenz steigend, denn immer mehr Akademiker, männlich oder weiblich, bleiben kinderlos.

„Für Unternehmen wertvolle Erfahrungen bei der Kinderbetreuung sammeln.“ Quelle: Imago
Kinder bedeuten auch Verantwortung

„Für Unternehmen wertvolle Erfahrungen bei der Kinderbetreuung sammeln.“

(Foto: Imago)

Und diese Rivalen haben einen deutlichen Wettbewerbsvorteil – mehr Zeit und eine größere Flexibilität. Und damit lässt sich in deutschen Betrieben, in denen traditionell eine Anwesenheitskultur vorherrscht, bei vielen Chefs noch immer punkten.

Wer also abends um 18 oder 19 Uhr brav am Schreibtisch sitzt, steigt auf. Und nicht derjenige Vater, der „keine Meetings nach 17 Uhr“ fordert. Oder der gar seine Arbeitszeit auf unter 100 Prozent reduzieren möchte.

„Nur sehr wenige Männer in Führungsposition trauen sich in Deutschland, auf die Teilzeit-Karte zu setzen“, sagt Volker Baisch. Er berät Unternehmen zum Thema „Väterfreundlichkeit“. In der männlich dominierten Chefetage beobachtet er, lässt sich allenfalls die Viertagewoche einrichten. Was einer Reduzierung der Arbeitszeit um maximal zwanzig Prozent entspricht. Auch der Einsatz im Homeoffice ist zunehmend beliebt. Denn da fällt es nicht so auf, wenn der Manager mal zwischendurch sein Kind von der Kita abholt.

Zu den deutlich mutigeren Vorreitern zählt Gerd Göbel. Er gehört zu den 53 Prozent derjenigen Commerzbank-Väter, die durch ihre Elternzeit die berufliche Entwicklung ihrer Partnerin begünstigen wollen. Seiner Frau wurde eine Position im Topmanagement eines Unternehmens in Bonn übertragen, und so war beiden klar, dass sie nach dem Mutterschutz nur selten zu Hause in Frankfurt sein würde.

Frauen voranzubringen geht ohne aktive Väter nicht, weiß der 49-Jährige. Daher beantragte der Gruppenleiter im Vermögensverwaltungsbereich für sich nach der Geburt seiner inzwischen fünfjährigen Tochter Elternzeit. Er experimentierte mit unterschiedlichen Teilzeitregelungen, steigerte sich schrittweise von zunächst 40 auf zuletzt 80 Prozent. „Doch dann war klar, dass bei vier Tagen im Büro nicht mehr genügend Zeit für unser Kind blieb. Unsere Tochter soll weder immer die Erste noch die Letzte im Kindergarten sein. Und ich will an ihrer Entwicklung aktiv teilhaben. Mit ihr spielen, sie zum Turnen oder zu ihren Freunden begleiten.“

Väter unterstützen Mütter

Göbel reduzierte vor einem Jahr auf 50 Prozent, verzichtete auf seine Führungsverantwortung und sagt selbstbewusst: „Ich sehe das nicht als Karriereknick. Wenn meine Tochter älter ist, ergeben sich für mich doch neue Chancen.“ Außerdem drücke sich eine erfolgreiche berufliche Entwicklung für ihn nicht nur durch Personalverantwortung aus, „ich kann auch als Spezialist Karriere machen“.

Christoph Kübel, Arbeitsdirektor beim Stuttgarter Technologiekonzern Bosch, geht noch einen Schritt weiter: „Wir sind überzeugt, dass man wertvolle Erfahrungen sammeln kann, wenn man zu Hause seine Kinder betreut oder einen Familienangehörigen pflegen muss.“ Daher werde bei Bosch eine Familien- oder Pflegeauszeit nicht nur toleriert, sondern diese auch honoriert.

Das sind „Deutschlands beste Arbeitgeber“
Alle bitte zusammenrücken!
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Das sind alle 100 Gewinner, die wir gestern in Berlin als Deutschlands beste Arbeitgeber gemeinsam mit dem Great Place to Work Institut geehrt haben.

(Foto: Gero Breloer)

Der Wettbewerb
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Seit 2002 kürt das Forschungs- und Beratungsinstitut Great Place to Work jedes Jahr „Deutschlands Beste Arbeitgeber“. Das Handelsblatt ist Partner des Wettbewerbs. Teilnehmen können Unternehmen aller Branchen ab 50 Mitarbeitern. An den aktuellen Benchmark- Befragungen haben sich ins- gesamt 613 Firmen mit über 330.000 Mitarbeitern beteiligt. Die 100 besten wurden in vier Größenklassen prämiert. Die Preisverleihung fand am Mittwochabend in Berlin statt. Die Anmeldung zum Folgewettbewerb „Deutschlands Beste Arbeitgeber 2017“ ist ab sofort möglich.

Bewertung In einer anonymen Mitarbeiterbefragung werden Kernthemen der Arbeitsplatzkultur wie Führung, Teamgeist, Vertrauen und Identifikation untersucht. Diese macht zwei Drittel des Gesamturteils aus. Ein Drittel der Bewertung basiert auf einem Kultur-Audit, bei dem das Management zu Förderungs- und Unterstützungsmaßnahmen für Mitarbeiter Auskunft gibt. Themen sind etwa Weiterbildung und Gesundheitsförderung. Die Daten wurden von Mai bis November 2015 erhoben.

(Foto: Yuri Arcurshb. com)
50 bis 500 Mitarbeiter
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Platz 64: Einsteiger in der Kategorie 50 bis 500 Mitarbeiter ist die Aachener Software-Firma ModuleWorks. 71 Mitarbeiter sind hier beschäftigt.

(Foto: Screenshot)
50 bis 500 Mitarbeiter
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Platz 1: Auch bei dem Unternehmen QAware mit Firmensitz in München geht es um Software Engineering. QAware hat 80 Mitarbeiter und ist in dieser Kategorie der beliebteste Arbeitgeber.

500 bis 2.000 Mitarbeiter
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Platz 26: MBDA Deutschland ist ein Rüstungsunternehmen mit Sitz in Schrobenhausen, welches zur Airbus Group gehört. Als Arbeitgeber in der Größenordnung 500 bis 2.000 Mitarbeiter bildet der Konzern mit Rang 26 den Einsteiger in dieser Gewinnerkategorie. 1161 Menschen sind hier beschäftigt.

(Foto: Reuters)
500 bis 2.000 Mitarbeiter
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Platz 1: Bestnoten von seinen Angestellten erhält das Softwareunternehmen Cisco Systems mit 977 Mitarbeitern.

(Foto: Reuters)
2.000 bis 5.000 Mitarbeiter
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Platz 7: Auch das Unternehmen Phoenix Contact zählt mit seinen 4.131 Mitarbeitern in der Metall- und Elektroindustrie zu einem der besten Arbeitgeber und gibt den Einsteiger in der Kategorie.

Platz 6: Philips Elektronik mit 5.000 Mitarbeitern.

Platz 5: Ing-Diba mit 3.700 Mitarbeitern.
Platz 4: Sick AG mit 3.308 Mitarbeitern.

Platz 3: Johnson & Johnson mit 3.643 Mitarbeitern.

Platz 2: Mars Deutschland mit 2.300 Deutschland.

(Foto: dpa)

Familienzeit gilt beim Stuttgarter Unternehmen als ein Karriere-Baustein, gleichwertig zum Beispiel mit einem Auslandseinsatz. Denn die Mitarbeiter kämen in beiden Fällen mit neuen Fähigkeiten zurück ins Unternehmen, von denen der Arbeitgeber profitieren kann.

Zu den Kompetenzen, die ein Vater am informellen Lernort „Familie“ erwerben kann, gehören laut Bosch beispielsweise Konfliktlösung, Organisation und Geduld.

Wer jemals länger als 24 Stunden am Stück Kinder betreut hat, wird diese Erkenntnis bestätigen. Vor allem das mit der Geduld.

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