Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz: „Die Belegschaft kann nur so gut sein wie die Gesellschaft"
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Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz„Die Belegschaft kann nur so gut sein wie die Gesellschaft"
Am Arbeitsplatz wird besonders oft diskriminiert. Deshalb soll nun das Allgemeine Gleichstellungsgesetz verschärft werden. Präventiv wirken sechs nachahmenswerte Praxisbeispiele für mehr Toleranz, Fairness und Vielfalt.
Küssende Manager: Es gibt auch homosexuelle Vorstände, nur reden sie aus vielen Gründen nicht darüber.
(Foto: Getty Images)
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Piloten, die laut Arbeitsvertrag nur bis 60 fliegen dürfen. Eine weibliche Führungskraft, die als Nachfolgerin aufgebaut wird, dann aber die Beförderung nicht bekommt, weil sie schwanger ist. Eine Muslima, die im Bewerbungsgespräch unangenehme Fragen zu ihrem Kopftuch beantworten muss. Jeder Dritte in Deutschland erlebt Diskriminierung, besonders häufig im Job. Fast die Hälfte der Betroffenen klagt über Benachteiligungen aufgrund von Alter oder Geschlecht, wie eine repräsentative Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigt.
Aletta von Hardenberg
"Die Belegschaft kann nur so gut sein wie die Gesellschaft", sagt die Vorsitzende der Charta der Vielfalt.
(Foto: ddp images/Steffens)
Dabei hätte sich die Lage längst bessern sollen. Schließlich trat schon vor zehn Jahren das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft. Das Gesetz sollte Schluss machen mit solchen Benachteiligungen, genauso wie mit Diskriminierung aufgrund einer Behinderung, der ethnischen Herkunft oder wegen der sexuellen Orientierung.
Anzeichen dafür, dass Sie ihre Rolle als Chef hinterfragen sollten
Bei Meetings haben Sie immer öfter das Gefühl, als wären Sie Beobachter und nicht der Steuermann.
Sie fühlen sich häufig ausgepowert und überfordert.
Wenn Sie Aufgaben delegiert haben, gibt es haufenweise Rückfragen und das Ergebnis verfehlt das Thema.
Sie denken häufiger insgeheim: „Wieso muss ich das eigentlich machen, meine Leute können das genauso gut?“
Ihre Mitarbeiter denken nicht mit, zeigen Unsicherheit bei den einfachsten Aufgaben und fragen ständig um Rat, wenn sie Entscheidungen treffen sollen. Bedenklich ist auch, wenn Mitarbeiter Ihnen zustimmen, die Aufgabe aber ganz anders als gewünscht erledigen.
Quelle: „Als unser Kunde tot umfiel ...“, Timo Hinrichsen und Boris Palluch, Wien 2012
Vor zehn Jahren wurde auch der Wirtschaftsverband "Charta der Vielfalt" von Daimler, BP Europa, der Deutschen Bank und der Telekom gegründet. Lauter Arbeitgeber, die gesellschaftliche Vielfalt wertschätzen und die profitieren wollen von gemischten Teams und frischen Perspektiven. Doch eine Dekade und eine Generation neuer Personalspezialisten später, fällt die Bilanz von Verbandsgeschäftsführerin Aletta von Hardenberg eher nüchtern aus: "Die Belegschaft kann nur so gut sein wie die Gesellschaft", gibt sie zu bedenken.
Es habe sich zwar etliches getan, vor allem in Sachen Chancengleichheit von Männern und Frauen und zwischen den Generationen. "Aber angesichts der Tatsache, dass es noch immer keine einzige Frau an der Spitze der dreißig größten deutschen Konzerne gibt, können wir mit dem Ergebnis natürlich nicht zufrieden sein", sagt von Hardenberg, deren Verband inzwischen 2.250 Mitglieder zählt. Nachholbedarf der Arbeitgeber sieht sie in Sachen Chancengleichheit von behinderten und nicht behinderten Menschen sowie beim Thema kulturelle Vielfalt. "Gerade vor dem Hintergrund der Flüchtlinge, die es beruflich und gesellschaftlich zu integrieren gilt, ist Offenheit für kulturelle Vielfalt die größte Herausforderung. Das möchte ich gar nicht nur auf Religion und Weltanschauung beschränken", sagt sie.
Immerhin hat das Gesetz eine wichtige Funktion erfüllt: "Diskriminierung im Arbeitsleben ist zwar nicht verschwunden, aber sie ist klar geächtet und wird zunehmend offen thematisiert", konstatiert Christine Lüders, die die Antidiskriminierungsstelle des Bundes leitet. Rund 15.000 Menschen haben dort Rat gesucht. Aber geahndet wird Benachteiligung bislang ihrer Meinung nach zu selten: "Es ist höchste Zeit für eine rechtliche Stärkung derjenigen, die Diskriminierung erleben", stellt sie klar.
Nun wird über eine Verschärfung des AGG diskutiert. So könnten Arbeitgeber auch dann für die Einhaltung des Gleichstellungsgrundsatzes haften, wenn sie per Werkvertrag fremdes Personal beschäftigen. Außerdem könnte die Klagefrist von zwei Monaten auf sechs Monate verlängert werden. Ein neues Verbandsklagerecht soll dafür sorgen, dass Antidiskriminierungsverbände Prozesse für Betroffene führen können. Damit müssten sie nicht als Einzel-Kläger auftreten und ihre demütigenden Erlebnisse vor Gericht schildern. Lüders lädt Ende Oktober zu einer Fachtagung nach Berlin, um weitere Details zu diskutieren.