Hidden Champions – erstklassige zweite Reihe: Wenn Chefs das Potenzial ihrer besten Mitarbeiter übergehen
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Hidden Champions – erstklassige zweite ReiheWenn Chefs das Potenzial ihrer besten Mitarbeiter übergehen
„Wer es bis auf den Affenfelsen schafft, ist nicht automatisch der intelligenteste oder leistungsstärkste der Horde“, sagt Personalexpertin Dagmar Hübner. Ein Plädoyer für die stillen Arbeitstiere aus der zweiten Reihe.
„Viele Unternehmen übersehen oder übergehen häufig das immense Potenzial ihrer fähigsten Mitarbeiter und vielversprechendsten Talente.“
Frankfurt Wir alle kennen sie: Die stillen Arbeitstiere, die mit einem entschuldigenden „Mehr hab ich in der Zeit nicht hinbekommen…“ brillante Briefings, Analysen und Präsentationen auf den Tisch legen. Die Ideenlieferanten und weitsichtigen Köpfe, die in Meetings immer zu kurz kommen. Die Könige des „Gegen den Strich“-Denkens, an deren Beförderung auf Spitzenpositionen nie jemand zu denken scheint.
Die Realität in den Unternehmen zeigt ein gewisses Stereotyp. Dort der Affenfelsen, besetzt mit den durchsetzungsfähigen, lautstarken, dominanten Alphatieren, den Vorständen, Geschäftsführern und Chefs aller Couleur. Hier die Hidden Champions, die Garde derer, die oft die eigentliche Arbeit erledigen, Teams führen, Kunden betreuen, Innovationen treiben, Kohlen aus dem Feuer holen.
Stille Wasser sind schlau
Wer es bis auf den Affenfelsen schafft, ist nicht automatisch der intelligenteste oder leistungsstärkste der Horde – wer hier sitzt und sitzen bleibt ist vor allem auch fähiger Machtmensch, in der Lage, sich und sein Unternehmen zu behaupten. Und Machtmensch muss er bis zu einem gewissen Grad sein, gerade in einer globalisierten Wirtschaft, in der das „Jeder gegen Jeden“ inzwischen quer über alle Kontinente gespielt wird.
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Was in Firmen alles schief läuft
„Der Arbeitsplatz einer Kollegin war für ihre neue Aufgabe ungeeignet: Sie musste abwechselnd auf den Tisch und dann 45° nach oben schauen. Dort war ihr Monitor im Regal untergebracht. Also standen alle ratlos ums Regal herum und beklagten sich, dass die IT-Jungs, die für solche Umbauten eigentlich zuständig sind, nicht endlich kommen, um den Monitor umzubauen. Während alle anderen rumstanden und klagten, haben ein Kollege und ich einfach den Monitor aus dem Regal genommen und auf den Tisch gestellt. War deutlich besser als auf die IT-Jungs zu warten. Seltsam, dass sonst keiner auf die Idee kam …“
„Das Blöde an ›Mach einfach!‹ ist: Seit alle wissen, dass unsere Abteilung´ einfach mal macht, lösen wir auch die Probleme aller anderen Abteilungen, die gerne jede Verantwortung von sich schieben und sich nur noch Routineaufträge zutrauen.“
„Leider trauen sich nur sehr wenige Manager, Entscheidungen zu treffen. Entscheidungen haben den kleinen Haken, dass sie eventuell falsch sein könnten, weshalb viele leider die falsche Entscheidung treffen – nämlich keine.“
„Ich kenne Vertriebsorganisationen, bei denen die Account Manager vier Tage die Woche Reports verfassen und folgerichtig nur einen Tag die Woche beim Kunden sind. Desaströs.“
„Es besteht ein Hang dazu, sich in Routine zu vergraben, um keine unangenehmen Entscheidungen fällen zu müssen.“
„Ich glaube, dass Action Management bei uns nur so lange funktioniert, wie das Unternehmen in Notlage ist. Der Satz ›Verhalt dich mal ruhig!‹ fällt bereits, sobald wir irgendwie eine schwarze Null schreiben.“
„Action Management funktioniert bei uns nicht, weil Action Manager Erfolg haben und jeder Erfolg bei uns die Neider auf den Plan ruft. Sie fürchten, dass jeder merkt, dass sie keine solchen Erfolge vorweisen können. Erfolge machen einsam.“
„Action Manager sind oft erfolgreich, aber meist nicht beliebt, weil die anderen sich dann auch schneller bewegen müssen. Schwache Chefs finden den Action Manager auch eher unbequem …“
„Action Manager ernten bei uns meist weniger Anerkennung als diejenigen, die sich mehr aufs Schwafeln konzentrieren.“
Die intelligentesten und leistungsstärksten Kollegen sind aber oft diejenigen, die gar nicht erst versuchen, den Affenfelsen zu erklimmen. Die sich vom politischen Machtspiel fernhalten und das tun, worin sie am besten sind: inhaltlich zu arbeiten, intelligente Lösungen zu entwickeln und so Unternehmen voranbringen.
Das Problem ist nur: die Hidden Champions werden oft nicht gehört. Weil Alphatiere lieber auf ihresgleichen hören und den Machern in der zweiten Reihe gern mal die nötige Lautstärke fehlt. Das ist fatal, denn so übersehen oder übergehen viele Unternehmen häufig das immense Potenzial ihrer fähigsten Mitarbeiter und vielversprechendsten Talente.
„Respect, Baby!“
Wer jetzt aber glaubt, der Ausweg aus dieser Misere sei, die stillen Macher den Affenfelsen stürmen zu lassen, übersieht ein simple Wahrheit: Nicht jeder ist zum Alphatier geboren. Tendenziell würde er als Herrscher des Affenfelsens eher unglücklicher sein, als er es jetzt ist. Nein, der Ausweg ist ein anderer: Hidden Champions zu erkennen, in ihrer Rolle zu stärken, sie herauszufordern, vor allem aber: auf sie zu hören. Das erfordert Aufmerksamkeit, Offenheit, Vertrauensvorschuss und ein sehr gut aufgestelltes Human Resources Management.
Nicht leicht für Alpha-Affen aber es lohnt sich – und hat den Vorteil, dass die Felsenbesetzer keine Angst haben müssen, sich Konkurrenz heranzuzüchten. Die unauffälligen Stars wollen Wertschätzung, spannende Aufgaben und Anerkennung aber eher selten die Lizenz zum „Dicke Hose machen“, zur Bespielung der ganz großen Bühne. Sie motiviert etwas anderes: Die Achtung und der Respekt vor der Leistung des Einzelnen, die eben auch mal aus der Nische kommen kann. Wer seinen Hidden Champions diesen Respekt entgegenbringt, wird das volle Potenzial seines Unternehmens entfalten können.
Über die Autorin: Die Wahl-Frankfurterin Dagmar Hübner gründete 1998 The People Business, eine inzwischen renommierte Personalberatung, und ist zu einer festen Größe im Human Resources Management der Kommunikationsbranche geworden. Sieben Jahre lang hat sie zuvor als erster HR Director im deutschen Kommunikationsmarkt das Human Resources Management von Leo Burnett Deutschland aufgebaut und geleitet. Ihr Ansatz: Maßstäbe setzen, wo andere hin und wieder das schnelle „Headhunting“ etwas zu wörtlich nehmen. Hübner schätzt den Blick für die langfristige Perspektive, die Lust am intensiven Gespräch und das geduldige Streben nach dem Perfect Match.
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