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Serie: Netzwerken in der Krise – Teil 3 Mächtig weiblich: Frauennetzwerke legen in der Pandemie zu
In der Krise sehen gerade Frauen die Notwendigkeit, mehr zu netzwerken. Die Verbindungen reagieren darauf mit neuen Angeboten und mehr Service.
Multiaufsichtsrätin Simone Menne, die designierte Merck-Chefin Belen Garijo, BASF-Vorständin Saori Dubourg (v. l.): Frauennetzwerke gewinnen in der Pandemie an Bedeutung.
Düsseldorf „In der Hölle“, so sagte es im Jahr 2006 die damals amtierende US-Außenministerin Madeleine Albright, „gibt es einen besonderen Platz für Frauen, die anderen Frauen nicht helfen!“ Ob man oder frau dieser Prophezeiung nun glaubt oder nicht – der Kreis der Frauen in Führungspositionen, die von dieser Prophezeiung im Jenseits betroffen sein dürften, ist in diesem Jahr in Deutschland deutlich kleiner geworden.
Die auf Frauen spezialisierten Netzwerke erleben in der Pandemie einen fast schon historischen Zulauf. Die „Working Moms“ hätten eigenen Angaben zufolge zweistellig wachsen können, es stapeln sich die Mitgliedsanträge. Inzwischen haben sich fast 600 Frauen in Führungspositionen, die Kinder und Karriere vereinen wollen, dem Kreis in Deutschland und der Schweiz angeschlossen, und die Expansion nach Österreich steht an.
Die politisch getriebene Initiative „Fidar“ begrüßte im November das 1000. Mitglied, und das Netzwerk „Generation CEO“ freute sich über so prominente Zugänge wie Bahn-Technikvorständin Sigrid Nikutta, 51, die bei ihrer Aufnahme sagte: „Es ist nie zu spät zum Netzwerken.“ Die durch die Pandemie geprägten Jahre 2020 und 2021 machen die Notwendigkeit zum Netzwerken anscheinend besonders vielen Frauen klar(er).
Die Sichtbarkeit der Arbeitsleistung war infolge von Kontaktverboten und Homeoffice geringer, die Vereinbarkeit von Kindern und Karriere durch Schul- und Kitaschließungen noch schwieriger und das eigentliche Geschäft oder Management durch die Krise und die beschleunigte digitale Transformation noch herausfordernder. Entsprechend war das Bedürfnis nach Austausch mit Gleichgesinnten größer als in normalen Jahren.
Für ein neues Selbstbewusstsein sorgen auch gesellschaftliche Bewegungen wie die #Ichwill-Kampagne. In dieser werben prominente Frauen wie Schauspielerin Maria Furtwängler, die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, Jutta Allmendinger, und die Ex-Dax-Vorständin Janina Kugel für mehr Gleichberechtigung am deutschen Arbeitsmarkt.
Wichtige Frauennetzwerke
Mitgliederzahl: 1.000
Gründungsjahr: 2014
Zugang: Beitrittsantrag
Selbstverständnis: politisch, pro Quote
Mitgliederzahl: 200
Gründungsjahr: 2007
Zugang: Auswahlverfahren
Selbstverständnis: ambitioniert
Mitgliederzahl: 50.000
Gründungsjahr: 2017
Zugang: Anmeldung
Selbstverständnis: divers, digital
Mitgliederzahl: 700
Gründungsjahr: 2007
Zugang: Auswahlverfahren
Selbstverständnis: Karriere und Kinder
Mitgliederzahl: 40
Gründungsjahr: 2016
Zugang: Empfehlung
Selbstverständnis: exklusiv, engagiert
Mitgliederzahl: 70
Gründungsjahr: 2019
Zugang: Bewerbung, Mitgliedsbeitrag
Selbstverständnis: fähig, führend
Ebenfalls einflussreich war die #Stayonboard-Initiative der Investorin Verena Pausder, die sich dafür einsetzt, dass ein Mandat für Auszeiten bei Mutterschutz, Elternzeit oder Krankheit nicht aufgegeben werden muss, sondern ruhen kann.
„Das Jahr 2020 war extrem anstrengend, aber es war auch extrem erfolgreich“, sagt Monika Schulz-Strelow, die Präsidentin von Fidar, der Initiative, die sich für mehr Frauen in Führungspositionen einsetzt und dafür gezielt den Kontakt zur Politik sucht.
Seit März habe Fidar 100 neue Mitglieder aufnehmen können, darunter auch viele junge Frauen und auch Männer. Das gebe generell Schub für die weitere politische Auseinandersetzung, sagt Schulz-Strelow. Die nun geplante gesetzliche Frauenquote für Vorstände spiegele diese Kräfteverschiebung wider.
Entsprechend dem neuen Selbstbewusstsein und der gestiegenen Nachfrage stehen bei den Frauennetzwerken die Zeichen auf Expansion und Professionalisierung. So will der seit 2017 bestehende gemeinnützige Verein IWiL (Initiative Women into Leadership), der inzwischen von 45 Unternehmen getragen wird – darunter die Deutsche Bahn, Volkswagen und SAP –, eine eigene Akademie ausgründen.
Die „Leadership Next Academy“ soll ab März ein spezielles Executive Training anbieten. Geschäftsführerin der neuen Einheit ist die Personalberaterin Sabine Hansen (She4Her). Natalie Daghles, Partnerin der Sozietät Noerr und Vorständin von IWiL, sagt: „Mit unserem IWiL-Cross-Mentoring-Programm haben wir so gute Erfahrungen gemacht, dass wir jetzt den nächsten Schritt gehen.“ Die Academy spreche Frauen an, die ihre Karriere gezielt vorantreiben wollten. „Sie werden Teil eines starken Netzwerks und profitieren von der Wissens- und Erfahrungsvermittlung aus der praktischen Managementperspektive.“
2020 war extrem anstrengend, aber es war für uns auch extrem erfolgreich. Monika Schulz-Strelow, Fidar-Präsidentin
Die Gemeinschaft „Global Digital Women“ der Unternehmerin Tijen Onaran fand eigenen Angaben zufolge im vermeintlichen Krisenjahr 2020 nicht nur 20.000 neue Mitglieder und zählt nun 50.000 insgesamt, sie gewann auch die Strategieberatung McKinsey als Partner hinzu. „Die durch die Pandemie beschleunigte Digitalisierung war für uns ein Katalysator. Wir waren ja von der Gründung an digital aufgestellt und thematisch stark im Bereich New Work orientiert“, sagt Onaran.
Das einst vom Headhunter Heiner Thorborg gegründete Netzwerk „Generation CEO“ hat nicht nur weitere 20 neue Mitglieder ausgewählt und aufgenommen. Es hat sich auch weiter verselbstständigt. Es ist nun ein eigenständiger Verein mit rund 200 Mitgliedern, die von aktiven Vorständinnen wie der Beraterin Catrin Hinkel von Accenture und Daniela Mündler, zuletzt im Vorstand von Bahlsen, vertreten werden und für die Matriarchinnen wie Doreen Nowotne, Aufsichtsratschefin von Haniel, und Nathalie von Siemens stehen.
In der Pandemie bewährt sich Teilnehmerinnen zufolge auch ein mächtig weiblicher Zirkel, der „Merton-Kreis“, der vom Angang und seiner Exklusivität her an Männerrunden wie die Seilschaft der „Similauner“ erinnert.
Statt in ihrer Heimstatt, der Villa Merton in Frankfurt, oder abwechselnd zu Hause treffen sich die Damen aus dem wohl elitärsten Frauenzirkel der Republik seit einem Jahr nur noch digital. Doch Häppchen und Rotwein scheinen auch zu Hause zu guten Gesprächen geschmeckt zu haben.
Das Who’s who der weiblichen Führungsriege gehört dem Merton-Kreis an
Douglas-ChefinTina Müller berichtet: Während der Corona-Zeit schalte man sich alle zwei Wochen per Videokonferenz zusammen, „um uns speziell über die Herausforderungen während der Pandemie auszutauschen. Die Kommunikation war auf jeden Fall intensiver.“
Dem Merton-Kreis gehören inzwischen eigenen Angaben zufolge jedenfalls rund 40 Top-Frauen an – und zwar das Who’s who der neuen deutschen weiblichen Führungsriege. Dazu zählen neben Douglas-Chefin Müller als weiblicher Spiritus Rector die designierte Merck-Chefin Belen Garijo, die BASF-Vorständin Saori Dubourg, Multiaufsichtsrätin Simone Menne (BMW, Henkel, Deutsche Post) sowie die Bankerin Dorothee Blessing (JP Morgan).
Als eine Seilschaft wie die Herren am Berg, denen es um das eigene Aufsteigen geht, wollen sie sich aber nicht verstanden wissen. So sagt Mertonin Kati Najipoor-Schütte, Personalberaterin bei Egon Zehnder: „Wir haben uns vorgenommen, die Rolle und Wirksamkeit von Frauen in Führungspositionen und in wichtigen gesellschaftlichen Einflussbereichen zu stärken. Aber auch, uns einfach gegenseitig zu unterstützen.“ Es wäre zumindest wohl ganz im Sinne einer Madeleine Albright.
Weitere Serienteile: Das Handelsblatt zeigt in den kommenden Tagen, welche wichtigen Verbindungen es gibt – politische Netzwerke, kulturelle Netzwerke oder Karrierenetzwerke.
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