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Studium für Spitzensportler Nach dem Training ist vor dem BWL-Studium

Wenn die Karriere vorbei ist, sollten Spitzensportler einen Plan B haben, wollen sie nicht im Dschungelcamp landen. Ein Studium im Stadion und Sportbusiness-Kurse helfen den Profiathleten – und nicht nur ihnen.
05.06.2016 - 15:13 Uhr Kommentieren
VFL Campus / Nadine Kessler / ehem. DFB Nationalmannschaft Frauen
Ex-Fußballerin Nadine Keßler im VfL Stadion

Die Hochschule kommt zu den Studenten.

Quelle: Nils Hendrik Mueller für Handelsblatt

Düsseldorf Aus, Ende, vorbei. Weil das Knie nicht mehr mitmacht, musste Weltfußballerin Nadine Keßler vor wenigen Wochen das Ende ihrer Karriere bekanntgeben – mit gerade mal 28 Jahren. „Ich bin ziemlich traurig, dass ich nie mehr professionell Fußball spielen werde“, sagt sie, die Spritzen, Operationen und Reha hinter sich hat. „Aber ich habe keine Wahl, meinen Körper brauche ich auch noch für andere Dinge.“ Die gebürtige Pfälzerin kann froh sein, wenn sie im Alltag keine Schmerzen plagen.

Obwohl das Knie sie immer wieder hinderte, hat die feine Technikerin im Fußball fast alles gewonnen: Deutsche Meisterschaft, Champions League, Europameisterschaft, es fehlte nur noch der WM-Titel. Keßler investierte viel, legte sich mehrmals unters Messer, quälte sich in Krafträumen. Die Verletzungen haben Energie gekostet, sie aber auch dafür sensibilisiert, dass nach dem Sport neue Prüfungen warten.

Wer nach dem letzten Spieltag nur einen Blumenstrauß in der Hand hat, wird am Arbeitsmarkt kaum mit Begeisterung empfangen. Für Fußballspielerinnen gilt das ganz besonders, weibliche Profis verdienen noch immer keine Millionen. Doch auch Männer sollten einen Plan B haben, wollen sie ihre Würde nicht wie der ehemalige Nationaltorhüter Eike Immel im Dschungelcamp verlieren. Denn eine Studie des ISS-Instituts für Sportmanagement der Hochschule Koblenz und der Profifußballergewerkschaft VDV hat gezeigt: Viele Ex-Profis haben Probleme mit dem Übergang in den Berufsalltag.

Dabei können sich Berufssportler heute einfacher denn je für die Zeit nach der Karriere qualifizieren. Ob Studium oder Weiterbildung – Bildungsstart-ups und Hochschulen haben Athleten und Mitarbeiter der Sportindustrie als Zielgruppe entdeckt. Aus gutem Grund: Die Sportindustrie gehört mit etwa 15 Millionen Mitarbeitern zu den größten Wachstumsbranchen des Landes.

70 Studenten am VfL-Campus

Die Firma Sportbusinesscampus aus München bringt die Dozenten dorthin, wo es nach feuchtem Rasen riecht. Statt in Hörsälen unterrichten sie in den Stadien und Geschäftsstellen der Fußballbundesligisten. Den Anfang machte Greuther Fürth, seit Februar 2015 ist auch der VfL Wolfsburg dabei, bei dem Keßler ihren letzten Vertrag unterschrieben hatte und auf dessen Campus sie noch immer studiert. Bald sollen zwei weitere Vereine einen Campus eröffnen.

Die Münchener bieten bei den Fußballklubs Teilzeit-Bachelor und Master in Betriebswirtschaft (BWL) mit Schwerpunkt Sport sowie Weiterbildungskurse im Sportbusiness- und Fußballmanagement an. 24.900 Euro rufen sie für den Master und rund 27.000 Euro für den Bachelor auf, die Abschlüsse vergibt die private Steinbeis-Hochschule Berlin.

Insgesamt besuchen rund 70 Studenten gemeinsam mit fünf Wolfsburger Spielern den VfL-Campus: Neben Nadine Keßler sind das auch die Profis Marcel Schäfer und Christian Träsch. Keßler hat sich früh um ihre Ausbildung gekümmert. Neben dem Sport hat sie ihren Bachelor gemacht und in einer Werbeagentur gearbeitet.

Jetzt diskutiert sie im berufsbegleitenden Masterstudiengang „General Management“ über Sportmarketing oder Recht. „Ein Studium so flexibel mit Leistungssport zu verbinden, das gibt es an normalen Universitäten nicht“, sagt sie.

Weiterbildungsprogramme ohne akademischen Abschluss speziell fürs Sportmanagement aber schon. „Viele Sportler sind sich nicht bewusst, dass sie auch Stärken haben, die in der Wirtschaft relevant sind“, sagt Sascha Schmidt, der das Center for Sports and Management an der WHU – Otto Beisheim School of Management leitet, das zusammen mit dem Sponsors Verlag ein Programm in „Sports Business“ anbietet.

Eine seiner Studien hat gezeigt, dass sie in puncto Engagement, Disziplin und mentale Stärke im Vergleich zu Führungskräften über dem Durchschnitt liegen. Ex-Skispringer Martin Schmitt, der während seiner Sportkarriere das Studium in Freiburg auf Eis legen musste und erst danach einen Bachelor in Leipzig machte, sagt, dass die „Denkweisen von Leistungssportlern und Leuten aus dem Management gar nicht so unterschiedlich sind“. Er muss es wissen, hat er doch mit zwei Kollegen eine Agentur gegründet und macht sich an der WHU für das Unternehmerdasein fit.

Aus dem eigenen Umfeld rauskommen

Statt Kunststoffanzug trägt er Zwirn. An einem Donnerstag im Frühling sitzt er im blauen Anzug – Hemd und Krawatte farblich abgestimmt – in einem Hörsaal der Privathochschule in Düsseldorf. Gerade noch hat einer seiner Professoren über Kostenführerschaft, Differenzierung von Wettbewerbern, über „Value Curves“, „Red-Ocean-“ und „Blue-Ocean-Strategy“ doziert – BWL-Kernthemen eben.

An die Sprache hat er sich schnell gewöhnt in diesem einjährigen nicht nur für Sportler konzipierten Programm, für das er alle paar Wochen nach Düsseldorf gereist ist. Mit 25.000 Euro ist es sicher kein Schnäppchen. Mit Blick auf seine Agentur sagt Schmitt: „Da nützt das Wissen um Strategie, Unternehmensausrichtung oder Finanzierung. Ich will ja nicht nur nach Bauchgefühl entscheiden, sondern beispielsweise Strategiethemen strukturiert angehen.“

An der WHU setzt man bewusst darauf, die Teilnehmer an die Hochschule zu holen. „Es hilft, aus dem eigenen Umfeld rauszukommen“, sagt WHU-Professor Schmidt. Das Gelsenkirchener Urgestein Gerald Asamoah, der heute bei Schalke die Jugendmannschaft der U15 trainiert und sich an der „S04-Sportakademie“ zum Sportmanager ausbilden lässt, muss hingegen nur ab und an reisen. Das Programm für aktive und frühere Spitzensportler sowie Leute aus dem Sportbusiness, das der Klub zusammen mit der Schweizer Universität St. Gallen anbietet, findet in Räumen der Arena auf Schalke und in St. Gallen statt.

Ein kleines Polster sollten Spitzensportler aber auch dafür zurückgelegt haben: Knapp 15.000 Euro kosten vier Monate Lernen für die Karriere nach der Karriere.

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