Management-Coach Heidi Stopper: „Das Leben ist zu kurz, um im falschen Job stecken zu bleiben“
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Heidi Stopper
„Wir Frauen verändern nur etwas, wenn wir uns gegenseitig unterstützen“, sagt die erfahrene Personalmanagerin. (Foto: privat)
Management-Coach Heidi Stopper„Das Leben ist zu kurz, um im falschen Job stecken zu bleiben“
Sie war bei Airbus, dann Personalvorstand bei Pro Sieben Sat 1. Heute ist Stopper Top-Manager-Coach. Im Interview spricht sie über Macht, Scheitern und Geld.
Wenn Heidi Stopper auf der Bühne über Personalthemen spricht, schlägt nicht nur so manches Frauenherz höher. Sie spricht vielen aus der Seele. Früher war Heidi Stopper Personalvorstand bei der Pro Sieben Sat 1 AG. Dann machte sie ihr zweites Standbein, das Coaching, zur Vollzeit-Berufung.
Ihr Schwerpunkt als Unternehmensberaterin und Businesscoach ist Digitalisierung, Unternehmensveränderung- und Transformation in Konzernen sowie Startups. Als langjährig international arbeitende Top-Executive der Hightech-Industrie und als MDax-Vorstand in der Medienindustrie kombiniert sie Verständnis für Mitarbeiter mit Marktkenntnis und unternehmerischem Verstand.
Frau Stopper, tun wir doch mal so, als wäre ich jetzt die Personalerin. Was sind Ihre Stärken? Gute Frage. Ich bin analytisch, erfasse leicht komplexe Themen und lerne leicht. Dabei bin ich gut in der Kommunikation mit unterschiedlichsten Gruppen und verfüge über viel Sozialkompetenz. Ich bin sehr durchsetzungsstark, aber ohne Brechstange und ich liebe die verrückte Komplexität von Menschen und wie sie aufeinander und miteinander wirken. Dazu hilft mir mein Humor, meine positive Energie und Fröhlichkeit.
Wer ist Ihr persönliches Rolemodel und warum? Ich habe nie ein explizites Vorbild gehabt. Aber ich hatte zwei Chefs, von denen ich sehr viel gelernt habe und die sich von allen anderen Chefs deutlich abgehoben haben. Beide waren sehr stark, gleichzeitig aber auch sehr menschlich. Hätte ich ein Rolemodel, müsste es erfolgreich sein, jemand der etwas positiv voran bringt und Großes bewirkt, ohne ab zu heben. Ich mag erfolgreiche Menschen, die etwas bewegen, besser machen wollen und sich dabei selbst nicht so wichtig nehmen.
Bitte ergänzen Sie: Ich unterstütze meine Mitarbeiter oder Klienten in schwierigen Situationen, indem…? ... ich da bin – und zwar voll und ganz. Ich habe zu viele Chefs gesehen, die unsichtbar werden oder mit dem Finger zeigen oder gar Bauernopfer bringen. Schwierige Situationen brauchen Präsenz, Offenheit, Ehrlichkeit, eine positive und lösungsorientierte Grundhaltung, oft Mut und immer Menschlichkeit. Als Führungskraft und als Top-Management Coach waren und sind schwierige Situationen mein Tagesgeschäft. Da darf man keine Berührungsängste damit haben.
Selbstmarketing: Ten Golden Rules
Positioniere dich: Am Anfang stehen dein Profil und dein Ziel. Wer bin ich, was kann ich, wo will ich hin? Wer nicht weiß, wo er steht, und nicht weiß, wo er hinwill, kann auch keine Route planen, schreibt die Autorin Ute Blindert in ihrem Buch „Per Netzwerk zum Job - Insider zeigen, wie du deine Träume verwirklichen kannst“. Je nachdem, wofür man sich entscheidet, sollte man sich auf jeden Fall Gedanken über seine Strategie machen, zu der dann natürlich die Auswahl der Kommunikationskanäle (Website, Social-Media, Businessnetzwerke, Newsletter) und selbstverständlich auch Überlegungen zum Netzwerken im wirklichen Leben gehören.
Jeder hat ein Netzwerk – auch du. Freunde, Kommilitonen, Arbeitskollegen, Vereinsfreunde, Fußballkumpel, Dozenten und Austauschstudenten bilden das Fundament deines Berufsnetzwerks. Ute Blindert rät: „Recherchiere, wer von diesen Kontakten bei Xing, Linkedin oder Facebook ist, und vernetze dich mit diesen.“ Wer auf Jobsuche ist, sollte das dort auch entsprechend zur Sprache bringen.
Zeige dich – online. Wer von Recruitern und Headhuntern gefunden werden will, kommt an einem Profil bei Xing oder Linkedin i.d.R. nicht vorbei. Legt ein durchdachtes Profil an und tretet selbst in Kontakt mit potenziellen Arbeitgebern.
Zeige dich – im realen Leben. Auch wenn es vielleicht manchmal schwer fällt, aber der persönliche Kontakt macht das Netzwerk erst stabil und führt zu mehr Verbindlichkeit. Man kann sich auch ein bestehendes Netzwerk (Studierendenorganisation, Berufsnetzwerk, Verband, Verein) suchen, durch das sich schon viele Kontaktmöglichkeiten mit anderen Menschen ergeben.
Lerne Leute kennen – einfach aus Spass. Die Autorin empfiehlt „systematische Mittagessen“, also zufällig anmutende Begegnungen, bei denen meist ein lohnender Austausch für beide Seiten entsteht. Der Vorteil: Ein Mittagessen oder auch mal der Kaffee zwischendurch sind kurz, aber doch lang genug für den verbindlichen Austausch.
Baue dein Netzwerk aus – mit Strategie. Identifiziere dazu in deinem (Online-)Businessnetzwerk, wen du unbedingt kennenlernen willst oder wer dir eine Verbindung zu diesem Menschen herstellen kann. Vor allem solltest du wissen, wer eine relevante Person in deiner Branche oder in einem Unternehmen ist. Das kann auch auf einer Konferenz sehr hilfreich sein, da kommst du diesen auch einmal näher - und vielleicht sogar ins Gespräch.
Wer nie irgendwo präsent ist, wird weniger wahrgenommen, bekommt weniger Empfehlungen und Tipps, wenn der Austausch fehlt. Das gilt auch virtuell, indem du in sozialen Netzwerken präsent bist, Fragen stellst, dich mit anderen austauscht und dich mit deinem Fachwissen als Persönlichkeit zeigst.
Wer dich als kompetent für ein bestimmtes Thema oder als relevant bei einer bestimmten Gruppe wahrnimmt, wird dich vielleicht weiterempfehlen. Das kann für einen neuen Job in einem anderen Unternehmen sein, für ein spannendes Projekt oder auch für einen Vortrag oder eine Podiumsdiskussion bei einer Konferenz.
Es ist gut, sich ab und zu die Zeit zu nehmen und zu überlegen, welches Engagement was gebracht hat. Auch die beruflichen Kontakte sollte man sich ab und zu anschauen und entscheiden, wen du gern mal wieder treffen möchtest und bei wem du gern mehr Distanz hättest.
Netzwerken zahlt sich nicht immer sofort und auch nicht immer aus. Aber mindestens in der Freude, mit anderen zusammen zu sein und etwas zu unternehmen. Aber auch für die Jobsuche und deine Karriere. Fange daher am besten jetzt mit dem Aufbau deines Netzwerks an.
Mal angenommen, eine Freundin oder Kollegin denkt: „Ich verdiene den Erfolg gar nicht“, „Ich bin gar nicht gut genug“, „Das schaffe ich nie“, „Andere sind um Welten besser als ich…“ – was raten Sie ihr? Das klingt erst einmal nach einem sehr weiblichen Stereotyp, ist aber auch von Männern zu hören. Kein Wunder, weil wir alle sehr defizitorientiert aufwachsen. In der Schule lernen wir schon, dass wir am meisten Energie auf die Fächer verwenden müssen, die wir nicht so gut können. Unser Blick wird auf die Schwäche gelenkt. Leider sind auch immer noch viele Arbeitgebersysteme so gepolt. In sogenannten Weiterentwicklungsgesprächen wird identifiziert, wo die Schwäche liegt und was dagegen getan werden soll. Das finde ich fatal.
Wie würden Sie es denn machen? Hier hilft es nur, den Blickwinkel radikal zu verändern. Und zwar auf das, was in den letzten Jahren alles erreicht und gelernt wurde. Es gibt kraftvolle Methoden, um das auch zu visualisieren. Wenn sichtbar wird, was alles erreicht wurde, was man kann und schon dazugelernt hat, ist oft der nächste Schritt viel einfacher und das Zutrauen in sich kommt zurück. Ich rate bei solchen Gedanken und einer so selbstkritischen Haltung, sich professionell begleiten zu lassen. Unbearbeitet wird es leicht zur selbsterfüllenden Prophezeiung und einer ganz unguten Abwärtsspirale.
Ein No-Go im Umgang mit Mitarbeitern ist für mich…? ... Respektlosigkeit und Desinteresse.
Feedback ist für mich…? ... generell: Ein Führungs- und Organisationsentwicklungstool mit noch unglaublich viel ungenutztem Potential. Mit Interesse verfolge ich die Start-up Landschaft, in der das Thema oft aufgegriffen wird, wie zum Beispiel von Leapsome, die peer- und realtime Feedback als Voraussetzung für kontinuierliches Lernen nutzen. Persönlich habe ich Feedback als extrem wirksam erlebt. Durch die vielen Feedbacks, die ich bekam, sind mir meine Stärken so viel bewusster geworden, aber auch der ein oder andere blinde Fleck. Feedback kann wie eine warme Dusche sein, die beflügelt und ermutigt oder wie ein Weckruf. Beides ist ein Segen.
Über ihre Erfolge sollten Frauen…? ... sich freuen und stolz sein. Wie jeder andere auch. Es darf auch darüber gesprochen werden. Laut...
Her mit dem Geld: Ihr Ratschlag an andere Frauen für Gehaltsverhandlungen? Ein komplexes Thema, nicht nur für Frauen. Speziell für Frauen würde ich aber raten:
Kenne Deinen Wert und was auf vergleichbaren Positionen bezahlt wird. Egal wie spannend die Aufgabe ist, die Bezahlung muss zumindest marktüblich sein. Gerade Frauen sind oft sehr inhaltsgetrieben, finden eine Aufgabe toll und akzeptieren dann eher ein schlechtes Startgehalt. Oft in der Hoffnung, dass das ja später noch änderbar ist. Meist passiert das nicht und der Frust stellt sich dann nach der Kenntnis ein, was die Kollegen verdienen und vermiest halt am Ende auch die schönste Aufgabe.
Gehaltsverhandlungen sind für Arbeitgeber weit weniger emotional, als für den, der für sich selbst verhandelt. Eine Gehaltsverhandlung ist kein schrecklicher Moment, sondern eine Normalität für den Verhandlungspartner. Daher ist es wichtig, dass die Verhandlung als solche verstanden wird. Das kommt durch Übung. Wie würden Sie rangehen, wenn Sie für eine Freundin verhandeln müssten? Die Antwort auf diese Frage bringt oft andere und erfolgreiche Herangehensweisen.
Deine Gehaltsverhandlung findet an 365 Tagen im Jahr statt. Wer kluges Selbstmarketing betreibt und den Chef/die Chefin gut abholt, fährt besser.
Verbündete und Mentoren finde ich, indem….? ... ich sie frage. Mutig jemanden ansprechen, den man toll und spannend findet, ist der Schlüssel für ein hilfreiches Netzwerk. Das Schlimmste, was passieren kann, ist dass der- oder diejenige nein sagt. Und? Die meisten sind erstaunt, wie viel positive Rückmeldung sie bekommen.
In Konfliktsituationen bin ich…? ... konfliktfreudig. Ich erachte Konflikte als etwas Normales, Menschliches und Klärendes. Sofern sie anständig ausgefochten werden.
Pannen sind…? ... der Preis des Machens und des Vorankommens. Wo gehobelt wird, da fallen Späne.
Wie gehen Sie mit Stress um? Ich arbeite heute sehr selbstbestimmt und habe viel weniger Stress als früher. In den vielen Jahren meiner Industriekarriere war das anders. Ich musste auch erst lernen, mit mir gut umzugehen und mich verstehen, wie ich in bestimmten Situationen reagiere und wie ich Stress wieder abbaue. Mit jeder neuen Situation lernte ich dazu. Ich hatte dabei auch Hilfe durch tolle Chefs und habe auch mit Coaches gearbeitet. Gleichzeitig sind meine Familie und mein Sohn für mich immer große Stresskiller. Da hat es noch so wild hergehen können, kaum zuhause bei meinem Sohn, hat es mich meistens sehr geerdet und den Kopf frei gemacht. Als er dann mit 15 für ein Auslandsjahr wegging, habe ich Klavierspielen gelernt und mit Yoga angefangen. Mir tut es auch immer gut, raus ins Gründe zu gehen. Unser Hund sorgt dafür, dass ich das auch regelmäßig mache.
Nein sagen sollten Frauen zu…? ... allem, was sie nicht wollen.
Sie merken, dass Sie unglücklich sind in Ihrem Job. Was tun Sie? Etwas verändern oder weiterziehen. Das Leben ist zu kurz, um im falschen Job stecken zu bleiben. Mein ganzer Werdegang zeichnet sich dadurch aus. An mindestens 3 von 5 Tagen muss man morgens aufstehen und gerne zur Arbeit gehen.
Anderen Chefs würde ich gerne sagen,...? ... dass Hirn und Herz eine saustarke Kombination ist.
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