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Unterricht an der Harvard Business School Feldstudie statt Fallstudie

Die Business School in Harvard gilt als die beste der Welt und hat beim Unterricht Standards gesetzt. Ihr Leiter setzt konsequent auf praktische Projekte – und neuerdings auf E-Learning. Kommt bald der Online-MBA?
02.10.2016 - 11:46 Uhr Kommentieren
Absagen an den einjährigen MBA. Quelle: Corbis Historical/Getty Images
Campus der Harvard Business School

Absagen an den einjährigen MBA.

(Foto: Corbis Historical/Getty Images)

Düsseldorf Seit 2010 leitet Nitin Nohria die berühmteste Wirtschaftshochschule der Welt die Harvard Business School. Unter Dekan Nohria hat sich die Hochschule so stark verändert wie zuletzt in den 1960er-Jahren. Damals wurden die ersten Frauen zum zweijährigen Managementstudium mit MBA-Abschluss zugelassen. Dem Handelsblatt hat der gebürtige Inder erklärt, welche Pläne er als Dekan für die Harvard Business School hat.

Harvard ist eine Institution, hat den Ruf, eine der besten, wenn nicht die beste Business-School der Welt zu sein. Nicht nur, weil viele ihrer Professoren enormes Ansehen genießen, etliche Ehemalige in den Schaltzentralen der Wirtschaft sitzen und die Hochschule in den meisten internationalen Ranglisten wenn nicht auf Platz eins, dann zumindest unter den Top 3 ist. Die Business-School war Anfang des 20. Jahrhunderts nicht nur Vorreiter beim MBA, sie hat auch maßgeblich die Unterrichtsmethode entwickelt, die mittlerweile Standard an Business-Schools weltweit ist: die Fallstudien. Auf ein paar Seiten greifen sie ein Problem eines Unternehmens oder Managers auf. Auf dieser Basis sollen die Studenten überlegen, wie sie in dieser Situation handeln würden, und so Entscheidungsfindung trainieren. Scharen von MBA-Studenten haben in den zwei Studienjahren an der HBS, wie die Harvard Business School abgekürzt wird, etwa 500 „Cases“ bearbeitet.

Doch seit 2011 sollen sie auch rausgehen und am lebenden Objekt lernen: „Field“ nennt sich die Neuerung, die Studenten bearbeiten dabei unter anderem echte Projekte in echten Unternehmen weltweit. Was an anderen Wirtschaftshochschulen schon Standard war, glich an der HBS einer Revolution.

Nicht alle sind von der Field-Methode begeistert

Offenbar ist „Field“ ein Erfolg. Die HBS hat das Team- und Projektlernen ausgeweitet. „Wir haben jetzt 15 bis 20 Field-Kurse im zweiten Jahr, das entspricht in diesem Jahr 20 Prozent des Curriculums“, sagt Nohria. Nicht alle seiner Professoren sind damit aber schon warm geworden. Es werde noch vier bis fünf Jahre dauern, bis die Field-Methode voll entwickelt sei und sich Dozenten und Professoren damit wohlfühlten, so der Dekan. „Bis jetzt hat etwa die Hälfte etwas im Field-Bereich gemacht. Das heißt, dass die Hälfte es bisher noch nicht einmal gesehen hat.“

„Ich sehe Onlinebildung als gute Ergänzung zur Bildung vor Ort.“ Quelle: Bloomberg
Nitin Nohria, Dekan der Harvard Business School

„Ich sehe Onlinebildung als gute Ergänzung zur Bildung vor Ort.“

Mit ebenso viel Erstaunen wurde vor einiger Zeit zur Kenntnis genommen, dass die HBS nun auch Onlinekurse anbietet – HBX nennt sich die Plattform dafür. Die Kurse, die zunächst die Grundlagen der BWL vermittelten, wurden eigentlich kreiert, um zugelassenen Studenten vor dem Umzug auf den Harvard-Campus das möglicherweise noch fehlende Rüstzeug fürs Studium zu vermitteln. Im vergangenen Jahr hätten 300, in diesem Jahr 500 der 900 neuen MBA-Studenten vor dem Studienstart die Kurse belegt.

Kann sich Nohria vorstellen, die Onlinevorkurse zur Pflicht zu machen und damit de facto den MBA zu verlängern? „Ich weiß nicht, ob das, was wir in HBX lehren, zwingend erforderlich ist“, antwortet er. Er denke eher darüber nach, Elemente des Onlinelernens in die Grundlagenkurse des MBA zu integrieren. Damit könnte die HBS dann einen Methodenmix in der Lehre aus 70 Prozent Fallstudien, 20 Prozent Field-Kursen und zehn Prozent Onlineelementen anbieten.

120.000 US-Dollar für einen Harvard-MBA

Anmelden können sich für HBX-Kurse auch Interessenten, die nicht an der Wirtschaftshochschule studieren. Verdient die HBS Geld mit diesen Onlinekursen, die aktuell 1800 Dollar (1600 Euro) kosten? „Im Moment verlieren wir damit Geld“, sagt Nohria. Die Kurse zu erstellen sei teuer. Etwa 8000 Teilnehmer hätten seit dem Start bis zum Ende dieses Sommers die Kurse belegt, bei 20.000 erreiche man die Gewinnschwelle. „Ziel ist es, das in zwei Jahren zu erreichen“, sagt Nohria und klopft zur Sicherheit auf den Holztisch vor ihm.

Wenn Harvard nun schon ins Onlinelernen eingestiegen ist, wäre es da nicht der logische nächste Schritt, auch an einen Online-MBA zu denken? Einige amerikanische Business-Schools der zweiten Liga haben solche Programme auf den Markt gebracht, auch als Reaktion auf die immer weiter gestiegenen Studiengebühren. In Harvard überweisen die MBA-Studenten mehr als 120.000 Dollar (108.000 Euro) Studiengebühren – Kosten für die Lebenshaltung kommen noch hinzu. Nohria aber winkt ab. „Ich sehe Onlinebildung als gute Ergänzung zur Bildung vor Ort. Wenn jemand einen Abschluss von der Harvard Business School bekommt, ist es wichtig, dass er auch Zeit an der Harvard Business School verbracht hat.“ Wichtig sei doch auch das, was nach dem Unterricht passiere, die Freundschaften, die hier entstünden.

Für manchen Kritiker ist das eine Steilvorlage. Einige monieren, dass es gar nicht so sehr darauf ankomme, ob und was man in Harvard gelernt habe. Die Zulassung zum MBA-Studium sei die Eintrittskarte in einen mächtigen Klub, der den Weg ins Topmanagement doch sehr erleichtert. „Das Netzwerk existiert, weil die Menschen eine gemeinsame Bildungserfahrung gemacht haben“, erwidert Nohria. Wenn aber die Basis des Netzwerks nur gemeinsames Trinken wäre, würde es aus seiner Sicht nicht lange halten.

Lebenslanges Lernen an der HBS noch nicht angekommen

Nohria kann sich durchaus vorstellen, Weiterbildungskurse ohne akademischen Abschluss auf der Onlineplattform der Wirtschaftshochschule anzubieten – etwa für Alumni, die gründen wollen und dafür ganz spezielles Know-how brauchen. Natürlich werden auch diese Kurse Geld kosten. Selbstkritisch gibt er zu, dass das lebenslange Lernen an der HBS noch nicht wirklich angekommen ist. Auf einer Skala von eins bis zehn lande seine Hochschule in diesem Feld bei zwei oder drei. Aus Sicht Nohrias ist die Konkurrenz aber auch nicht weiter.

Harvard hat auch keinen Executive MBA, der sich an erfahrene Führungskräfte richtet. An den meisten anderen Business-Schools ist solch ein Programm fester Bestandteil. „Wir sagen heute: Wenn Sie nicht für einen MBA zu uns kommen wollen, dann haben wir andere Angebote für Sie“, rechtfertigt Nohria das Festhalten am klassischen zweijährigen MBA. Kürzere Weiterbildungskurse für das mittlere und obere Management meint er damit unter anderem.

Einjährigen MBA-Programmen, die in Europa Standard sind und die auch einige US-Business-Schools eingeführt haben, erteilt er eine Absage. Keine absolute allerdings. Er könne sich „jetzt noch nicht“ vorstellen, ein anderes MBA-Programm aufzulegen.

Aber es gelte auch: „Als ich Dekan wurde, habe ich gesagt, wir werden kein Onlinestudium machen“. Jetzt sei die Hochschule mit HBX mitten drin.

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