Vergleich mit Lufthansa: 3,5 Zentimeter fehlten fürs Cockpit
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Vergleich mit Lufthansa3,5 Zentimeter fehlten fürs Cockpit
Eine Frau schaffte das Auswahlverfahren für Piloten bei der Lufthansa. Dann der Schock: Die Anwärterin war zu klein, die Airline verlangt eine Mindestgröße. Nun schließt die Lufthansa mit der Frau einen Vergleich.
18.02.2016Update: 18.02.2016 - 14:48 Uhr
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Airbus-Cockpit
Die Lufthansa verlangt von ihren Piloten eine Mindestgröße.
Erfurt Der Job als Pilot ist begehrt, doch für eine junge Frau platzte der Traum vom Fliegen vor vier Jahren besonders jäh. Sie schaffte die ersten beiden Runden des harten Auswahlverfahrens, dann kam die Ernüchterung: Sie war exakt 3,5 Zentimeter zu klein.
Denn die Lufthansa verlangt von ihren Flugschülern - egal, ob Mann oder Frau - eine Mindestgröße von 1,65 Meter. Die Sache war nun ein Fall für Deutschlands oberste Arbeitsrichter in Erfurt. Da Frauen im Schnitt kleiner sind als Männer, sieht sich die Betroffene wegen ihres Geschlechts diskriminiert - und verlangte 120.000 Euro Schadenersatz.
Um Pilot bei Europas größter Fluggesellschaft zu werden, muss ein Bewerber nicht nur fließend Englisch und Deutsch sprechen, körperlich fit und psychisch belastbar sein. Die Lufthansa hat auch die Größe ihrer künftigen Piloten per Tarifvertrag definiert: Sie dürfen nicht kleiner als 1,65 oder größer als 1,98 sein. „So soll sichergestellt werden, dass ein Pilot oder eine Pilotin problemlos und in jeder Situation in der Lage ist, alle Bedienelemente im Cockpit zu erreichen“, begründet Firmensprecher Helmut Tolksdorf.
In welchen Berufen es eine Mindestgröße gibt
Arbeitgeber verlangen in einigen Berufen bestimmte körperliche Voraussetzungen von ihren Beschäftigten. Beispiele:
Bei Lufthansa und Germanwings sollen Piloten zwischen 1,65 und 1,98 Meter groß sein sowie ein gutes Sehvermögen haben. Bei anderen Fluggesellschaften wie Air Berlin gibt es keine Größenvorgaben.
Auch für sie gibt es eine Mindestgröße, die von Gesellschaft zu Gesellschaft variiert. Bei Lufthansa und Air Berlin beträgt sie 1,60 Meter, bei Lufthansa Cityline 1,58 Meter, bei Germanwings 1,65 Meter. Auch eine bestimmte Sehschärfe wird verlangt.
Wer bei der Polizei arbeiten möchte, sollte kein Über- oder Untergewicht haben und über ausreichendes Sehvermögen verfügen. Es werden auch Anforderungen an die Körpergröße gestellt: Bei der Bundespolizei muss eine Frau mindestens 1,63 Meter und ein Mann mindestens 1,65 Meter messen, höchstens dürfen sie 1,95 Meter groß sein. In den Ländern ist das unterschiedlich. Die Polizei Baden-Württemberg verlangt etwa eine Mindestgröße von 1,60 Meter, in Bayern liegt die Latte bei 1,65 Meter, in Berlin bei 1,60 Meter für Frauen und 1,65 Meter für Männer.
Der Zoll verlangt eine Mindestgröße von 1,60 Meter sowie eine bestimmte Sehschärfe.
Fitness ist Grundvoraussetzung. Die Feuerwehr Nürnberg etwa verlangt einen „Top-Gesundheitszustand“: sehr gutes Sehvermögen, Schwindelfreiheit, Mindestkörpergröße von 1,65 Meter und Atemschutztauglichkeit.
Quelle: dpa
Lufthansa habe viele verschiedene Flugzeugtypen, und die Piloten sollten auf möglichst vielen davon eingesetzt werden. Deswegen seien die Anforderungen an die Größe der Piloten „klarer definiert“. Andere Airlines sehen das entspannter. Bei der Lufthansa-Tochter Swiss etwa müssen Pilotenanwärter nur 1,60 groß sein, Air Berlin verzichtet ganz auf eine Mindestgröße. Die Sitze im Cockpit ließen sich individuell einstellen und justieren, sodass es wegen der Größe von Piloten keine Probleme gebe, sagte eine Sprecherin.
Das Landesarbeitsgericht Köln hatte bereits Zweifel an der Regelung bei Lufthansa. Die Richter bescheinigten der Klägerin 2014, dass ihr Persönlichkeitsrecht fahrlässig verletzt und sie „mittelbar wegen ihres Geschlechts benachteiligt“ wurde. Dabei zogen sie wissenschaftliche Daten heran, wonach 44 Prozent der Frauen über 20 Jahre in Deutschland kleiner als 1,65 sind - aber nur knapp 3 Prozent der Männer. Eine Entschädigung oder Schadenersatz lehnte das Gericht jedoch ab (Az. 5 Sa 75/14).
Damit war die Klägerin nicht einverstanden, weshalb sie vors Bundesarbeitsgericht zog.