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Buchauszug New Work Das Ende der Work-Life-Balance

Globalisierung, Digitalisierung, Subjektivierung, Emanzipation: Faktoren, die die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben aufweichen, sagt Markus Väth. „Zeit, Arbeit neu zu denken. Zeit für New Work!“, fordert der Autor.
  • Markus Väth
24.08.2016 - 15:10 Uhr
„Zeit, Arbeit neu zu denken. Zeit für New Work!“, fordert Markus Väth in seinem neuen Buch.
Arbeit - Die schönste Nebensache der Welt

„Zeit, Arbeit neu zu denken. Zeit für New Work!“, fordert Markus Väth in seinem neuen Buch.

Nürnberg Arbeit 4.0, New Work, Zukunft der Arbeit – wie man es auch nennt: Unsere Arbeitswelt befindet sich derzeit in einem radikalen Umbruch. Markus Väth hat dazu ein provokantes Debattenbuch verfasst, das heute im GABAL Verlag erscheint. Der Verfechter einer neuen Arbeitskultur klärt auf, wie der Megatrend „New Work“ unsere Arbeitsrealität revolutioniert, wie die „Spielregeln“ dieser neuen Arbeitswelt aussehen und wie wir sie gemeinsam zu einer besseren machen können. Ein exklusiver Auszug aus dem Buch.

Stechuhren sind die Scharfrichter der Arbeitsgesellschaft. Jedenfalls waren sie das. Sie urteilten über Arbeit und Freizeit, drinnen und draußen, Werkhalle oder Fußballfeld. Mit einem kalten, klaren Druck protokollierten sie die Anwesenheit eines Arbeitnehmers und damit seine Berechtigung, in den Feierabend zu gehen oder eben nicht. Auch kulturell war der Rhythmus aus Arbeit und Feierabend fest verankert. So sang Sheena Easton im Jahr 1980: „My baby takes the morning train, he works from nine till five and then he takes another home again to find me waitin’ for him.“

Markus Väth ist Psychologe, Publizist und Inhaber einer Beratungsfirma in Nürnberg. Er gilt als renommierter Burnout-Experte und als Verfechter einer neuen Arbeitskultur. (Foto: Gabal Verlag)
Der Autor

Markus Väth ist Psychologe, Publizist und Inhaber einer Beratungsfirma in Nürnberg. Er gilt als renommierter Burnout-Experte und als Verfechter einer neuen Arbeitskultur.

(Foto: Gabal Verlag)

Der Song „9 to 5“ über den festen Bürojob ihres Geliebten wurde ihr größter Hit und zum musikalischen Symbol des industriellen Taktes. Bis in die Mitte der 1990er-Jahre hinein dominierte dieser feste Arbeitsrhythmus und bildete mit der Vollzeitstelle und der Tarifbindung den harmonischen Dreiklang sozialer Marktwirtschaft. Doch spätestens mit Beginn der 2000er-Jahre klang der Dreiklang schief, disharmonisch. Das Gefüge von Arbeit und Privatleben lockerte sich, wurde kräftig durcheinandergewirbelt und setzte sich anders wieder zusammen.

Verantwortlich hierfür ist eine einzigartige Kombination mehrerer Faktoren: Globalisierung, Digitalisierung, Subjektivierung und Emanzipation. Ein Faktor allein wäre womöglich schon stark genug, eine Gesellschaft umzuwälzen. Doch diese vier Trends verstärken sich gegenseitig und höhlen – als eine von vielen Folgen – unser Verständnis von Work-Life-Balance aus. Die allgemein akzeptierte Entgrenzung der Arbeitswelt in ihrer zeitlichen, räumlichen und funktionalen Dimension bedeutet im Ergebnis, dass die strikte Trennung von Arbeit und Privatleben Geschichte ist, ein abgeschlossenes Kapitel der Managementliteratur, Abteilung „Relikte des 20. Jahrhunderts.“

Zunächst sorgt die Globalisierung dafür, dass zeitzonenübergreifend gearbeitet wird. Egal, ob Indien oder Hamburg, irgendwer arbeitet immer. Die Arbeitsteiligkeit der Prozesse, das Outsourcing über Länder- und kontinentale Grenzen hinweg und Konzepte wie Lean Production sorgen dafür, dass der Einzelne immer flexibler verfügbar sein muss. War schon die normale Schichtarbeit nicht gerade gesundheitsförderlich, doch immerhin berechenbar, lösen sich die Ruhezeiten mehr und mehr in nichts auf. 22 Uhr in München? Egal, in New York ist es gerade 16 Uhr, das Meeting ist wichtig, also geht da noch was. Globalisierte Prozesse wurden nicht nur ein fester Bestandteil des organisatorischen Alltags, sondern zum Lackmustest für die soziale Einstellung der Unternehmen.

Der Mensch bleibt nur noch so lange „im Mittelpunkt“, wie er dem globalisierten, örtlich und zeitlich entgrenzten Produktionsrhythmus ohne Murren folgt. Wer in den globalisierungseuphorischen 1990er-Jahren nicht recht einsah, warum er seinen Nachtschlaf für ein Telefonat mit Hongkong unterbrechen sollte, konnte sich ja etwas anderes suchen. Es standen genug andere vor der Tür, die bereitwillig den Job übernahmen. Anders als heute, wo sich Diskussionen über Fachkräftemangel, über den „Krieg um Talente“ oder das Schlagwort der Caring Company bei den Unternehmertagungen die Klinke in die Hand geben. Die Segnungen der Globalisierung – die zweifellos vorhanden sind – haben ihren Preis. Der Wohlstand der Weltgemeinschaft wird zumindest in den Industrieländern mit einem Übergreifen der Arbeit in die Privatsphäre bezahlt, mit Überstunden, Burn-out und schlechtem Gewissen gegenüber der Familie.

Schädliches Multitasking und permanenter Stress
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