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Expertenrat – Klaus HansenManager stellen immer öfter die Sinnfrage – zu Recht!

Führungskräfte und Mitarbeiter hinterfragen gerade in Corona-Zeiten immer stärker ihr Handeln. Sie wollen mit ihrer Tätigkeit einen Beitrag leisten.Klaus Hansen 30.10.2020 - 17:26 Uhr Artikel anhören
Foto: Handelsblatt

Schon seit einiger Zeit beobachten wir, dass Manager wie Mitarbeiter immer häufiger die Frage nach dem Warum stellen, nach der Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns sowie des Unternehmens, für das sie arbeiten. Die Coronakrise hat diesen Trend noch weiter verschärft.

So hat unser jährliches Manager-Barometer, an dem regelmäßig 2000 Führungskräfte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz teilnehmen, erneut ergeben, dass die „Sinnhaftigkeit der Aufgabe“ als Motivator für den Berufsweg weiter an Bedeutung gewonnen hat und mittlerweile auf Platz zwei der Karrieremotivatoren (nach dem „Einsetzen persönlicher Stärken und Begabungen“) liegt.

Um was geht es aber bei dem Sinn – oder neudeutsch Purpose – eines Unternehmens genau? Schaut man in die verschiedenen Studien und wissenschaftlichen Abhandlungen zum Thema, so definiert der Purpose den tieferen Sinn und Zweck eines Unternehmens, ist sozusagen seine Daseins- beziehungsweise Existenzberechtigung, die über die reine Gewinnerzielung hinausgeht und sowohl für seine Stakeholder als auch für Umwelt und Gesellschaft einen Mehrwert schafft.

Eigentlich sollte man ja davon ausgehen, dass alles, was Menschen beziehungsweise Unternehmen tun, immer schon einem gewissen Zweck gedient hat und dieser nicht erst „herbeidiskutiert“ werden muss. Wenn aber die Sinnhaftigkeit im Tun einer Organisation schon immer da gewesen ist, dann muss es die Einstellung der Mitarbeiter in den Unternehmen sein, die sich geändert hat und die nun zu der aktuellen Purpose-Debatte führt.

Auswirkung auf Arbeitsweise möglich

Diese Debatte fällt nun mit der Coronakrise zusammen. Da zum jetzigen Zeitpunkt noch niemand weiß, wie lange wir noch unter dem Virus leiden werden, kann niemand vorhersehen, welche Auswirkungen diese Pandemie mittel- und langfristig auf unsere Konjunktur, auf die Unternehmenslandschaft und nicht zuletzt auch auf den „way of working“ haben wird.

Fest steht: Konjunkturell werden es keine guten Auswirkungen sein. Aber dass sich die ohnehin begonnenen Prozesse der Digitalisierung, Flexibilisierung und Dezentralisierung der Arbeitswelt im positiven Sinne verändern und sogar beschleunigen werden, kann zumindest hoffnungsfroh machen.

Welche Unternehmen am Ende der Krise noch existieren und diese Veränderungen dann auch so verinnerlicht haben, dass sie unumkehrbar sind und nicht durch Restaurationsbestrebungen der bestehenden „Führungslehmschicht“ wieder verloren gehen, ist aber noch völlig offen.

Trotz – oder gerade wegen – dieser hohen wirtschaftlichen Unsicherheit fragt sich der Arbeitnehmer der Zukunft verständlicherweise, wo er auch nach der Krise noch richtig ist. Dass sich hier gerade eine Einstellungsänderung vollzieht, zeigt auch unser Manager-Barometer: Sinnstiftende Faktoren, wie eine zur eigenen Person passende Unternehmenskultur, eine hohe Innovationsfähigkeit des Unternehmens sowie ein Unternehmenspurpose, mit dem sich der Arbeitnehmer identifizieren kann, haben gemäß unserer Befragung bei der Wahl eines neuen Arbeitgebers eine stark wachsende Bedeutung. Organisatorische Rahmenbedingungen, wie ortsabhängiges Arbeiten oder eine flexible Arbeitszeitgestaltung, werden dagegen als selbstverständlich von Arbeitnehmern vorausgesetzt.

Roche geht mit gutem Beispiel voran

Was heißt das nun für die Unternehmen? Diese müssen viel stärker als bisher ihre Werte und ihre Unternehmenskultur sowie die damit verknüpften Unternehmensziele herausstellen, zu denen – nach dem Verständnis von Purpose – auch nachhaltiges Verhalten, eine sinnvolle Verknüpfung von Ökonomie und Ökologie sowie die Agilität der Organisation gehören müssen.

Hier tun sich insbesondere tradierte Branchen teilweise noch schwer, wo das Ablegen der Krawatte zwar als „Fenstersturz“ gefeiert, ansonsten aber oftmals noch an streng hierarchischen Führungsweisen und Karrierepfaden festgehalten wird. Unternehmen der Life-Sciences- oder Technologiebranchen sind in ihrem kulturellen Bewusstsein oft schon einen Schritt weiter. Roche verkündet beispielsweise, dass die drei Werte Integrität, Mut und Leidenschaft bei allem, was man tue, im Mittelpunkt stehen.

Wenn das wirklich gelebt wird, entsteht ein hochinteressanter Spannungsbogen im Miteinander, der begeistern kann. Ein gutes Beispiel ist auch Microsoft. Der Konzern hat eine Kultur geschaffen, die auf Respekt, Integrität und Verantwortung beruht und die Innovation und das Erzielen qualitativ hochwertiger Ergebnisse fördert. Warum sollte sich das nicht auch bei einer Versicherung, einem Stahlkonzern oder einem Ministerium umsetzen lassen?

Wer in Zukunft Toptalente an sich binden will, der wird nicht umhinkommen, vom CEO an top-down eine Kultur vorzuleben, die einen solchen Purpose erkennbar, begreifbar und letztlich dann auch erlebbar macht. Die Ausrede, dass man da noch warten müsse, bis eine gewisse „Lehmschicht“ altersbedingt ausgeschieden sei, zieht nicht.

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Denn der „Lehm im Kopf“ entsteht weder altersbedingt noch exklusiv in einer bestimmten Hierarchiestufe. Er bildet sich durch falsche Anreize, falsches Vorleben und fehlende Begeisterung im Handeln der Führung.

Mehr: In der Coronakrise brauchen Unternehmen eine straffe Führung, meint Klaus Hansen.

Klaus Hansen ist Partner der Personalberatung Odgers Berndtson und leitet die Practices „Board & Chair“ sowie „CEO“ in Deutschland. Für das Handelsblatt schreibt er über aktuelle Themen rund um Topmanager, Führung und Karriere. Foto: Handelsblatt
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