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Prof. Curt Diehm

Gastkommentar – Expertenrat Sieben positive Seiten der Coronakrise

Die Corona-Pandemie ist für die meisten Menschen schwer erträglich. Auf gesamtgesellschaftlicher Ebene bringt sie uns aber in vielen Bereichen voran.
19.02.2021 - 08:43 Uhr Kommentieren
Weil nun mehr Menschen wegen Corona auf Abstand und Hygiene achten, erkranken weniger von ihnen an sonstigen viralen Erkrankungen. Quelle: dpa
Erinnerung an die AHA-Regeln

Weil nun mehr Menschen wegen Corona auf Abstand und Hygiene achten, erkranken weniger von ihnen an sonstigen viralen Erkrankungen.

(Foto: dpa)

Natürlich ist Covid-19 für die meisten von uns zunächst eine Katastrophe. Wenn wir den Blick jedoch über das Ende der aktuellen Phase der Coronakrise hinaus richten, zeichnet sich eine Reihe von positiven, medizinisch relevanten Aspekten ab.

Diese können die persönlichen Schicksale und die vielfältigen Kollateralschäden der Pandemiebekämpfung nicht kompensieren. Dennoch gibt es ein „Learning“ aus der Krise, wenn diese hoffentlich in der zweiten Hälfte dieses Jahres abebben wird.

Unter anderem sind folgende sieben positive Aspekte hervorzuheben:

  • Entzündliche und virale Erkrankungen treten seit Ausbruch der Pandemie deutlich reduziert auf. Messbar ist dieser Rückgang beispielsweise an der Antibiotika-Verschreibung, die 2020 auf ein 20-Jahrestief fiel. Ich denke, dieser Trend wird zum Teil in der Post-Corona-Zeit anhalten.

    Unsere Gesellschaft hat die Bedeutung der AHA-Regel zum Schutz vor Infektionen verinnerlicht. Risikogruppen werden sich entsprechend verhalten und etwa in den kommenden Wintern vermutlich wie in Asien Mundschutz tragen. Das wäre dann eine richtige Schlussfolgerung und könnte Tausende von Leben retten.

  • Während die Pandemie die beeindruckende Leistungsfähigkeit unserer Krankenhäuser unter Beweis gestellt hat, wurden Schwächen bei den Gesundheitsämtern aufgedeckt. An dieser wichtigen Stelle unseres Gesundheitswesens wurde in den vergangenen Jahren schlicht zu sehr gespart.

    Dass einzelne Gesundheitsämter nach einem Jahr der Pandemie immer noch nicht im Stande sind, am Wochenende aktuelle Zahlen zum Infektionsgeschehen an das RKI zu übermitteln, ist ein Armutszeugnis. Am deutlichsten treten die strukturellen Defizite bei der Digitalisierung zutage. Ich bin sicher, die Versäumnisse bei der personellen und finanziellen Ausstattung der Gesundheitsämter werden bald ausgeräumt sein, und es wird eine digitale Aufrüstung erfolgen. Die Ämter werden dann für künftige Herausforderungen besser aufgestellt sein.

  • Apropos Digitalisierung: Für viele Ärzte ist E-Learning und Online-Medizin in den vergangenen zwölf Monaten Alltag geworden. Für Arztpraxen und Kliniken wird Covid-19 zu einem Turbo für die digitale Transformation ihrer Tätigkeit, sie sind schon heute viel besser als noch vor einem Jahr.

    Die gesamte Telemedizin wird einen enormen Schub erhalten. In diesem Zusammenhang wird von „digitaler Resilienz“ gesprochen. Mit der Optimierung bei der Digitalisierung kann man sich bestmöglich gegen unvorhersehbare Krisen und äußere Probleme immunisieren. Deutschland steht hier erst am Anfang, wie etwa der Vergleich mit Korea in der Anwendung der Corona-App zeigt.

  • Digitale Innovationen werden die Medizin künftig revolutionieren, in Deutschland nun schneller als ohne Corona. In diesem Bereich gibt es keinen Weg zurück. Zauderer in der Ärzteschaft werden zu Verlierern werden. Ich bin überzeugt, dass wir durch die jetzige Beschleunigung der Transformation von dieser Entwicklung massiv profitieren werden. Moderne Apps werden Ärzten viel Arbeit abnehmen. Diese können sich dadurch wieder mehr auf die Patienten konzentrieren und ihnen Zeit widmen. Die Digitalisierung wird die Medizin in der Zukunft damit sogar menschlicher machen.
  • Die Leistungen von Biontech und Curevac bei der Impfstoffentwicklung rücken die mRNA-Technologie in das Rampenlicht. Öffentliches Interesse, höhere Forschungsgelder, frisches Kapital, der Zustrom der besten Wissenschaftler. Die Medikamentenentwicklung auf mRNA-Basis wird deutlich schneller vorangetrieben.

    Wir sollten nicht vergessen: Die Corona-Impfstoffe sind bloß ein „Abfallprodukt“, Biontech und Curevac wollen eigentlich mit individualisierten Immuntherapien den Krebs besiegen. Alle Experten sagen, es wird dieser Klasse von Unternehmen gelingen, dieses Ziel zu erreichen. Deutschland könnte in der Pharma- und Biotechnologiewelt der Zukunft damit wieder eine größere Rolle spielen.

  • Auch der Beruf der vielen Pflegerinnen und Pfleger rückt mit der Pandemie ins gesellschaftliche Bewusstsein. Die Aussage, diese Berufsgruppe würde außer Applaus für ihren Einsatz nicht belohnt werden, dürfte sich als falsch erweisen. Einkommen und Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals werden sich in den kommenden Jahren vermutlich verbessern, was absolut angemessen ist.
  • Zwar höre ich von Kollegen, dass Corona zu einer Gewichtszunahme und körperlicher Inaktivität führt. Daten und meine Beobachtungen bestätigen das so aber nicht. Eine Umfrage der DKV Krankenversicherung ergab, dass 37 Prozent der Befragten körperlich aktiver waren als vor Corona. 22 Prozent gaben an, dass sie jetzt deutlich mehr Rad fahren würden und auch zu Hause Fitnessübungen betreiben. 26 Prozent fahren mit dem Fahrrad zum Arbeitsplatz und wieder zurück.

    Auch das ist eine ordentliche Zunahme. Meine These lautet: Ein zunehmender Teil der Bevölkerung wurde und wird sich gerade jetzt in dieser Gesundheitskrise darüber klar, wie wichtig ein gesunder Lebensstil ist. Ich habe noch nie in öffentlichen Parks so viele Jogger gesehen wie in diesen Wochen und Monaten.

Die Corona-Pandemie gibt also auch an vielen Stellen Anlass zu Hoffnung und positiver Gestimmtheit für die Zukunft.

Mehr: Ausgerechnet bei Krankenhausmitarbeitern und Ärzten ist die Skepsis in Bezug auf die Corona-Impfung groß. Doch eine Impfpflicht wäre der falsche Weg, glaubt Professor Curt Diehm.

Curt Diehm ist ärztlicher Direktor der auf Führungskräfte spezialisierten Max-Grundig-Klinik. Der Internist lehrt zudem als außerplanmäßiger Professor an der Universität Heidelberg und ist Autor von über 200 wissenschaftlichen Originalpublikationen sowie vielen Sachbüchern.



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