
Jürgen Matthes; Leiter Kompetenzfeld Internationale Wirtschaftsordnung Institut der deutschen Wirtschaft Köln.
Zyperns Parlament hat die Blaupause für die Rettung des Landes abgelehnt und sucht nun nach einem Plan B. Manche vermuten, hier würde hoch gepokert. Und in der Tat sollte die Eurogruppe sich nicht erweichen lassen. Denn der Eigenanteil von 5,8 Milliarden Euro am Hilfspaket, den die Eurogruppe einfordert, ist vor allem aus zwei Gründen gerechtfertigt:
Erstens würde ohne ihn der zypriotische Staat durch die nötige Bankenrettung überschuldet sein. Der IWF würde sich dann verabschieden und eigentlich dürften auch die Eurostaaten einem insolventen Staat keine Liquiditätshilfen gewähren.
Zypern hat zum anderen sein Geschäftsmodell auf ein deutlich überdimensioniertes Bankensystem aufgebaut und ist damit bewusst Risiken eingegangen. Wie bei jeder Versicherung ist auch bei der Hilfe der Europartner eine Selbstbeteiligung nötig.
Bis zu zehn Milliarden Euro will die Euro-Gruppe überweisen. Ursprünglich war eine Summe von 17,5 Milliarden Euro genannt worden.
Aus dem Euro-Krisenfonds ESM. Im Gegenzug muss Zypern Auflagen einhalten. Wie bei früheren Rettungsaktionen beteiligt sich auch der Internationale Währungsfonds IWF. „Der genaue Betrag steht noch nicht fest“, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde bei dem Sondertreffen in Brüssel. Bislang hat der IWF meist ein Drittel gestemmt.
Das Land macht erstmals bei einer internationalen Rettungsaktion für ein Euro-Land mit. Dabei geht es um einen Kredit von 2,5 Milliarden Euro, den Moskau Zypern 2011 gewährt hatte. „Die russische Regierung ist bereit, die Laufzeit des Darlehens zu verlängern und die Zinsen zu senken“, sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn. Über genaue Zahlen werde noch gesprochen. „Der Beitrag wird nicht sehr hoch sein, wir müssen realistisch sein, aber es wird ihn geben“, sagte Dijsselbloem. Der Grund für das russische Interesse: Die Insel im Mittelmeer ist bei reichen Russen beliebt. Russische Oligarchen haben Milliardensummen auf Konten im aufgeblähten Bankensektor Zyperns gebracht.
Seit langem halten sich Vorwürfe, Zypern locke mit niedrigen Firmensteuern und einer lockeren Finanzaufsicht Schwarzgeld an. Zypern bestreitet dies. Doch die Bundesregierung hatte ihre Beteiligung an der Hilfe von Maßnahmen gegen Geldwäsche abhängig gemacht. Nun hat man sich geeinigt, dass ein privates Unternehmen die Einhaltung der Anti-Geldwäsche-Maßnahmen überprüft - dies ist bereits angelaufen. Außerdem hat sich Zypern zu Reformen verpflichtet: Die niedrige Körperschaftsteuer soll von 10 auf 12,5 Prozent steigen. Die zyprische Regierung muss Staatsfirmen privatisieren. Zudem muss der völlig überdimensionierte Bankensektor schrumpfen.
Ja. „Wir fanden es gerechtfertigt, um die Lasten zu teilen“, sagt der Eurogruppen-Chef. EU-Kommissar Rehn betonte: „Diese Gebühr gilt für ansässige wie auch für ausländische Kontoinhaber.“ Nun sollen Sparer mit Einlagen von mehr als 100 000 Euro eine einmalige Abgabe von 9,9 Prozent zahlen. Unterhalb dieser Schwelle fallen 6,75 Prozent an. Insgesamt soll allein diese Abgabe nach Dijsselbloems Worten 5,8 Milliarden Euro einbringen. Die Forderung nach einer Abgabe auf große Sparguthaben kam vor allem aus Deutschland.
Der Betrag der Abgabe werde ab sofort auf den Konten eingefroren, erläuterte Jörg Asmussen, Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank. Am Montag sind die Banken auf Zypern wegen eines Feiertages geschlossen. Bis Dienstag steht der Zahlungsverkehr weitgehend still. Noch an diesem Wochenende soll das zyprische Parlament ein Gesetz erlassen. „Ich nehme an, (..) dass die Abgabe aufgelegt werden kann, bevor die Banken am Dienstag normal wieder öffnen“, sagte Asmussen.
Nikosia muss die Kredite zurückzahlen – der Zinssatz ist noch offen. Dieser dürfte ähnlich günstig sein wie für die anderen Hilfsempfänger Griechenland, Irland und Portugal sowie die spanischen Banken. Details werden im April festgelegt. Die Regierung trägt die Verantwortung dafür und muss eine Vereinbarung („Memorandum of Understanding“) unterzeichnen, die die Summe, Konditionen und Auflagen festlegt. Der Bundestag sowie mehrere andere nationale Parlamente müssen das Hilfspaket billigen.
Erst einmal gar nichts. Zypern erhält keinen Zuschuss, sondern Kredite aus dem bestehen Krisenfonds ESM, die das Land zurückzahlen muss. Erst wenn Nikosia zahlungsunfähig würde und seine Kredite nicht mehr bedienen könnte, würden die deutschen Steuerzahler zur Kasse gebeten.
Zwar sind die zypriotischen Banken nicht zuletzt durch den griechischen Schuldenschnitt ins Wanken geraten. Doch wohl auch deshalb will die Eurogruppe Zypern ja auch ein Hilfspaket gewähren, obwohl man begründete Zweifel an der Systemrelevanz des Landes haben kann. Wenn die Finanzstabilität der Eurozone bei einer Zypernkrise nicht als gefährdet angesehen werden muss, gäbe es eigentlich auch keine Rechtfertigung für ein Hilfspaket. Zypern kann also eigentlich sehr froh über das Entgegenkommen sein.
Die Europartner sollten auch deshalb hart bleiben, weil sie ansonsten die gesamte Rettungsstrategie gefährden, die ja darauf aufbaut, dass Hilfen nur gegen sinnvoll Auflagen vergeben werden. Wenn klar ist, dass man sich nur lange genug stur stellen muss, bis die Eurogruppe einknickt, wäre das ein fatales Signal – und eine Einladung an die anderen Krisenländern, diese Strategie auch zu verfolgen.
22 Kommentare zu "Gastbeitrag: Wie die Zypern-Rettung gelingen kann"
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Die wohl charmanteste Lösung
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Die charmanteste Lösung sehr geehrter Herr Mathes, wärde endlich das Beenden des unseligen Euro
Wie Zypern gerettet werden kann? Na, genau so wie Island. Die Banken dort braucht man nicht zu retten. Das war in Island nicht nötig, und ist es ist auch in Zypern nicht.
Das haben die Isländer nachgewiesen.
Was ist nur passiert mit dem Liberalismus, dass derjenige, der abgewirtschaftet und sich verzockt hat, auf gar keinen Fall mehr pleite gehen soll?
Selbstverständlich soll er das. Muss er sogar. Schon um endlich Platz zu schaffen für Leute, die vernünftig wirtschaften. Sonst geht das ja ewig so weiter.
>>>Sollte man auch mal thematisieren.<<<
Ja, aber auch, dass alles was z.B. in Deutschland Rang und Namen hat, wie VW oder Siemens, ebenfalls alles tun um Steuern zu vermeiden.
Vor etwa 1 Woche lief hierzu eine nette Doku auf ARTE. Thema waren im Speziellen die Caymans. Link habe ich leider nicht.
"Wir" sind kein Stück besser ! ...Eher schlimmer.
Ich habe 3 Jahre in Zypern verbracht und dort natürlich auch Zyprioten kennengelernt. Dort ist man stolz, wenn man keine Steuern zahlt. Das ist kein Witz. Viele brüsten sich regelrecht damit, daß Sie "klüger" sind als der Staat.
Diese Mentalität wird sich doch niemals ändern. Steuerehrlichkeit gibt es dort soweit ich weiß fast nicht.
Ich frage mich: Wieso wird das eigentlich NIE thematisiert - daß die Einheimiischen Insulaner seit sovielen Jahren keinen Cent an Steuern gezahlt haben?!
Sicher gibt es auch Ausnahmen, aber es war sehr sehr einfach auf Zypern keine Steuern zu zahlen und es wird wohl auch so weitergehen auf dieser seltsamen Insel.
Sollte man auch mal thematisieren.
Für das witschaftliche Zusammenleben in der EU gibt es Regeln, die demokratisch zustande gekommen sind. Genau so, wie in jedem einzelnen Land der EU. Wenn sich in Deutschland ein Handwerker überschuldet, dann nimmt der Insolvenzverwalter ihm auch seine Werkstatt weg, die Banken geben ihm keinen Kredit mehr und er muss sehen, wie er a) seine Schulden bei den Gläubigern zu bezahlen hat und b) wie er sein Leben in Zukunft gestalten wird und c), das Wichtigste von allem - welche Schlüsse er aus dieser Lebenssituation zu ziehen hat. Zypern hat seinerzeit den weg des "Finanz-Handwerkers" gewählt. Die Banken haben zu hohe Zinsen geboten, haben vielen reichen Menschen aus dem Ausland einen billigen offshore-Markt zur Verfügung gestellt und der Staat Zypern hat sich nicht groß um seine Menschen gekümmert. Warum jetzt das Geschrei? Und - warum sollen sich die anderen EU-Länder um die armen, abgewirtschafteten Zyprioten kümmern, ohne, dass auch diese EU-Bürger und die Banken in Zypern ihren Teil dazu beitragen. Auch Banken sollten im Fall der Fälle einmal mutig in die Insolvenz geschickt werden. Systemrelevanz lässt sich nicht immer und ewig heranziehen, wenn es an das Bezahlen von Schulden anderer geht. Der Staat Zypern sollte mutig voran gehen, einige Banken in die geordnete Insolvenz führen und damit Zeichen setzten. Dann wird dem EU-Partner Zypern auch rasche geholfen werden!
@ anonym: Sie schreiben: Eine 10% Abgabe auf Einlagen über 100,000 Euro, die fast ausschließlich reiche Ausländer getroffen hätte, wird von Politikern in Zypern durchweg abgelehnt.
Ja natürlich, weil Sie dass mussten. Zypern hat seit 1977 einen Vertrag (Bit)mit Russland indem russische Investitionen... geschützt sind. Aber dass war wahrscheinlich nicht bis nach Brüssel vorgedrungen!!
'Luegen_aus_dem_Bundestag' sagt
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Wir haben eine Schuldenkrise und keine Eurokrise.
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Da haben Sie recht. Einige Schuldner haben sich zu hoch verschuldet oder sie wirtschaften zu schlecht um ihre Schulden bedienen zu können.
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'Luegen_aus_dem_Bundestag' sagt
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Die Staatsbürger können die Zins- und Zinseszinslasten der Vermögenden und Schwerreichen nicht mehr länger erwirtschaften und tragen.
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Tragisch.
Nachdem sie sich jahrelang klaglos die mit den Schulden von den "Vermögenden und Schwerreichen" finanzierten sozialen Wohltaten haben gefallen lassen.
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Es wäre sachdienlich wenn Sie verstehen würden, daß bei den allermeisten "Vermögenden und Schwerreichen" Staatsanleihen nur einen kleinen Teil ihres Vermögens ausmachen. Die haben Grundstücke, Immobilien und Firmen.
Während die Staatsanleihen einen großen Teil der Anlagen von Lebensversicherungen und Betriebsrentenkassen bilden.
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'Luegen_aus_dem_Bundestag' sagt
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Ebenso finden sich weltweit keine neuen Schuldner mehr, welche dieses Geldsystem weiter am Funktionieren halten.
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Echt?
Ich dachte, das Problem wäre eher ein Mangel an Gläubigern.
'Epikouros' sagt
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Zyprer sind keine Diebe, und deshalb ist die Enteignung reicher Ausländer keine Option. Da nehmen die armen Pensionisten die Last lieber auf die eigenen Schultern - für viele Deutsche offenbar unvorstellbar.
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Dafür sind die Schultern der "armen Pensionisten" leider nicht breit genug.
17 Milliarden verteilt auf 50.000 "arme Pensionisten" macht nämlich 350.000 Euro pro "armer Pensionist".
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Immerhin - für "große Sprüche - nix dahinter" gibt es Note 1.
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Abgesehen davon handelt es sich bei einem Eigenbeitrag zur Rettung der eigenen Einlagen nicht um eine "Enteignung".
Beitrag von der Redaktion gelöscht. Bitte bleiben Sie sachlich.
'aktionaer' sagt
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Mir gefällt auch net, dass Obama in Israel gerade über den IRAN jammert, denn das ist immer eine Ablenkung von der Euro-Krise. Letztes Jahr waren es sogar Iran-Atombobene.
Alles nur als Ablenkung von der EU Krise.
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Obama zündelt im Mittleren Osten als "Ablenkung von der EU Krise"?
Das glauben Sie doch hoffentlich selber nicht.
Die "EU Krise" - jedenfalls die Überreaktionen der Finanzmärkte in 2010 und 2011 - ist doch mit dem ohrenbetäubenden Eurokrisengeschrei aus New York und London angeheizt worden, um von der eigenen Überschuldung abzulenken.
Und um den Euro zu zerstören, bevor die Amerikaner der "Münzgewinne" aus der Reservewährung US-$ verlustig gehen und die Chinesen ihre Chips zur Auszahlung präsentieren.
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Innenpolitsch dient die Kriegshetze gegen Syrien und Iran dazu, um von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten in USA und Großbritannien abzulenken.