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Gastkommentar Bundesregierung schießt bei Vorstandsvergütung weit übers Ziel hinaus

Rund um die Deckelung von Managergehältern war es lange still – doch eine neue Gesetzesinitiative könnte ARUG II zur Waffe der Investoren machen
  • Michael H. Kramarsch
15.11.2019 - 10:23 Uhr Kommentieren
Der Autor ist Managing Partner der Beratungsfirma hkp/// group.
Michael Kramarsch

Der Autor ist Managing Partner der Beratungsfirma hkp/// group.

Was lange währt, wird endlich schlecht gemacht. Seit über einem Jahr liegt der Referentenentwurf zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) vor. Nun wird überraschend eine maßgeblich erweiterte Vorlage des Gesetzes vorgelegt und innerhalb weniger Tage durch den Gesetzgebungsprozess gepeitscht. Mit den Neuerungen wird eine Befassung der Hauptversammlung zur Vorstandsvergütung ab 2021 verpflichtend, die freiwillig schon 2020 erfolgen kann.

Die Bundesregierung hatte sich früh auf ein verpflichtendes, aber nicht bindendes Votum der Hauptversammlung für das Vergütungssystem des Vorstands börsennotierter Gesellschaften sowie eine jährliche Abstimmung zum Vergütungsbericht festgelegt und damit den durch die zweite Europäische Aktionärsrechterichtlinie eröffneten Spielraum genutzt. Vor dem ARUG II war die Abstimmung zum Vergütungssystem maximal unverbindlich, weil freiwillig und nicht bindend.

Doch schon in dieser Form haben Investoren unwillige Unternehmen in eine Abstimmung gezwungen und bei Unterschreiten einer Zustimmung von 80 Prozent die Daumenschrauben über Entlastungsbeschlüsse et cetera angesetzt. Was sind die wesentlichen Änderungen gegenüber dem bisherigen Entwurf? Der Aufsichtsrat muss eine Maximalvergütung der Vorstandsmitglieder festlegen.

Diese ist Bestandteil des Vergütungssystems, dessen Billigung durch die Hauptversammlung nicht bindend ausgestaltet ist. Außerdem kann die Hauptversammlung die Maximalvergütung auf Antrag eines Aktionärsquorums durch bindenden Beschluss herabsetzen.

Die Vorstandsvergütung wird also begrenzt. Und das ist gut so! Nur ein Unternehmer kann einen unbegrenzten Lohn erhalten, weil er das unternehmerische Risiko trägt. Ein angestellter Vorstand dagegen erhält Lohn für seine Arbeitskraft und seine Leistung. Und wie jeder Lohn sollte dieser, selbst im allergrößten Erfolgsfall, begrenzt sein. Diese Grenze, wenn durch Erfolg legitimiert, kann durchaus hoch ausfallen – auch wenn diese Sicht nicht populär ist.

Forderung ist nicht neu

Die Forderung nach einer betragsmäßigen Obergrenze ist indes nicht neu. Seit 2013 steht sie im Deutschen Corporate Governance Kodex und wird zwischenzeitlich von nahezu allen DAX-Unternehmen befolgt. Da liegt der Verdacht einer rein populistischen Aktion nahe. Zumal das Argument der Politik, Aktionären in Vergütungsfragen mehr Einfluss geben zu müssen, um einen dämpfenden Effekt zu erzielen, schlicht falsch ist.

Denn auch in der vorherigen Fassung des ARUG II hätten Investoren diesen Punkt aufgreifen können. Investoren interessieren sich aber in der Formel Pay-for-Performance nicht für das „Wie viel“ der Vergütung, sondern für das „Wie“, also die Auswahl, Ausgestaltung und Kalibrierung von Kennzahlen. Die Länder mit der längsten Say-on-Pay-Tradition sind die USA, Großbritannien und die Schweiz. Hier zahlen Unternehmen auch die weltweit höchsten Vergütungen – deutlich höher als beispielsweise bei uns.

Bisher haben hierzulande verantwortliche und haftbare Aufsichtsräte für Maßhalten in der Vorstandsvergütung gesorgt, zusammen mit einer weltweit führenden Vergütungstransparenz. Beides wird über Bord geworfen. Wer die Entscheidungsbefugnis von Investoren befürwortet, sollte wissen, dass etwa die Hälfte von ihnen auf einer Hauptversammlung gar nicht abstimmt und von den Abstimmenden wiederum die Hälfte sich keine eigene Meinung in diesen Fragen bildet.

Hinzu kommt: Vorstandsvergütung ist das perfekte Einfallstor, um öffentlichkeitswirksam Druck auf Management und Unternehmen aufzubauen. Wir alle sehen aktivistische Attacken auf deutsche Unternehmen mit Sorge. Die Blaupausen von Aufspaltung, Sonderausschüttungen et cetera nutzen selten den Unternehmen, ihren Beschäftigen oder dem Wirtschaftsstandort Deutschland.

Aber genau diesen Aktivisten und sonstigen Vertretern von Partikularinteressen wird nun eine Bühne eröffnet: Sind Vorstände nicht willfährig, kann ihnen jederzeit und einseitig die Maximalvergütung auf der Hauptversammlung gekürzt werden. Als Zuschauer freut man sich auf den Wettlauf um den Vorschlag der geringsten Maximalvergütung – das Theater Hauptversammlung wird um einen spannenden Akt erweitert. Sollen aber Aktionärstreffen wirklich zum Vergütungstheater verkommen?

Mit den neu vorgenommenen Änderungen am ARUG II schießt die Bundesregierung weit über das Ziel einer sinnvollen Regulierung von Vorstandsvergütungen hinaus. Sie stattet mehrheitlich nicht-deutsche institutionelle Anleger mit mächtigen Waffen aus und unterlässt es gleichzeitig, diese Investoren und ihre Stimmrechtsberater regulatorisch einzuhegen.

Mehr: Der Bundestag bringt die Begrenzung von Managergehältern auf den Weg. Die Opposition lehnte das Gesetz der Großen Koalition geschlossen ab.

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