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Gastkommentar Der Preis für Benzin und Diesel muss verdoppelt werden

Die massive staatliche Subventionierung der Elektromobilität führt in die Irre, meint Ferdinand Dudenhöffer. Gibt es vernünftige Alternativen?
02.03.2021 - 08:16 Uhr 18 Kommentare
Der Autor ist Direktor des CAR-Center Automotive Research in Duisburg.
Ferdinand Dudenhöffer

Der Autor ist Direktor des CAR-Center Automotive Research in Duisburg.

Was erlauben Markus Duesmann? Jüngst hat sich der Audi-Chef doch tatsächlich gegen eine weitere staatliche Förderung der Autoindustrie ausgesprochen. Fahrzeugbauer und Zulieferer, so der Spitzenmanager, könnten in der Coronakrise geringere Umsatzvolumen durchaus „verkraften“.

Für Wirtschaftsminister Peter Altmaier, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, den Verband der Automobilindustrie, die IG Metall, die Zulieferer, für alle also, die pausenlos um staatliche Unterstützung kämpfen, war Duesmanns Intervention eine schallende Ohrfeige.

Hatte Altmaier nicht vor zwei Jahren Fördergelder in Milliardenhöhe frei gemacht, damit Deutschland Nachhilfeunterricht bei der Produktion von Lithium-Ionen-Zellen bekommt? Und hat nicht erst vor wenigen Tagen das Bundesverkehrsministerium ein Flottenerneuerungsprogramm für schwere Lkws gestartet? Der Käufer eines Euro-6-Lastwagens bekommt bis zu 15.000 Euro geschenkt.

Damit nicht genug des staatlichen Geldregens. Hohe Prämien ebnen den Weg für das Elektroauto. Stolz verkündete Wirtschaftsminister Altmaier, die Innovationsprämie beim Elektroauto-Kauf werde bis zum Jahr 2025 gezahlt. Mit der Prämie unterstützt Berlin den Kauf eines Elektroautos mit bis zu 6.000 Euro, bei Plug-in-Modellen sind es maximal 4.500 Euro. Im vergangenen Jahr fuhren exakt 194.163 vollelektrische und 200.468 Plug-in-Hybride neu auf Deutschlands Straßen.

Hält der Erfolg an, werden zehn Milliarden Euro an Unterstützung fließen. Man muss nur „Ladeinfrastruktur“ sagen, und schon regnet es Subventionen. Bis Ende 2020 hatte der Bund dafür 300 Millionen Euro bereitgestellt, hinzu kamen hohe Zuschüsse der Bundesländer. Selbstverständlich wird das Programm verlängert. Zusätzlich werden Schnell-Ladestationen gefördert. Allein in diesem Jahr sind 50.000 weitere Ladepunkte vorgesehen.

Was aber passiert, wenn im Jahr 2025 Benzin und Diesel immer noch billig sind? Verwandeln sich dann Ladestationen in Investitionsruinen?

Fest steht: Die Innovationsprämie hat den Leasingmarkt durcheinandergewirbelt – Elektroautos, die vor der Prämie ins Leasing gingen und jetzt zurückkommen, stürzen Leasinggesellschaften und Autohändler in Verluste. Freie Leasinggesellschaften fassen Elektroautos nur noch mit spitzen Fingern an. Die Insolvenzgefahr steigt, nicht wegen Corona, sondern wegen der Prämie.

Ökonomen sprechen vom Kobra-Effekt

Freie Leasinggesellschaften sind ein wichtiges Korrektiv im Wettbewerb mit den Banken der Autobauer. Die Prämie bestraft das Korrektiv. Plug-in-Modelle sind besonders „gut“ motorisiert, im letzten Jahr mit durchschnittlich 190 PS. Die seit Jahren zu beobachtende PS-Aufwärtsspirale drehte sich 2020 auf durchschnittlich 165 PS hoch, finanziert mit Steuergeldern.

Natürlich braucht man Ladesäulen. In Bochum aber hat es sich der Bürgermeister nicht nehmen lassen, den Geldregen für den Aufbau von zwei Supercharger-Ladestationen zu nutzen – direkt an einem Freizeitgelände für Jogger und Spaziergänger. Und das ist kein Einzelfall. Ökonomen sprechen hier vom sogenannten Kobra-Effekt: In Indien hatten die britischen Kolonialherren nach 1860 ein Kopfgeld auf Kobraschlangen ausgesetzt, um der Schlangenplage Herr zu werden.

Die Inder machten daraus ein Geschäft und begannen, Kobras zu züchten, um das Kopfgeld einzustreichen. Probleme einfach mit Steuergeld zuzuschütten hat offenbar kontraproduktive Nebenwirkungen, damals wie heute.

Wie aber sähe eine vernünftige Alternative aus? Klar ist: Wir brauchen den Umstieg zum klimaneutralen Elektroauto. Wir brauchen auch die Ladepunkte. Anders als die Bundesregierung hat der britische Premier Boris Johnson für 2030 in England den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor angekündet. Jetzt kann in Großbritannien jeder Stromkonzern ohne Strohfeuerrisiko die Nachfrage nach Elektroautos einschätzen.

Der Bestandsschutz bliebe gewahrt

Jetzt startet das Rennen um die besten Ladeplätze, so wie früher bei den Tankstellen. Wer sich die richtigen Ladeplätze sichert, hat über Jahrzehnte einen stabilen Umsatz und eine überzeugende Kapitalisierung seiner Investition.

Was wäre, wenn wir statt 9.000 Euro Kaufprämie für ein Elektroauto einfach den Preis für Benzin und Diesel verdoppeln würden? Drohte dann eine Gelbwestenrevolte wie in Frankreich? Nein, dieses Drohpotenzial kann neutralisiert werden. Die Lösung: Wer heute ein Auto mit Verbrennungsmotor besitzt, bekommt die zusätzliche Treibstoffsteuer zurückerstattet, genießt also Bestandsschutz.

Wer sich aber ein neues Benzin- oder Dieselauto kauft, bezahlt den vollen Spritpreis. Als beste Wahl bliebe dann nur das Elektroauto – und zwar ohne Subvention. Die Verdoppelung des Benzin- und Dieselpreises böte einen geeigneten finanziellen und ökonomischen Rahmen für den dringend notwendigen Umstieg zu klimafreundlicherer Mobilität.

Mehr: Ein E-Auto-Boom ist noch keine Verkehrswende

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18 Kommentare zu "Gastkommentar: Der Preis für Benzin und Diesel muss verdoppelt werden"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Nette Idee, wenn sie nicht schon wieder auf Dirigismus und Bürokratie anstelle ach so mühsamer Überzeugungsarbeit basierte. Unter aktuellen Umständen halte ich die Forderung nach e-Mobilität für ein Umweltverbrechen. Dies beweist die schlichte Unterschlagung aller CO²-Schädigungen durch die konvenierende Patentformel "lokal emmissionsfrei" - und auch die ist unlauter bzw. falsch, wie die deutlich erhöhten Feinstauberzeugung belegt. Zumal mit dem Schwenk auch jegliche Nachhaltigkeit aufgegeben wird, um nur auf defekte Batterien, deren Entsorgung oder gar deren Ersatzteilpreise hinzuweisen, vom Explosoins-/Brandrisiko ganz zu schweigen. Aber dem entsachlichten, faktenwidrigen Polit- und Medienhype entkommt man nicht, was wiederum beweist, daß die Thematik offensichtlich kein überzeugender Selbstläufer ist.

  • Der Staat sollte sich darauf zurückziehen, gewissen realistische Rahmen zu setzen und das Umsetzen Fachleuten zu überlassen. Weiterhin sollte die Damen und Herren der zukünftigen Regierungen dafür sorgen, ihren ureigensten Aufgaben gerecht zu werden, z.B. den öffentlichen Dienst leistungsfähiger zu machen und auf die Zukunft vorzubereiten, denn dort fallen demnächst jedes Jahr Mitarbeiter:innen aus dem arbeiten Teil der arbeitenden Versorgten heraus und kosten dem Staatswesen - ohne Leistung - immer mehr Geld.

    Es fehlt einfach die Kompetenz Zukunftstechnologien auch nur zu benennen geschweige denn umzusetzen.
    Hierfür ist viel wichtiger ein auf auf Zukunft ausgerichtetes Bildungssystem zu schaffen. Damit ist man ja seit Jahrzehnten schon überfordert.
    Die politischen Laiendarsteller können weder Wirtschaft noch Zukunft, dafür fehlt den Meisten einfach die praktische Erfahrung.
    Wichtig wäre eine Mindestqualifikation für das politische Personal in Führung/Verantwortung, analog zum wirklichen Leben.
    Diese mangelnde Professionalität ist ja nicht mit anzusehen - und zwar in allen wichtigen Themen der letzten 10 Jahre.

    Entweder ist eine Technologie marktfähig oder nicht. Hier sollte die Politik sich nicht zum Schiedsrichter aufschwingen, hat in der Vergangenheit nur viel Geld gekostet.
    In der Tat ist für das Klima die deutsche Karte total uninteressant und wir sollten uns da auch nicht zu wichtig nehmen. Wir sollten auch unser Land nicht mit Windkrafträdern vollkleistern, sondern ehe auf moderne Kernkraft setzen, wie Holland, Schweden, Finnland, Frankreich und Russland, die ja nun genug Gas und Öl haben.

    Diese ausufernde deutsche und europäische Planwirtschaft kostet uns die Zukunft.

  • Ich finde immer lustig wenn Leute mit so einem finanziellen Spielraum wie Dudenhöfer solche Geschichten erzählen und sich so nebenbei als Umweltretter generieren. Natürlich steigt auch ein bisschen Wut auf, man denkt sich seinen Teil.

  • Wieso wollen wir E-autos? Wieso soll der Preis für Benzin und Diesel verdoppelt werden?
    War da was? Ja, der Klimawandel und folglich der Klimaschutz. Wenn Plug-in Hybride immer mehr PS haben, dann scheint das nicht wirklich im Mittelpunkt zu stehen. Klimaschutz erfordert einen sparsamen Umgang mit Energie. Die Schäden die Treibhausgasemmissionen verursachen liegen laut Umweltbundesamt in der Größenordnung von 180 €/tonne. Damit die Marktmechnismen funktionieren - auch im Bereich Mobilität - müssen die CO2 Preise steigen. Ja, nur wenige können dann innerhalb von 30 Tagen reagieren und ein anderes Fahrzeug benutzen. Hier zählt die langfristige Wirkung. Natürlich muss ein hoher CO2 Preis zugleich mit eine Kompensation für einkommensschwache Haushalte kombiniert werden. siehe https://info-de.scientists4future.org/antworten-auf-zentrale-fragen-zur-einfuehrung-von-co2-preisen/

  • Wow, geistreich. Ich würde vorschlagen von heute an zahlt er direkt den doppelten Preis oder vielleicht sogar direkt den fünffachen. Dazu noch einen Ökostromzuschlag von 3000%.

    In Summe würde dann (in Deutschland) niemand mehr Auto fahren, heizen oder Strom verschwenden. Wir könnten alle leben wie die Affen oder Höhlenmenschen aber das Klima wäre evtl. etwas besser. Der Rest der Welt spielt ja keine Rolle beim Klima etc. vermutlich rennen uns alle nach und können es nicht erwarten es auch so zu machen.

    ...etwas überspitzt dargestellt...

    Wer sich abseits vom Ballermann etwas auskennt weißt evtl. dass Länder die aufstrebend sind (Großteil der Weltbevölkerung, Asien, Afrika) ganz andere Pläne haben. Dort herrscht eine ganz andere Denkweise hin zu ich will mehr und mehr, ein Haus, ein Auto, ein Handy, Kleidung...
    Da sind Mrd Menschen die erstmal ein Auto wollen, reisen wollen etc. denen ist egal was Herr Dudenhöffer sagt. Die wollen keinen Verzicht, die Leute wollen was die anderen hier auch haben. Ein Auto das fährt, ein Statussymbol, am besten einfach und mit günstigem Benzin oder Diesel aus den Emiraten wo das Öl günstig bleiben wird (außer wir zahlen sie dafür es nicht zu verkaufen etc). Was wir hier machen spielt überhaupt gar keine Rolle, wir sind nicht relevant um auf der Welt eine Welle zu einem Ökodasein auszulösen oder die Verbrennung fossiler Energien zu stoppen. Länder wie China sind am Drücker und setzen die Trends. Und die Länder werden noch sehr lange fossile Energien nutzen.
    Mit einem zu starken und rücksichtslosen Umschwung auf Grün, cost whatever it takes setzen wir unser letztes bisschen Industrie und Marktfähigkeit aufs Spiel.
    Zumal man ja auch sieht was mit dem Green deal passiert. Den gibt es gar nicht. Das Geld geht am Ende hin wo es am nötigsten gebraucht wird. Rentenversorgung, Sozialversorgung, Löcher stopfen. Das ist immer vorrangig. Es wäre mal wieder Zeit für etwas mehr Realität und weniger Träumerei.

  • Wow!, was für ein Aufregerthema. Wie ein Stich ins Wespennest :)
    Aber jetzt mal ernst und sachlich: Die Argumente von Herrn Dudenhöfer klingen ziemlich vernünftig.

  • "Der Preis für Benzin und Diesel muss verdoppelt werden"
    WIE SOLL DANN DIE RENTNERIN ZU IHRER PUTZSTELLE FAHREN????
    Absolut Irre dieser Vorschlag!
    Viele Menschen können sich kein neues Auto leisten und Rückzahlung über Steuern oder ähnliches ist den "normalen Menschen" nicht zu vermitteln - sie würden es einfach nicht tun und sich zurückziehen.
    Der Vorschlag zielt auf die Vereinsamung der Menschen ohne großen Geldbeutel und ohne großen Tesla Fahrzeug mit großer, Umwelt vernichtender Batterie!
    Das alte Auto, das keine 3.000 km im Jahr bewegt wird und der Oma noch einen kleinen Zusatzverdienst zur mickrigen Rente ermöglicht, soll SANKTIONIERT werden!?
    Ne - extrem schlechter Vorschlag.
    Was sagen die Leute auf dem Land dazu?
    Für mich ist das ein ideologischer Vorschlag von einem Städter, der nur ein paar km mit dem Auto fahren muss und kein Einfühlungsvermögen hat.
    Ich persönlich bin Fan von Hybrid (kleinere Batterie=weniger Umweltschaden), kann es mir leisten und hab ne Photovoltaikanlage.

  • (...) Vielleicht würde einmal ein Monat Arbeit im Pflegedienst im Außendienst arbeiten helfen. Ich kann da bestimmt ein Praktikum vermitteln, damit der Herr auf den Boden der täglichen Arbeit geholt wird. Er kann gerne die Benzinkosten von seinem Honorar übernehmen. was da wohl übrig bleibt? Beitrag von der Redaktion editiert. Bitte bleiben Sie sachlich.

  • So sieht eine steile Karriere aus:
    gelernter Kaufmann in der Kfz-Branche. Dann Kolumne-Schreiber in einer Autozeitung.
    Danach selbsternannter Experte für die Automobilindustrie und danach einen Lehrstuhl an der Uni Essen/Bochum.
    Herr Dudenhöfer kann seine Ratschläge meist bietend verhökern.
    the stupid german

  • Ich habe Herrn Dudenhöfer schon vor Jahren eine Email geschrieben, wonach er als Kaufmann (und nicht Techniker) bei meinem Arbeitgeber, einem großen Automobilunternehmen, niemals Einlass in eine hochkarätige Technikerrunde erhalten hätte. Will sagen, seine technischen Ansichten, die er sich außeruniversitär angeeignet hat, sind zu seicht.

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