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Gastkommentar Digitale Plattformen wie Google schaffen einen Mehrwert

Für jeden Euro, den Unternehmen bei Google für Werbung ausgeben, erwirtschaften sie selbst im Schnitt acht Euro, betont Philipp Justus.
06.08.2021 - 08:00 Uhr 1 Kommentar
Der Autor ist Vice President Google Central Europe. Er leitet das Geschäft von Google in 36 Ländern, darunter Deutschland. Quelle: imago images/photothek
Philipp Justus

Der Autor ist Vice President Google Central Europe. Er leitet das Geschäft von Google in 36 Ländern, darunter Deutschland.

(Foto: imago images/photothek)

Als das Münchener Unternehmen Graf-Dichtungen, ein Hersteller von hochwertigen Gummidichtungen, seinen Kundenkreis erweitern wollte, entschied sich das Unternehmen, Google Ads zu nutzen. So bot sich ihm eine kostengünstige und leicht zugängliche Möglichkeit, in neue Märkte zu expandieren. Zuvor hatte Graf-Dichtungen sich auf den Direktvertrieb konzentriert, was insbesondere den Ausbau des Geschäfts im Ausland erschwerte.

Mit Googles Online-Tools erreicht das Unternehmen inzwischen einen digitalen Binnenmarkt mit Hunderten Millionen Internetnutzern in Europa und Milliarden Nutzerinnen und Nutzern auf der ganzen Welt. Menschen, die in Porto oder Thessaloniki Gummidichtungen benötigen, können nun direkt bei Graf-Dichtungen einkaufen. Das hilft dem Unternehmen, zu wachsen und neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Diese Realität von Millionen Unternehmen wird nach unserer Meinung im Gastkommentar von Prof. Monika Schnitzer und Prof. Paul Heidhues völlig vernachlässigt. Der Beitrag zeichnet insgesamt ein unausgewogenes Bild der Plattform-Ökonomie. Während die Autoren zu Recht einige Bereiche hervorheben, in denen Regulierung auch nach unserer Einschätzung hilfreich sein könnte – etwa die Ausweitung der Interoperabilität und den Schutz der Nutzerinnen und Nutzer davor, von digitalen Diensten abhängig zu werden –, sind mehrere ihrer Aussagen kritisch zu hinterfragen.

So beginnen die Autoren mit der These, Google hätte ein Quasi-Monopol bei der Internetsuche sowie bei Betriebssystemen für Mobiltelefone. Diese Darstellung übersieht jedoch die Vielzahl an unterschiedlichen Angeboten und Diensten, mit denen Menschen im Internet suchen. Selbstverständlich wird nicht nur dort recherchiert, wo „Suche“ draufsteht.

Nutzerinnen und Nutzer suchen nach Nachrichten auf Twitter oder Facebook, Spiegel.de oder Handelsblatt.com, nach Hotels auf Booking.com und Trivago, nach Restaurants auf OpenTable, nach Empfehlungen auf Instagram und Pinterest. Und wer nach Produkten sucht, tut dies besonders häufig auch bei Amazon, Zalando oder eBay - in den USA sind dies allein bezogen auf Amazon rund 60 Prozent der Nutzer. Und bei Betriebssystemen für Mobiltelefone steht Android natürlich in scharfer Konkurrenz mit Apples iOS.

Viele Optionen bei der Werbung

Auch im Bereich der Werbung haben expansionswillige Unternehmen, unabhängig von der Branche, grundsätzlich viele verschiedene Optionen, um neue Kunden zu gewinnen. Letztlich wünscht sich jedes Unternehmen, mit seinen Investitionen eine angemessene Rendite zu erzielen. Wir als Plattform wollen unseren Kunden das beste und innovativste Angebot an digitalen Diensten bieten, damit sie ihre Ziele verwirklichen können.

Täten wir das nicht, würden sich Unternehmen wie Graf-Dichtungen schnell anderen Diensten zuwenden. Denn Anbieter gibt es viele. Firmen kommen zu Google, weil wir ihnen helfen zu wachsen. Langfristige Untersuchungen zeigen: Für jeden Euro, den Unternehmen bei uns für Werbung ausgeben, erwirtschaften sie für sich selbst im Schnitt acht Euro. Unser wirtschaftlicher Erfolg hängt damit unmittelbar ab vom wirtschaftlichen Erfolg unserer Kunden und Partner.

Will man den Wert von Plattformen messen, gibt es allerdings ein Problem: Das Bruttoinlandsprodukt berücksichtigt nur Waren und Dienstleistungen, für die Menschen Geld bezahlen. Plattformen wie Google jedoch verlangen von Kunden keine Gebühren für Zugang und Nutzung. Das bedeutet, dass die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung systematisch den ökonomischen Nutzen der betreffenden Dienste unterschätzt.

Eine Möglichkeit, ihren Wert zu quantifizieren, bestünde darin, Nutzerinnen und Nutzer zu fragen, für wie viel Geld sie bereit wären, auf bestimmte Dienste zu verzichten. Eine Studie von Erik Brynjolfsson, Ökonom am Massachusetts Institute of Technology, ergab: Kunden würden eine Entschädigung von 17.500 US-Dollar fordern, müssten sie ein Jahr lang auf Suchmaschinen verzichten. Und die Suche ist ja nur ein digitaler Dienst von vielen.

Google hat seine Verträge verändert

Außerdem verweisen Schnitzer und Heidhues auf „gebrochene Zusagen“ von Plattformen wie Google und vermeintliche „Tricks“, mit denen sie gesetzliche Vorgaben umgehen würden. Plattformen „drohten“ damit, Dienste nicht mehr anzubieten, um anderen ihren Willen aufzuzwingen. Mit Blick auf das Android-Kartellverfahren der Europäischen Kommission deuten die Autoren an, Google hätte die Entscheidung der Kommission umgangen.

Sie behaupten, Google habe eine Reihe angeblich fehlerhafter Vertragsbedingungen durch andere ersetzt, die den „gleichen ökonomischen Effekt“ hätten. Wie die Autoren sehr wohl wissen, ist das allerdings nicht die Art, wie wettbewerbsrechtliche Verfahren ablaufen. Google hat vielmehr als Reaktion auf die Entscheidung der Europäischen Kommission wie gefordert seine Verträge grundlegend verändert und eine neue Auswahl-Ansicht entwickelt, die Suchanbietern Chancengleichheit bietet und den Nutzern und Nutzerinnen mehr Auswahlmöglichkeiten einräumt.

Zwar wird keine Lösung jemals perfekt sein oder alle zufriedenstellen. Wir sammeln aber kontinuierlich Feedback und aktualisieren unsere Lösungen entsprechend. Schließlich geht der Gastkommentar von Schnitzer und Heidhues nicht auf einige Schlüsselargumente ein, die für Debatten über Wettbewerbsfragen in digitalen Märkten bedeutsam sind. So gibt es bei der Google-Suche und bei unseren Werbeprodukten keinerlei Lock-in-Effekte für Nutzer und Nutzerinnen oder Werbetreibende – ein „Multihoming“, also das parallele Nutzen mehrerer unterschiedlicher Dienste, ist jederzeit möglich.

Ebenso kann jederzeit eine neue Suchmaschine erscheinen. Google hat das ja selbst erfolgreich auf einem Markt bewiesen, der seinerzeit von Altavista und Yahoo angeführt wurde. Überdies sind auf der Angebotsseite viele Kostenfaktoren wie Cloud-Speicher oder Produktivitäts-Tools so günstig geworden, dass Markteintrittsbarrieren tendenziell immer weiter sinken.

Neue Regelungen beträfen viele Unternehmen

Bei der Google-Suche gibt es auch keine direkten Netzwerkeffekte. Niemand recherchiert bei Google, nur weil sein persönliches Netzwerk dies auch tut. Und Werbetreibende schalten ihre Anzeigen nicht bei uns, weil das viele andere auch tun. Wenn die Google-Suche besser wird, ist das technischem Fortschritt zu verdanken – angetrieben durch harten Wettbewerb und nicht durch „Netzwerkeffekte“.

Abschließend plädieren die beiden Autoren für eine Verschärfung bestimmter Bestimmungen, um Tech-Unternehmen zu zerschlagen. Dies, so argumentieren sie, könne „den Wettbewerb ankurbeln“. Was sie unserer Meinung nach nicht bedenken: Neue Bestimmungen und Verpflichtungen träfen nicht nur US-Tech-Unternehmen, sondern auch Unternehmen wie Graf-Dichtungen.

Regulierungsbehörden sollten zwar alle ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, um Wettbewerb und Innovation in der digitalen Wirtschaft zu fördern. Diese Arbeit sollte aber neutral auf der Grundlage von Fakten und unter Berücksichtigung der Auswirkungen einer solchen Entscheidung auf das gesamte System erfolgen.

Mehr: Britische Kartellwächter prüfen Marktmacht von Google und Apple

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1 Kommentar zu "Gastkommentar : Digitale Plattformen wie Google schaffen einen Mehrwert"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • "Für jeden Euro, den Unternehmen bei Google für Werbung ausgeben, erwirtschaften sie selbst im Schnitt acht Euro, betont Philipp Justus."
    8 Euro erwirtschaften? Was heißt das? Umsatz oder Gewinn?
    Und das schöne Beispiel des Unternehmens Graf Gummidichtungen hört sich an wie ein Marketing - Beispiel.
    Philipp Justus ist der Google Vice Präsident Central Europe und leitet das Geschäft von Google in 36 Ländern - da darf man schon mal anständig Werbung im Handelsblatt machen. Dürfen das auch andere Unternehmer - und so so schön ausführlich?

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