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Gastkommentar Genug der Worte – Die Bildung muss endlich ins digitale Zeitalter aufbrechen

Nach Jahren der Appelle müssen wir endlich zur Tat schreiten – vor allem an den Schulen. Vier Ebenen der Digitalisierung sind hierfür maßgeblich.
09.10.2019 - 15:17 Uhr Kommentieren
Der Autor ist wissenschaftlicher Direktor und Geschäftsführer des Hasso-Plattner-Instituts.
Christoph Meinel

Der Autor ist wissenschaftlicher Direktor und Geschäftsführer des Hasso-Plattner-Instituts.

In Deutschland wird über digitale Schulbildung viel diskutiert. Seit Jahren. Ob Lehrer, Eltern, Schulen oder Politik – alle erkennen die Dringlichkeit. Aber hat uns diese Einigkeit in den letzten Jahren weitergebracht? Der Ist-Zustand belastet das Bildungssystem und ist nicht akzeptabel für eine führende Industrienation. 

Nun eröffnet der Digitalpakt Schule die Möglichkeit, einen großen Schritt voranzukommen. Dazu muss das Thema aber ganzheitlich angegangen werden und wir müssen auf vier Ebenen zügig Fortschritte erzielen: 

Beginnen wir mit der „Hardware“, der Infrastruktur-Ebene. Hier geht es um die technische Ausstattung der Schulen. Die Probleme sind bekannt: Auch 2019 gibt es in vielen Teilen Deutschlands noch immer kein schnelles Internet, jede dritte Schule hat kein WLAN. Aber Schulen brauchen eine Breitbandanbindung und Schüler Geräte mit denen sie arbeiten können, ob Tablet oder Smartphone. Es ist die Grundvoraussetzung für digitales Lernen in jedem Unterrichtsfach.

Auf der zweiten Ebene brauchen Schulen eine sichere digitale Arbeitsumgebung. Lehrer sollen ganz selbstverständlich digitale Inhalte im Unterricht einsetzen können, ohne ausgewiesene Internet- oder Datenschutzexperten zu sein. Sie und ihre Schüler benötigen für ihre Arbeit einen geschützten Raum, in dem ihre Daten sicher vor unberechtigten Zugriffen sind. 

Also einen Bereich, in dem Lehrer und Schüler an Texten, Präsentationen oder Hausaufgaben arbeiten können und der einen datenschutzkonformen Zugang zu digitalen Lernsystemen wie etwa Vokabeltrainern bietet. In den letzten Jahren haben viele Schulen selbst nach passenden IT-Lösungen gesucht – wir haben daher heute einen Flickenteppich an zum Teil datenschutzrechtlich unzulässigen oder fragwürdigen IT-Einzellösungen. 

Wie auch in anderen Bereichen macht Digitalisierung keinen Sinn, wenn jede Schule, jeder Schulträger oder 16 Bundesländer hier eigene Wege gehen. Im Auftrag des Bundes entwickeln wir daher gemeinsam mit dem bundesweiten MINT-EC-Schulnetzwerk ein cloudbasiertes System, die HPI Schul-Cloud. Sie bietet eine sichere Lernumgebung für Lehrer und Schüler, die von allen Schulen genutzt werden könnte.

Digitales Angebot wächst

Der Einsatz moderner Pseudonymisierungstechniken ermöglicht auch die datenschutzkonforme Nutzung interaktiver digitaler Lernsoftware, verhindert aber gleichzeitig, dass deren Anbieter auf sensible und personenbezogene Daten zugreifen und daraus etwa Leistungen oder Meinungen der Schüler ablesen können. Zudem werden die Daten in Deutschlang gespeichert – ein wichtiger Schritt zu mehr technologischer Souveränität. 

Die dritte Ebene betrifft die digitalen Lerninhalte, deren Angebot stetig wächst. Hier schlägt die Stunde der Bundesländer. Als Verantwortliche für die Schulbildung, müssen sie im Rahmen ihrer pädagogischen Zielsetzungen und auf Basis von definierten Qualitätsmerkmalen und Gutachten eine Auswahl für den Unterricht treffen und den Dialog mit den Schulbuchverlagen und anderen Inhalteanbietern suchen, um offene Nutzungs- und Lizenzierungsfragen zu klären. 

Auch brauchen wir gesetzliche Rahmenbedingungen, um digitale Systeme auch ohne aufwändige Einverständniserklärungen nutzen zu können. Momentan brauchen Lehrkräfte, wenn sie interaktive digitale Inhalte im Unterricht datenschutzkonform nutzen wollen, die Einverständniserklärungen der Eltern und nach dem 16. Geburtstag auch die der Schüler – das ist nicht praktikabel. 

Auf der vierten Ebene geht es darum, herauszufinden, wie digitale Bildungsinhalte am besten den Lernprozess der Schüler fördern. Bei welchen Aufgaben und in welchen Konstellationen macht ihr Einsatz den Unterricht lebendiger, wann verbessern sie die Lernleistungen, wann die Freude am Unterricht? Hier geht es um Fragen der Pädagogik und Didaktik, Digitalisierung ist Neuland nicht nur in den Schulen. 

Lehrer müssen im Unterricht eigene Erfahrungen sammeln und diese mit Kollegen und Eltern reflektieren können, die neuen Möglichkeiten nutzen lernen, sich untereinander vernetzen und weiterbilden. Weiterbildungsmaßnahmen in Bezug auf den Einsatz digitaler Medien in den Schulen sind nur dann erfolgreich, wenn sie auf eigenen praktischen Erfahrungen im Unterrichtsgeschehen aufbauen.

Um die Digitalisierung der Schulen in Deutschland voranzubringen, müssen auf allen vier Ebenen Fortschritte erzielt werden. Die Milliardenförderungen aus dem Digitalpakt richtig eingesetzt können einen Aufbruch markieren, aber sie müssen einem vorausschauenden abgestimmten Mitteleinsatz folgen, um unsere Kinder und Jugendlichen auf eine zunehmend digitalisierte Welt vorzubereiten. 

Nur in den Bereich Hardware zu investieren, ohne an die anderen notwendigen Bausteine mitzudenken, wäre ein schwerwiegender Fehler und würde Deutschland trotz des vielen Geldes im internationalen Vergleich weiter zurückfallen lassen. Das dürfen wir uns nicht leisten.

Mehr: Bei der digitalen Ausstattung haben Deutschlands Schulen viel aufzuholen, zeigt eine Umfrage. Doch eine Mehrheit für die nötige Grundgesetzänderung ist nicht gesichert.

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