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GastkommentarHinter Trumps Forderungen steckt auch ein Hilferuf

Die zweite Amtszeit von Donald Trump bedeutet für die deutsche Wirtschaft einige Risiken. Warum die Amerikaner dennoch die Europäer brauchen, erklärt Ökonom Lars Peter Feld. 14.01.2025 - 09:03 Uhr Artikel anhören
Im April 2024 stürzte eine Brücke in Baltimore auf ein Containerschiff: Die Exportwirtschaft der USA hat ein Leistungsbilanzdefizit. Foto: Julia Nikhinson/AP/dpa

Am 20. Januar 2025 findet die Amtsübergabe an Donald Trump statt. Wie sehr wünschte sich die scheidende Bundesregierung im Einklang mit der deutschen Öffentlichkeit einen Sieg der Demokraten. Bis zur allerletzten Minute in der Nacht vom 5. November 2024 hofften deutsche Kommentatoren, dass die Demokratin Kamala Harris noch den Sieg in Pennsylvania als wichtigstem Swing State erringen würde. Trump hatte zu diesem Zeitpunkt längst die Wahl für sich entschieden.

Die deutsche Außenpolitik steht somit vor einem transatlantischen Scherbenhaufen. Das Auswärtige Amt ließ sich nach dem TV-Duell zwischen Harris und Trump dazu hinreißen, in einem Post zu spotten, dass „wir“ keine Katzen und Hunde essen würden. Anstelle strikter Neutralität bei Wahlen des wichtigsten Verbündeten Deutschlands wählte die Bundesregierung die spottende Einmischung.

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Die Eintrübung der transatlantischen Beziehungen ist misslich, nicht zuletzt weil die Sicherheit Deutschlands durch die Vereinigten Staaten garantiert wird. Hinzu kommt die Dominanz geostrategischer Rivalitäten für die außenwirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands: In den vergangenen Jahren verschob sich angesichts der Rivalität des Westens mit China die Dynamik der deutschen Außenwirtschaft in Richtung der USA. Es ist leicht absehbar, dass dieser Trend zunehmen wird – mit oder ohne Trump.

Was kann Deutschland in der zweiten Amtszeit Trumps vernünftigerweise erwarten? Der Hinweis auf die Vernunft ist wichtig, denn Trump wirkt zuweilen erratisch und ist daher schwer einzuschätzen. Gleichwohl werden die USA unter Trump nicht fundamental gegen ihre Interessen verstoßen.

Mischung aus Angebotspolitik und Protektionismus

Wirtschaftspolitisch wird die Trump-Administration eine Kombination aus Angebotspolitik und Protektionismus verfolgen, insbesondere durch Steuersenkungen und Deregulierung sowie durch Zölle und Beschränkungen der Migration. Die Körperschaftsteuer soll auf 15 Prozent sinken; temporäre Entlastungen bei der Einkommensteuer aus seiner ersten Amtszeit will Trump verdauern. Elon Musk steht in der neuen Administration für Deregulierung und die Schließung von Bundesbehörden.

Die Gegenfinanzierung der massiven Steuersenkungen auf der Ausgabenseite wird dadurch gleichwohl kaum gelingen. Die Schließung von Bundesbehörden ist nicht so einfach, das voraussichtliche Ende der Subventionen im Zuge des „Inflation Reduction Act“ (IRA) wird nicht ausreichen. Zölle können hier allenfalls ein gewisse, aber keine vollständige Kompensation der Einnahmeeinbußen erzielen.

Die USA brauchen die Europäer, um in der geostrategischen Rivalität mit der chinesisch-russischen Achse bestehen zu können.

Die bereits jetzt hohe Staatsverschuldung in den USA wird somit weiter ansteigen. Dies wird zu einem noch höheren Kapitalimport als heute führen. Diesem verstärkten Kapitalimport steht zwingend ein Leistungsbilanzdefizit in der US-Zahlungsbilanz gegenüber. Zölle ändern daran nichts.

Welche Folgen dies auf den Anleihemärkten hat, wird sich weisen müssen. Heute schon zahlen die USA auf zehnjährige Staatsanleihen einen Zins von fast fünf Prozent und damit fast doppelt so viel wie Deutschland. Höhere Zinsen bergen Risiken für hochverschuldete Staaten.

Für die deutsche Wirtschaft bedeutet diese Politik einerseits, dass es noch attraktiver wird, in den USA zu investieren. Andererseits können höhere Zölle die deutsche Exportwirtschaft schädigen; zumindest werden die höheren Zölle Trumps für Importe aus China dafür sorgen, dass die chinesische Exportwirtschaft stärker auf die europäischen Märkte drängt.

Deregulierung und Freihandel

Die nächste Bundesregierung steht somit vor großen Herausforderungen:

Wenngleich die USA keinerlei Interesse an einem Handelsabkommen mit der EU haben, können beide doch von einem Deal, welcher Art auch immer, profitieren. Der schon unter George W. Bush beginnende Druck auf die Europäer, mehr für ihre Verteidigung zu tun, muss als Hilferuf der USA verstanden werden. Dahinter steht die Einsicht, nicht mehr in der Lage zu sein, als dominante Weltmacht die Pax Americana durchzusetzen.

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Donald Trump hat zwar eine besondere Art, um Hilfe zu rufen. Dennoch: Die USA brauchen die Europäer, um in der geostrategischen Rivalität mit der chinesisch-russischen Achse bestehen zu können. Das sollte den Boden für die Zusammenarbeit mit dem Dealmaker Trump bereiten.

Der Autor:
Lars Peter Feld ist Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg und Direktor des dort ansässigen Walter Eucken Instituts.

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