Gastkommentar: Russland – kein Feindbild für einen kalten Gaskrieg

Der Autor, von 1998 bis 2005 der siebte Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, ist Verwaltungsratsvorsitzender der europäisch-russischen Gaspipeline-Gesellschaften Nord Stream und Nord Stream 2 sowie des russischen Mineralölunternehmens Rosneft.
Die Kosten für Energie ziehen derzeit kräftig an. Ein Verbraucherportal hat errechnet, dass der Erdgaspreis für die Endkunden in Deutschland gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozent gestiegen ist. Das ist aber noch nichts im Vergleich zu den Kosten für Heizöl (plus 53 Prozent) oder für Diesel und Benzin (plus 26 Prozent). In anderen europäischen Staaten ist die Lage ähnlich, wenngleich sich in Großbritannien sogar ein dramatischeres Bild zeigt. Dort haben auch Faktoren, die mit dem Brexit zu tun haben, eine Wirkung.
Auch wenn der Erdgaspreis im Vergleich zu anderen Energieträgern eher moderat angestiegen ist, hat er eine politische Diskussion ausgelöst. Der Schuldige für den Preisanstieg ist für manche Medien, aber auch für einige im politischen Bereich schnell gefunden: der russische Präsident Wladimir Putin. Er drehe den Gashahn zu, daher müssten wir Europäer einen kalten Winter fürchten. Dass dies mit der Realität nichts zu tun hat, scheint nicht zu interessieren.





