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GastkommentarGeneration Z floppt in der Arbeitswelt

Unternehmen klagen über anspruchsvolle junge Mitarbeiter. Sie sollten besser auf die über 45-Jährigen setzen – die sind krisengestählt und leistungsbereit, meint Susanne Nickel. 13.06.2023 - 16:16 Uhr
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Susanne Nickel ist Managementberaterin und begleitet Unternehmen in Transformationsprozessen.

Foto: imago images, PR [M]

Unter der Weltrettung machen sie es nicht. Denn die Wohlstandskinder der Generation Z fühlen sich zu Höherem geboren. Die Jahrgänge von 1995 bis 2009 schonen die Umwelt, essen vegan oder vegetarisch und damit vermeintlich gesünder – und auch zur Arbeit haben sie in erster Linie einen moralischen Bezug.

„Kaum jemand von den Jüngeren will mehr führen“, klagte mir die HR-Chefin eines Unternehmens mit 24.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ihr Leid. Der Vorstand einer der vier größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften der Welt berichtete: „Trotz unseres Namens finden wir zu wenige Leute, weil es den Z-lern wichtig ist, unter dem Lebensmotto ‚Malle für alle‘ unabhängig von überall arbeiten zu können.“ Und nur dann, wann es beliebt.

„Ohne Purpose mache ich nichts“, höre ich oft von den Jungen. Oder: „Ich will in meinem Job keinen Chef, sondern einen Coach.“ Und immer wieder unterschreiben die Z-ler Arbeitsverträge, ohne jemals am Arbeitsplatz zu erscheinen, oder werfen bei der ersten Herausforderung hin.

Das mag klingen wie eine Kaskade von Vorurteilen, aufgeschrieben von einer gefrusteten Angehörigen der Generation X. Tatsächlich ist es Alltag in Unternehmen, in denen unter 30-Jährige Teil des Teams sind.

Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber? Langfristige Perspektive? Dankbarkeit, dass das Unternehmen in mich investiert? Gilt alles nicht mehr für die Generation Z, wie auch die Generationenauswertung des Job-Netzwerks Xing ergeben hat. Fast jede und jeder Zweite der unter 30-Jährigen ist danach offen für einen Jobwechsel.

Generation Z: Offen für Jobwechsel

Der Arbeitskräftemangel wird diesen illoyalen Trend verschärfen: Neben aktuell zwei Millionen offenen Stellen droht nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bis zum Jahr 2035 wegen des demografischen Wandels der Verlust von weiteren sieben Millionen Jobs.

Prädikat: jung, dynamisch und meist sehr anspruchsvoll. Mit einem Arbeitsverständnis, das beim „Ich“ und nicht beim „Wir“ ansetzt.

Die Babyboomer verabschieden sich in die Rente, und die Unternehmen umwerben vorzugsweise die Generation Z, obwohl sie längst wissen, was ihnen blüht. Prädikat: jung, dynamisch und meist sehr anspruchsvoll. Mit einem Arbeitsverständnis, das beim „Ich“ und nicht beim „Wir“ ansetzt.

Doch ist die Fokussierung auf eine Generation, die ständig mit dem Gedanken des Jobwechsels beschäftigt ist, weil das Gehalt als zu niedrig oder das Stresslevel als zu hoch empfunden wird, eine gute Strategie bei der Besetzung offener Stellen? Ganz klar nein!

Generation Z hat ein top digitales Wissen, aber floppt bei Soft Skills

„Top Digital Skills“, aber „Flop Soft Skills“: So die Erfahrung vieler Personalchefs mit der Generation Z. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. Doch die Mehrheit tickt so.

>> Lesen Sie auch: Wie die Generation Z wirklich tickt – fünf Grafiken erklären es

Es sind in der Regel die X-ler, ohne die nichts geht in den Unternehmen. Klingt heroisch, ist aber so. Denn irgendjemand muss die Verantwortung ja übernehmen, die besonders in Krisenzeiten mit klaren Ansagen und Extraschleifen versehen ist.

Disziplin und die Anpassung an Regeln ist für Z-ler ein Affront. Für X-ler ist das normal. Meine Generation der Jahrgänge 1965 bis 1979 hat Mangel kennengelernt und Umbrüche: Rezession, Mauerfall, hohe Arbeitslosenquote, Digitalisierung. Wir haben gelernt, erst etwas zu leisten und danach nach einem höheren Gehalt zu fragen. Heute ist es umgekehrt.

Ob meine täglichen Erfahrungen als Managementberaterin einer wissenschaftlichen Untersuchung standhalten, wollte ich genauer wissen. Nach der Lektüre und Analyse von mehr als 60 internationalen Studien zur Generation X weiß ich: X-ler zeichnen sich im Gegensatz zu Z-lern durch eine hohe Bewältigungsstrategie und Krisentoleranz aus.

Die Generation X ist besonders geeignet, zwischen Alt und Jung zu vermitteln

Mehr noch: Sie sind einerseits beruflich geprägt durch die Babyboomer, andererseits teilen sie mit den Jüngeren ihre Berufs- und Lebensentwürfe. Sie lernten bei den Boomern Ausdauer, Durchhaltevermögen, Leistungsorientierung und Resilienz – und sind langjährig erfahren im Job. Gleichzeitig teilen sie mit den Jüngeren den Wunsch nach Autonomie und Freiraum für Kreativität, Familienfreundlichkeit sowie Wertschätzung ihrer persönlichen Kompetenzen.

Wenn wir vor den Z-lern weiterhin buckeln, bekommen wir ein gesamtwirtschaftliches Problem.

Ein Set von Eigenschaften, das im Wandel vom Alten zum Neuen und im Zuge einer krisengeschüttelten und teilweise sogar disruptiven Wirtschaft von Mitarbeitenden sowie Führungskräften dringend benötigt wird. Ich bin überzeugt: Die Generation X ist besonders dafür geeignet, zwischen Jung und Alt zu vermitteln.

Trotzdem fällt sie im Karrierekarussell der Unternehmen unter den Radar zugunsten der Jüngeren – der Mangelware. Der Wert der Älteren rückt zwar medial in den Fokus, Personaler laden aber weiterhin eher Z-ler als Menschen im Alter von 45 plus zum Vorstellungsgespräch ein.

Daher mein Appell an alle Personalchefs und Unternehmer: Lasst den Worten Taten folgen. „Stell dich auf Gen Z ein oder stell dein Unternehmen ein“, fordert ein bekanntes Sprachrohr der Z-ler selbstbewusst. Ich bin überzeugt: Wenn wir vor den Z-lern weiterhin buckeln, bekommen wir ein gesamtwirtschaftliches Problem.

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Die Autorin: Susanne Nickel ist Managementberaterin und begleitet Unternehmen in Transformationsprozessen.

Mehr: Feindbild gesucht und gefunden: Die Generation Z

Erstpublikation: 23.05.2023, 09:59 Uhr.

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