Gastkommentar: Warum jetzt der beste Zeitpunkt ist, um in Europa zu gründen

Europa hat die Grundlagen vieler technologischer Revolutionen gelegt – jetzt gilt es, diesen Anspruch zurückzuerobern und wieder in Führung zu gehen. Was es braucht: ein neues Mindset. Offenheit für das Neue. Mut zur Veränderung. Und den Willen, Forschung in Wirkung zu verwandeln. Ein Plädoyer für Europa als Gründungsstandort mit globaler Relevanz.
Spricht man über Künstliche Intelligenz, fallen Namen wie Sam Altman (CEO Open AI), Elon Musk (CEO Tesla und SpaceX) oder Jensen Huang (CEO Nvidia).
Kaum jemand erwähnt Jürgen Schmidhuber (wissenschaftlicher Direktor des Schweizer KI-Forschungslabors IDSIA), Yann LeCun (Chefwissenschaftler bei Meta) oder Sepp Hochreiter (Leiter des Instituts für Machine Learning in Linz). Alle drei sind Architekten der modernen KI, vielfach zitiert, selten gefeiert. Was alle eint: Sie stammen aus Europa.
Europa war nie bloß Zaungast technologischer Transformation. Es war vielfach deren Ursprung. Was fehlte, war nie die Idee – sondern der Drang zur Skalierung. Was Europäer hervorgebracht haben, wurde andernorts monetarisiert. Diese Dynamik muss enden. Nicht aus Trotz, sondern aus Notwendigkeit.
Wir haben bewusst nicht im Silicon Valley gegründet
Wir haben Black Forest, einen Anbieter von KI-Bildgeneration im vergangenen Jahr ganz bewusst nicht im Silicon Valley gegründet, sondern im Schwarzwald. Nicht aus lokalem Stolz, sondern weil Europa etwas bietet, das anderswo rar geworden ist: offene Forschung, freie Meinungsäußerung, verlässliche Institutionen.
Für Gründerinnen und Gründer im Deeptech-Bereich und darüber hinaus sind das keine Randbedingungen, sondern ein essentieller Standortfaktor. Ohne diesen geschützten Raum wären einige unserer Entwicklungen nicht möglich gewesen.
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Technologische Innovation braucht Widerspruch, kritisches Denken – und Vertrauen in Systeme. Genau das finden wir in Europa. Ein Möglichkeitsraum, der Forschergeist mit Verantwortung verbindet. Ein wirtschaftlicher Standortvorteil, den Europa selbst oft unterschätzt.
Technologie ist kein Selbstzweck. Sie ist geopolitisches Terrain. Wer nicht selbst entwickelt, verliert Gestaltungshoheit. Gerade im Bereich KI – der transformativsten Technologie unserer Zeit – braucht es eigene Modelle, Datenräume, Infrastruktur. Kurzum: Unabhängigkeit. Der politische Wille dazu ist in Europa inzwischen erwacht. Das Ausruhen auf der Vergangenheit: vorbei. Endlich.
Europa stellt jetzt Milliarden für Technologie bereit
Die Mär vom unterfinanzierten Europa gilt nicht mehr. Milliarden fließen in Digitalisierung, Infrastruktur, Deeptech. Was lange fehlte, entsteht jetzt: Rechenleistung, Übersetzung zwischen Forschung und Kommerz, Strukturen, die bleiben.
Was spürbar wird, ist ein neues Momentum. Ein Drang, sich ins Neue zu stürzen. Eine Generation, die gestalten will, nicht nur verwalten. Dieses neue unternehmerische Selbstverständnis braucht Rückenwind: Vertrauen vor Vorschriften. Tempo statt Trägheit. Skalierung statt Skepsis.
Die Technology Experience Convention Heilbronn (TECH) ist die neue Zukunfts-Konferenz von Handelsblatt und Schwarz Digits. Vom 25. bis 27. Mai 2025 kommen in Heilbronn Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Technologie zusammen. Sie können alle Inhalte auch live im Stream verfolgen: Blue Stage: Zum Livestream | Purple Stage: Zum Livestream
Wie eingangs erwähnt, tragen die bedeutendsten Technologien unserer Zeit europäische Handschrift – das Web, moderne KI, Open-Source-Infrastruktur. Doch zu oft überlassen wir anderen das Übersetzen in Produkte, Unternehmen, Wirkung.
Das muss sich ändern. Wir brauchen ein neues Narrativ: Forschung ist Anfang, nicht Ende. Wertschöpfung ist Teil des Fortschritts – auch, wenn sie nicht ausschließlich in Europa stattfindet. Monetarisierung ist kein Makel, sondern die Basis für wirtschaftlichen Erfolg.
Von Freiburg bis San Francisco
Unsere Gründung im Schwarzwald war kein Zufall. Hier entstand die Idee, hier lebt ein Großteil des Teams, hier ist Fokus statt Hype. Unser Denken ist europäisch. Und unser Herz auch. Das ist kein Pathos, sondern Pragmatismus.
Doch weder wir als Firma noch wir Europäer sind ein gallisches Dorf. Wir schlagen Brücken – zu Talenten, zu Märkten, zu Partnern weltweit. Unsere Teams sind international aufgestellt, unser Büro in San Francisco stärkt die Präsenz in den USA und schafft Nähe zu Kundinnen, Kunden und Kapital. Nicht als Kompromiss, sondern als Teil unseres Modells.
Fazit: Es gibt keinen besseren Zeitpunkt, in Europa zu gründen, als jetzt. Nicht, weil alles perfekt ist – sondern weil der Druck, es besser zu machen, endlich neue Energie freisetzt. Werte, Kapital, Infrastruktur, Talente: All das ist jetzt da. Nun liegt es an uns, mehr daraus zu machen.






Wir sind auf dem Weg ins Neue. Wer kommt mit?
Robin Rombach und Andreas Blattmann sind Mitgründer des Freiburger KI-Labors Black Forest Labs.
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