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Gastkommentar Wie Nerds den Kulturwandel in den Banken voranbringen können

Viele Finanzinstitute haben Nachholbedarf bei der Digitalisierung. Das kann sich rächen. Lasst Nerds und ihre Begeisterung für Technologie ins Management, fordert Ulrich Coenen.
25.03.2021 - 11:41 Uhr Kommentieren
Ulrich Coenen ist Mitglied des Vorstands (CDO) der Fiducia & GAD IT AG, des IT-Dienstleisters der Genossenschaftlichen Finanzgruppe. Quelle: Pavel Becker [M]
Der Autor

Ulrich Coenen ist Mitglied des Vorstands (CDO) der Fiducia & GAD IT AG, des IT-Dienstleisters der Genossenschaftlichen Finanzgruppe.

(Foto: Pavel Becker [M])

Nerd. Ein Begriff, der es schon vor vielen Jahren über den großen Teich zu uns geschafft hat. In unserem Sprachgebrauch heute eher wohlwollend bis positiv belegt als Bezeichnung für Menschen, die sich einem Thema – häufig einem technologischen – mit Leidenschaft und Grips verschreiben.

Während sich so mancher unter einem Nerd noch den klischeehaften übergewichtigen und blassen Dauercomputerspieler vorstellt, haben insbesondere die Amerikaner dieses Bild längst hinter sich gelassen. Gerade durch die Start-up- und Tech-Szene hat der Nerd eine unheimliche Aufwertung zum heimlichen Superhelden erfahren, weil er oft das Herzstück eines aufregenden Geschäftsmodells baut: zum Beispiel die coole App oder das spannende neue Gadget. Nerds sind cool, weil sie mit Technologie die Welt verändern.

Aber wie steht es um den Nerd im Banking? In den Start-ups der Finanzszene haben sie seit einigen Jahren Hochkonjunktur. Und markieren damit einen wesentlichen Unterschied zu klassischen Banken und Versicherungen: Der Nerd und die Technologie stehen im Mittelpunkt.

Immer wieder hören wir in den letzten Jahren von großen Unternehmen, nicht zuletzt Banken, dass sie sich zu Tech-Konzernen wandeln wollen: Aus eigener Erfahrung würde ich behaupten, dass es den Handelnden jedoch oft an Konsequenz in der Konzeption und vor allem Umsetzung von digitalen Strategien mangelt.

Das mündet dann meist in unzureichende Investitionsbereitschaft. Schlimmer noch: Die Erkenntnis dämmert bei vielen erst, wenn die Spielräume für Investitionen angesichts von Ertragsschwäche und Kostendruck schon längst zu eng geworden sind.

Wahr ist aber auch: Das Momentum der Transformation hat trotz aller Widrigkeiten inzwischen deutlich zugenommen. Dabei beobachte ich drei Kernstrategien, die, richtig kombiniert, den Weg weisen können.

Erstens: Transformation des Kerngeschäfts als Priorität

Natürlich macht es Spaß, neue Geschäftsmodelle auf der grünen Wiese zu erfinden. Da kann man befreit vom Mühlstein der viel gescholtenen Altsysteme mit zeitgemäßen Werkzeugen und kreativen Köpfen Ideen in die Tat umsetzen. Jedes Unternehmen ist aber gut beraten, die Reise beim Kern der heutigen Wertschöpfung zu beginnen – zusammen mit einer schonungslosen Standortbestimmung zu Unternehmenskultur und Veränderungsfähigkeit.

Dieser Weg wird sich auszahlen: Im bestehenden Geschäftsmodell steckt ja eben nicht nur Ballast, sondern auch viel Bewahrenswertes, das den Erfolg der Vergangenheit ermöglicht hat. Allein der Wert der bestehenden Kundenbeziehungen wird oft völlig unterschätzt.

Wichtigster Beleg für die Richtigkeit dieser These gerade auch in meiner Branche: Bankkunden in Deutschland wünschen sich ausdrücklich mehr (sinnvolle!) Ansprache durch ihre Bank. Welche andere Branche hat dieses Luxusproblem?

Um diesen Wert zu heben, braucht es den Umbau hin zu einer Echtzeit-IT, den Einsatz von Analysesoftware und Künstlicher Intelligenz sowie den Aufbau eigener Fähigkeiten im Bereich Interaktionsdesign. Das ist nur leistbar mit einer ordentlichen Portion von Nerds mit genau diesen Fähigkeiten und der Leidenschaft, diese im Dienst des Kunden einzusetzen.

Zweitens: Kundenzentrierung ist ein Handwerk, keine Kunstform

Es ist großartig, dass Design Thinking, Co-Creation und agile Arbeitsformen inzwischen als Hilfsmittel für die Ausrichtung am Kunden ihren Weg in die Breite der Unternehmen finden. Nicht selten fallen aber nach einmaliger Beschäftigung alle wieder zurück in die gelernten Muster. Zu stark ist oft die erlernte Denkweise, die das Produkt in den Mittelpunkt stellt und eben nicht den Kunden.

Der einzige Ausweg: Wie bei jeder handwerklichen Fertigkeit braucht es eine neue Lehrzeit, in der wir alle noch mal zu Azubis werden müssen. Die Rolle des Meisters kann dann zum Beispiel der Scrum Master übernehmen. Und auch Nerds spielen im Lernprozess eine wichtige Rolle.

So erfordert etwa die Beobachtung von Kundenverhalten eine effiziente Auswertung möglichst vieler Datenpunkte in der digitalen und persönlichen Kundenreise. Und wenn ich anhand der gewonnenen Erkenntnisse schnell auf Kundenbedürfnisse reagieren will, dann geht das nur mit zeitgemäßen digitalen Fähigkeiten für alle Kanäle – mit noch mehr Nerds also.

Drittens: Nerds gehören ins Management

Worauf es ankommt, ist der Aufbau breiter Technologie- und Digitalkompetenz in den Führungsmannschaften auf allen Ebenen. Der Nerd mit seiner Begeisterung für Technologie und ihre Möglichkeiten muss im Herzen des Bankgeschäfts ankommen.

Und mit ihm der Kultur- und Sinneswandel, der diese Begeisterung auch dauerhaft in der gesamten Mannschaft verankert. Nicht als Selbstzweck, sondern im Dienst des Kunden und zur erfolgreichen Neudefinition des eigenen Geschäftsmodells.

Mehr: Welche Unternehmen sich 2021 an die Börse wagen

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