Expertenrat – Klaus Hansen: In der Coronakrise brauchen Unternehmen eine straffe Führung

Viele Unternehmen befinden sich wegen der Pandemie im Krisenmodus.
Jeder, der noch in den „Genuss“ der Wehrpflicht gekommen ist, wird sich an die schier unzähligen Stunden mit sturem Drill an der Waffe, am Gerät oder beim Packen eines kiloschweren Rucksacks erinnern. Was seinerzeit nervte und oftmals unsinnig erschien, folgte einem einzigen Zweck: Nur was regelmäßig geübt wird, klappt auch unter Stress und unter widrigen Umständen.
Gar mancher wird sich dieser Tage wünschen, er hätte das Thema Pandemie ein wenig ernster genommen und sein Unternehmen frühzeitig einem entsprechenden Stresstest unterzogen. Was bei der Abwehr von Terror- und Cyberangriffen schon länger recht gut funktioniert, ist für den Pandemiefall in den meisten Unternehmen nicht oder nur vage durchexerziert worden.
Während es im Falle eines Stromausfalls, eines Zusammenbruchs der IT oder des Abbrennens der Lagerhalle vor allem um den Fortbestand des laufenden Geschäfts geht, sieht sich im Coronafall jeder Mitarbeiter unmittelbar selbst bedroht, was der ganzen Situation neben der wirtschaftlichen noch eine viel schwerer zu beherrschende, psychologische Komponente beifügt.
Diese Situation stellt an jede Führungskraft hohe Anforderungen. Gemeinhin gilt ja: „Führung ist ein Schlechtwetter-Job“ – so formulierte es einst Peter Drucker, der Pionier modernen Managements.
Gerade Krisenzeiten erfordern von den Managern wirkliche Führungsstärke. Konkret bedeutet das: das Führen durch persönliche Autorität mit Betonung auf beide Wörter. Irrtümlicherweise wird das heutzutage gern übersehen und teilweise sogar als „überholt“ betrachtet.
Im Krisenfall mit einer unübersichtlichen Lage ist eine visible, spürbare und unmissverständliche Führung wichtiger denn je. Während in Zeiten agiler Methoden, flacher Hierarchien und des kollegialen Du ein direktiver Führungsstil ziemlich aus der Mode gekommen ist, wird man bei der Umstellung des Unternehmens auf den Krisenmodus mit kollegialen Gesprächen und Partizipation nicht zum Ziel kommen.
„Lieber eine falsche als gar keine Entscheidung“
Gerade wenn im Unternehmen für den Pandemiefall keine detaillierten Regeln und Verfahren existieren, und das dürfte für die meisten Unternehmen gelten, ist eine straffe Führung mit klaren Ansagen das einzig richtige Instrument.
Denn es müssen schnell Entscheidungen getroffen und besorgte und teilweise verstörte Mitarbeiter zum Handeln bewegt werden. Es ist keinem geholfen, wenn die Unsicherheit regiert und die innere Distanz der Mitarbeiter wächst.
Menschen unter Stress oder in Not brauchen klare Handlungsanweisungen und das Gefühl, dass „der Mann auf der Brücke“ die Lage im Griff hat, selbst wenn er sie nicht hat. Das erfordert aber an der Unternehmensspitze Persönlichkeiten, die dazu auch in der Lage sind und bei aller Freude an konsensorientierter Partizipation Klartext sprechen, sich auch nicht durch Bedenkenträger in den eigenen Reihen beirren lassen und den Mut dazu haben, auch möglicherweise falsche Entscheidungen zu treffen.
Oder wie es in der Führungslehre des Militärs heißt: „Lieber eine falsche als gar keine Entscheidung.“ Man sollte also zu den einmal getroffenen Maßnahmen stehen – selbst wenn diese für einige Mitarbeiter negative Auswirkungen haben.
Es bietet sich daher an, in der Ausbildung und Auswahl der Führungsnachwuchskräfte darauf zu achten, dass die Kandidaten nicht nur in Situationen des alltäglichen Lebens mit den sogenannten modernen Managementmethoden umzugehen verstehen, sondern auch mit einem hohen Maß an persönlicher Autorität ausgestattet sind, der sich andere in kritischen Momenten automatisch und freiwillig unterordnen.
Dazu bedarf es krisenfester Charaktere, die sich nicht wegducken, wenn es mal schwierig wird, sondern auch „im Sturm“ aufrecht stehen. Menschen, bei denen die Persönlichkeit den Unterschied macht. Echte Kapitäne eben und keine Rudergänger.


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