Prüfers Kolumne Effektiver arbeiten mit Koffein – das gilt auch für Insekten

Tillmann Prüfer ist Mitglied der Chefredaktion des „Zeit-Magazins“.
Ich habe gelesen, dass Hummeln besser arbeiten, wenn sie Kaffee konsumieren. Das ist offenbar ein wissenschaftliches Faktum. Forscher des Natural Resources Institute der Greenwich-Universität in Großbritannien haben den Hummeln ein Gemisch aus Koffein, Zucker und einem bestimmten Blütenduft verabreicht – und den Hummeln gelang es, effektiver bestimmte Blüten anzusteuern und zu befruchten.
Ich kann das verstehen. Ich selbst trinke auch morgens ein Gemisch aus Koffein, Zucker und Milch, was mich überhaupt erst befähigt, irgendetwas Präzises zu tun. Über Felder fliegen und Blüten bestäuben ist leider nicht dabei.
Kaffee wird im Allgemeinen die Fähigkeit nachgesagt, dass er hilft, sich besser zu fokussieren und komplexe Sachverhalte besser zu erinnern. Die ganze Menschheit kann nur wegen Kaffee existieren, warum nicht auch Hummeln? Aber warum sollen Hummeln eigentlich effektiver arbeiten? Sie werden von Bauern eingesetzt, um bestimmte Agrarkulturen, etwa Erdbeerfelder, zu bestäuben. Man nennt das Bestäubungsmanagement.
Nun haben die eingesetzten Hummeln aber häufig das Problem, dass sie sich bei ihrem Job, dem Fliegen von Blüte zu Blüte, von Wildblumen ablenken lassen. Gibt man ihnen Koffein, das mit dem Duft einer bestimmten Blüte, etwa der Erdbeere, versetzt ist, dann klappt es mit dem Bestäuben anschließend besser.
Andererseits kann man verstehen, dass Hummeln abgelenkt werden, wenn sie mal eine Wildblume sehen, es gibt ja immer weniger davon. Die Agrarindustrie hat durch ihre Felderwirtschaft dafür gesorgt, dass viele Arten massiv zurückgehen. Um die Artenvielfalt zu erhalten, werden jetzt an vielen Stellen sogenannte Insektenhotels errichtet. Denn wenn man Insekten richtig gut behandelt, dann hat man auch etwas davon. Auch die Wirtschaft.
Gerade neulich las ich eine Meldung, dass die Bienen, die am Hamburger Flughafen leben – es gibt dort tatsächlich fünf Bienenvölker –, dieses Jahr schon etwa 100 Kilo Honig gesammelt haben. Das erscheint mir gar nicht wenig. Aber es zeigt, wie viel Sinn es macht, sich in unübersichtlichen Zeiten vielseitig aufzustellen.
Der Hamburger Flughafen bietet nämlich nicht nur Flugzeuge, sondern auch eine der größten zusammenhängenden Grünflächen der Stadt. Und auch wenn wegen der Pandemie weniger Flugzeuge starten, dann doch umso mehr Insekten. Man will nun dort vermehrt Nistmöglichkeiten für Hummeln und Wildbienen bieten.
Der Berliner Flughafen hingegen schreibt weiterhin Verluste. Hätte man es wie in Hamburg gemacht und auf Wiesen und Bienen gesetzt, dann könnte man jetzt wenigstens Gewinne beim Honig vermelden. Vielleicht sollte man erst einmal ein paar Insektenhotels aufstellen – mit Kaffee beim Einchecken.
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