Prüfers Kolumne Unternehmen sollten das Thema Schlaf ernst nehmen

Tillmann Prüfer ist Mitglied der Chefredaktion des „ZEIT“-Magazins.
Ich habe gelesen, dass in Deutschland ein Viertel der Menschen schlecht schläft. Dabei ist Schlafen wohl das Wichtigste im Leben. Es gibt mittlerweile eine ziemlich umfassende Schlafindustrie. Mit allem Möglichen will man den Konsumenten besser ins Bett bringen.
Ein Kopfhörerhersteller hat ein Gerät im Angebot, das man sich wie einen Stöpsel ins Ohr stecken kann und das anschließend die Ohren mit dem eingespielten Sound von Meeresrauschen oder raschelndem Laub füllt.
Wer mag, kann alternativ auch dem Rauschen rotierender Windkraftwerksflügel lauschen. Es gibt viele gute Tipps, wie man gut ins Bett kommt. Man soll zeitig und stets zur selben Zeit in die Federn und den Raum kühl und gut belüftet halten.
Am Tage soll man regelmäßig Sport treiben – aber nicht direkt vor dem Zu-Bett-Gehen. Und natürlich soll man bloß keinen Alkohol trinken vor dem Schlafen, denn damit schlummert man zwar schneller ein, der Schlaf an sich ist jedoch weniger erholsam.
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Selbstredend kann man gar nicht genug schlafen. Man sollte Bananen oder grünes Blattgemüse zu sich genommen haben, das soll zur Muskelentspannung beitragen. Es kann auch hilfreich sein, wenn man proteinreich gegessen hat, etwas mit Nüssen oder Tofu. Das alles jedoch nicht zu kurz vor dem Zu-Bett-Gehen, denn dies wiederum führt dazu, dass einem die zu rege Verdauung den Schlaf verdirbt.
Wenn man das Schlafen also richtig ernst nimmt, muss man sich den ganzen Tag darauf vorbereiten. Und natürlich soll man im Bett nicht mehr auf dem Smartphone lesen. Denn das blaue Licht gibt dem Gehirn angeblich das Gefühl, es sei heller Tag, und das Gehirn schüttet dann Serotonin aus.
Es kann angeblich auch helfen, bestimmte Atemübungen zu machen. Zuletzt gibt es noch einen Tipp, den Karl Lagerfeld der Welt mit auf den Weg gibt: Es müsse einem die ganze Welt einfach völlig egal sein: „Dann schlafen Sie nachts sehr gut.“ Ärzte raten, sich keinen Wecker zu stellen. Ein Wecker unterbreche schließlich den heilsamen Schlaf. Stattdessen solle man schlafen, bis man von selbst aufwacht.
Eine internationale Studie ergab, dass in Deutschland pro Jahr 48,54 Milliarden Euro Schaden durch Schlafmangel entstehen. Arbeitnehmer, die pünktlich, aber unausgeschlafen zum Dienst erscheinen, sollten also wieder nach Hause geschickt werden.
Schließlich ist es auch ein Anliegen der Wirtschaft, dass die Leute richtig schlafen. Ich wundere mich, dass es noch keine Betriebsschlafprogramme gibt. Schlafen während der Arbeitszeit könnte die Wirtschaftsleistung doch beträchtlich nach oben bringen.
Das einzige Problem beim Schlafen ist, dass man währenddessen nicht gut arbeiten kann. Das nutzen manche aus. Ein Manager hat mir einmal sein Erfolgsrezept erzählt. Er stehe jeden Tag eine Stunde früher auf. Damit sei er pro Woche fast einen Arbeitstag vor der Konkurrenz. Pro Monat vier Arbeitstage. Im Jahr 48 Arbeitstage. Damit sei er dann mehr als zwei Arbeitsmonate vor den Wettbewerbern. Deshalb schlafe die Konkurrenz schlecht.
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