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Gastkommentar – Global ChallengesWie China und Russland die Weltmeere für ihr Machstreben nutzen

China folgt im Südchinesischen Meer einem ähnlichen Muster wie Russland in der Ostsee. Nötig ist, die regelbasierte Ordnung auch auf See aktiv zu verteidigen, fordert Daniela Braun. 09.10.2025 - 15:17 Uhr Artikel anhören
Foto: PR, Picture Allliance [M]

Fast 10.000 Kilometer trennen die Ostsee und das Südchinesische Meer, auf den ersten Blick gibt es nur wenige Gemeinsamkeiten. Doch beide Meere haben in den vergangenen Jahren eine deutliche Zunahme von militärischen Aktionen erlebt, was in erster Linie auf das wachsende sicherheitspolitische Machtstreben Russlands und Chinas dort zurückzuführen ist.

Beide Staaten versuchen, ihren Einfluss auszubauen – teils durch gezielte Provokationen, teils durch verdeckte oder hybride Maßnahmen –, was wiederum Gegenreaktionen seitens der betroffenen Staaten und ihrer Partner auslöst. Durch sogenannte Grauzonentaktiken, Maßnahmen unterhalb der militärischen Eskalation, versuchen Peking und Moskau, ihre Gegner einzuschüchtern und ihre Interessen durchzusetzen.

Das Meer als Machtfaktor

Dass die Weltmeere wieder zum zentralen Schauplatz von geopolitischem Machtstreben und Rivalität geworden sind, hat mit ihrer herausragenden wirtschaftlichen Bedeutung für den Welthandel, aber auch mit militärstrategischen Zugängen zu tun.

Viele Staaten haben daher begonnen, erheblich in ihre militärischen maritimen Fähigkeiten zu investieren. In Asien findet derzeit der größte Marineaufbau seit dem Zweiten Weltkrieg statt. China ist mittlerweile zur größten Seestreitkraft der Welt aufgestiegen – seine Verteidigungswirtschaft läuft sieben Tage die Woche, 24 Stunden im Drei-Schicht-Betrieb.

Die Philippinen erleben seit Jahren ganz konkret, was das aggressive maritime Expansionsstreben Chinas bedeutet: die Besetzung und der Ausbau von Riffen und Atollen, das Blockieren und Rammen philippinischer Versorgungsschiffe und Fischerboote, der Einsatz von Wasserwerfern und Lasern sowie Überwachungs- und Einschüchterungsversuche durch die sogenannte maritime Miliz Chinas.

» Lesen Sie auch: Peking erhebt Anspruch auf Riff im Südchinesischen Meer

Peking verfolgt dabei eine mehrdimensionale Strategie, um seine Ansprüche im Südchinesischen Meer durchzusetzen – nicht durch offenen Krieg, sondern durch eine gezielte Kombination aus politischem, wirtschaftlichem und paramilitärischem Druck.

Russland verfolgt ein ganz ähnliches Muster: Durch militärische Präsenz, hybride Taktiken und gezielte Destabilisierung versucht der Kreml seinen Einfluss im Ostseeraum auszubauen. In diesem Zusammenhang kommt es vermehrt zu Sabotageaktionen oder versuchter Sabotage gegen Pipelines und Unterseekabel, ein wachsendes Problem, mit dem inzwischen auch Taiwan auf der anderen Seite der Welt konfrontiert ist.

Zudem setzt Russland auf eine „Schattenflotte“ – zivile Schiffe, die zum Teil mit Aufklärungs- und Spionagetechnik ausgerüstet sind. Ihr Einsatzmuster erinnert deutlich an die chinesische maritime Miliz und unterstreicht, wie sehr sich die taktischen Ansätze beider Staaten ähneln. Das ist kein Zufall.

Russisch-chinesischer Schulterschluss

Die militärische Kooperation zwischen China und Russland hat sich in den vergangenen Jahren deutlich intensiviert. Seit 2012 halten die beiden Länder mit „Joint Sea“ ein gemeinsames Marinemanöver ab. 2017 fand die Marineübung das erste – und bisher einzige – Mal im Nato-Kerngebiet in der Ostsee statt.

Diese gemeinsamen Marineübungen sind sehr komplex und legen nahe, dass die beiden Flotten abgestimmte Taktiken und Verfahren verfolgen. Peking ist außerdem regelmäßig bei anderen russischen Großmanövern wie „Sapad“ oder „Wostok“ dabei.

Diese Entwicklungen sollten nicht isoliert, sondern in einem größeren sicherheitspolitischen Zusammenhang betrachtet werden. Es geht darum, globale Muster maritimer Machtprojektion zu erkennen, auch in anderen strategischen maritimen Räumen.

Ein aktueller Vorfall unterstreicht die Relevanz: Der Einsatz eines chinesischen Militärlasers gegen ein deutsches Aufklärungsflugzeug über dem Roten Meer Anfang Juli zeigt die wachsende Risikodynamik in maritimen Räumen und verdeutlicht, wie wichtig eine systematische Beobachtung, Bewertung und Beantwortung dieser Grauzonentaktiken ist.

Weltweite Reaktion stärken

Dabei darf es nicht bei einer rein analytischen Beobachtung bleiben. Entscheidend ist, den strukturierten Austausch mit Partnern, die von ähnlichen Herausforderungen betroffen sind, wie zum Beispiel die Philippinen oder Australien, zu intensivieren, um gemeinsame Lagebilder zu entwickeln und bewährte Reaktionsmuster abzugleichen.

Darüber hinaus sollten regelmäßig gemeinsame Übungen stattfinden mit dem Ziel, Entscheidungsfindung, Krisenkommunikation, operative Zusammenarbeit und gemeinsame Handlungsfähigkeit unter realitätsnahen Bedingungen zu stärken. Auch sollten völkerrechtliche Normen und Regeln überprüft und gegebenenfalls weiterentwickelt werden, um den Schutz kritischer maritimer Infrastrukturen systematisch zu erfassen.

Die parallelen Entwicklungen in Ostsee, Südchinesischem Meer und anderen maritimen Räumen zeigen: Autoritäre Staaten nutzen das Meer gezielt zur Machtausübung. Umso wichtiger ist es, internationale Kooperation zu stärken und die regelbasierte Ordnung auch auf See aktiv zu verteidigen.

Verwandte Themen China Russland NATO

Die Autorin: Daniela Braun ist Leiterin des Auslandsbüros Philippinen der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Mehr: „Russland testet zu einem frühen Zeitpunkt“: So ernst nehmen Militär-Experten Putins Provokationen

Erstpublikation: 09.10.2025, 11:15 Uhr.

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