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GastkommentarChinas Taiwan-Strategie – Ziel ist ein Machtwechsel bei der Wahl

Ein Angriff der Volksrepublik auf Taiwan wäre nicht so einfach. Daher will China Einfluss auf die nächsten Wahlen nehmen. Wie die Chancen dafür stehen, bewertet Mathieu Duchâtel. 15.05.2025 - 10:18 Uhr Artikel anhören
Der Autor Mathieu Duchâtel ist Direktor für internationale Studien bei der Denkfabrik Institut Montaigne. Foto: Privat, Uncredited/Taiwan_Coast Guard/TAIWAN PRESIDENTIAL OFFICE via AP/dpa

Häufigkeit und Intensität der chinesischen Militäraktivitäten rund um Taiwan sind geradezu atemberaubend. Der Oberbefehlshaber des US-Kommandos für den Indopazifik, Admiral Samuel Paparo, warnte kürzlich den Kongress, dass „Chinas zunehmend aggressive Aktionen in der Nähe von Taiwan nicht nur Übungen sind – sie sind Generalproben“.

Doch ein politischer Zusammenschluss durch militärische Gewalt birgt auch viele Risiken und Unwägbarkeiten.

Ukraine dient als Warnung

Die gravierende Fehleinschätzung des Kremls beim Angriff auf die Ukraine – die Unterschätzung der Entschlossenheit des ukrainischen Volkes und die Verstrickung in einen zermürbenden Abnutzungskrieg – dient als deutliche Warnung.

Wenn China ähnlich katastrophale Fehlannahmen vermeiden will, stehen seine Geheimdienste vor einer komplexen Herausforderung. Sie müssen den politischen Willen und die gesellschaftliche Widerstandsfähigkeit der Taiwanesen verstehen.

Denn trotz der militärischen Überlegenheit der Volksbefreiungsarmee könnte Taiwan – ähnlich wie die Ukraine – einem modernen Blitzkrieg durchaus widerstehen.

Selbst wenn Taiwan den größten Teil seiner Marine und Luftwaffe verlöre und seine Kommandoinfrastruktur schwer beschädigt wäre, könnte es noch gegenhalten. Dank seiner Luftabwehrsysteme und seiner Angriffsmöglichkeiten gegen Ziele auf See wäre es weiterhin in der Lage, eine robuste Verteidigung aufzubauen.

Kolumne „Global Challenges“
Die Idee

Damit könnte es einer Invasionsstreitmacht erhebliche Verluste zufügen und verhindern, dass China die Luftüberlegenheit und die Kontrolle über die Taiwanstraße gewinnt.

USA sprechen intern von „Bedrohung“

Während noch viel Ungewissheit darüber besteht, wie die jetzige Regierung von Donald Trump gegenüber China vorgehen wird, deuten erste Anzeichen aus dem Verteidigungsministerium darauf hin, dass die Abschreckung in der Taiwanstraße weiterhin oberste Priorität hat.

In einem durchgesickerten Memorandum von Verteidigungsminister Pete Hegseth wird Chinas Streben, sich die Insel einzuverleiben, sogar als „einzige Bedrohung“ für die Neuausrichtung der Abschreckungsstrategie der USA bezeichnet.

Eines ist klar: Die militärischen Aktivitäten Chinas um Taiwan werden sich noch verstärken. Im schlimmsten Fall könnte Peking in den kommenden Jahren bewusst eine militärische Krise auslösen – eine kalkulierte Konfrontation mit einer Ausstiegsstrategie, die eine Eskalation zu einem umfassenden Krieg verhindern soll.

Ein Angriff ist unter drei Bedingungen denkbar

Damit Peking einen solchen Schritt geht, müssten wahrscheinlich drei Bedingungen erfüllt sein.

    Erstens müsste China die Schuld eindeutig dem taiwanesischen Präsidenten Lai Ching-te geben können und ihn als Quelle der Instabilität darstellen.Zweitens müsste Peking davon ausgehen, dass die Krise das Vertrauen der taiwanesischen Bevölkerung untergräbt und Forderungen nach einer milderen Haltung in den Beziehungen zwischen beiden Seiten der Taiwanstraße laut werden.Drittens würde China versuchen, das Vertrauen in die Verpflichtungen der USA zu erschüttern und nach Zögern oder Schwäche in der Reaktion Washingtons suchen.

Doch Chinas Strategie hat noch eine zweite Dimension. Durch verschiedene Methoden der Einflussnahme will es die Eliten für sich einnehmen, die öffentliche Meinung formen und Spaltungen in Taiwans Bevölkerung fördern. Das Ziel: eine Niederlage der regierenden Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2028.

» Lesen Sie auch: Der Indo-Pazifik ist der eigentliche Kern von Trumps Außenpolitik

Peking sieht hier bereits Erfolge. Zwar sicherte sich Präsident Lai Ching-te 2024 eine dritte Amtszeit, doch seine Partei verlor ihre Mehrheit im Parlament und steht nun in einem polarisierten Umfeld vor gewaltigen Herausforderungen.

China hat eine aggressive Kampagne gestartet, um die persönliche Glaubwürdigkeit von Lai zu untergraben. Er wird als radikaler Befürworter der Unabhängigkeit dargestellt.

Dabei spielt es keine Rolle, dass seine Ansichten weitgehend mit der Meinung der Mehrheit der Bevölkerung übereinstimmen oder dass er gewählt wurde, um den Status quo aufrechtzuerhalten. Pekings Ziel ist es, ihn sowohl gegenüber der taiwanesischen Öffentlichkeit als auch gegenüber der internationalen Gemeinschaft als Ursache für die zunehmenden Spannungen darzustellen.

Alles hängt von Trump ab

Gleichzeitig setzt China darauf, dass die unstetige Politik der Trump-Regierung in Taiwan Zweifel an der Verlässlichkeit der USA sät. Wenn Washingtons Handelspolitik unter dem Motto „America first“ als schädlich für Taiwans Wirtschaft angesehen wird, dann könnten, so hofft Peking, die Bürger einer stärkeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten der Taiwanstraße positiver gegenüberstehen.

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Sollte Peking eine Chance sehen, einen Keil zwischen Washington und Taipeh zu treiben, wird es diese nutzen. Sollte die politische Allianz zwischen den USA und Taiwan jedoch unbeschadet fortbestehen, wird die Volksrepublik bis zu den Wahlen 2028 seinen politischen und militärischen Druck gegen Taiwan intensivieren.

Der Autor: Mathieu Duchâtel ist Direktor für internationale Studien bei der Denkfabrik Institut Montaigne.

Mehr: Warum Taiwan nicht das gleiche Schicksal wie der Ukraine droht

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