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GastkommentarDer Trump’sche Frieden in der Ukraine hätte hohe Kosten

Statt hart über die Bedingungen für einen Frieden zu verhandeln, gibt Trump Putin, was er will. Das könnte unter anderem den US-Dollar schwächen, warnt der Ökonom Gene Frieda. 13.03.2025 - 04:18 Uhr Artikel anhören
Der Autor: Gene Frieda ist ehemaliger Global Strategist bei Pimco und derzeit Visiting Fellow an der London School of Economics. Foto: REUTERS

Am Ende des Ersten Weltkriegs schrieb John Maynard Keynes in „Die wirtschaftlichen Folgen des Friedens“, dass der Fokus der Delegierten in Versailles auf kurzfristigen politischen Überlegungen – darunter der Wunsch, Deutschland für seine Aggression zu „bestrafen“ – auf Kosten der langfristigen sozialen und politischen Stabilität in Europa gehen würde. An diese Warnung sollte man sich heute erinnern.

Die Regierung von US-Präsident Donald Trump scheint auf dem besten Weg zu sein, bei den Verhandlungen über ein Abkommen zur Beendigung des Ukrainekriegs einen ähnlichen Fehler zu begehen – nur dass diesmal nicht der Angreifer, sondern das Opfer bestraft werden soll.

Die Vereinigten Staaten verfügen aufgrund ihrer umfangreichen militärischen und finanziellen Unterstützung für die Ukraine sowie ihrer zentralen Rolle in der Nato über genügend Druckmittel, um Russland an den Verhandlungstisch zu zwingen.

Eine Rücknahme der Sanktionen würde die Wiederaufrüstung Russlands erleichtern

Doch statt sich auf zähe Diskussionen einzulassen, die darauf abzielen, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Zugeständnisse abzuringen, scheint Trump sich für den Weg des geringsten Widerstands entschieden zu haben: nämlich Putin alles zu geben, was er will.

Dazu würde vermutlich eine Vereinbarung gehören, die Ukraine aus der Nato herauszuhalten, sowie möglicherweise auch die Rücknahme von Sicherheitsgarantien für die baltischen Staaten. Auch die Lockerung der Wirtschaftssanktionen als eine Art Zuckerbrot, das den Frieden in der Ukraine „garantieren“ soll, würde darunter fallen.

Das könnte jedoch den gegenteiligen Effekt haben. Eine Rücknahme der Sanktionen würde die Wiederaufrüstung Russlands erleichtern und möglicherweise die Rückkehr des Landes zu Aggression und Destabilisierung beschleunigen.

Ukraine-Krieg

Russland hofft auf Zugeständnisse Trumps – US-Delegation auf dem Weg nach Moskau

Aus Trumps Sicht ist das ein Problem Europas. Die Welt wäre wieder in Einflusssphären aufgeteilt, sodass die europäischen Demokratien – inklusive einer fragmentierten Europäischen Union – mit Russland um die regionale Führung konkurrieren müssten.

„America first“ wäre der sichere Tod der Ukraine

Und tatsächlich würde jede Friedensmission nach dem Ende eines Konflikts nur aus europäischen Truppen bestehen. Diese Logik ist jedoch genauso zutiefst fehlgeleitet wie die des Versailler Vertrags und würde wohl ähnlich verheerende Auswirkungen haben, angefangen mit der Zerstörung der ukrainischen Souveränität und der Destabilisierung Europas.

Für die Ukraine würde ein Rückzug der USA hinter die hohen Mauern der Trump’schen „America first“-Agenda den sicheren Tod bedeuten. Russland müsste möglicherweise nicht einmal auf militärische Maßnahmen zurückgreifen, um das Land de facto unter seine Kontrolle zu bringen. Allein mit Desinformationskampagnen ließe sich die Legitimität der Behörden aushöhlen.

Der Rest Europas würde wohl vor der wenig beneidenswerten Wahl stehen, entweder immer mehr Ressourcen für die Verteidigung bereitzustellen oder in Lösungen für andere existenzielle Herausforderungen wie den Klimawandel und die Alterung der Gesellschaft zu investieren.

» Lesen Sie auch: Europa braucht eine Allianz jenseits der USA – auch gegen sie

Angesichts unterschiedlicher Vorstellungen über europäische Sicherheit würde die Einheit der EU auf eine beispiellose Probe gestellt werden – sogar noch mehr als in den 2010er-Jahren, als die Euro-Zone aufgrund wirtschaftlicher Fragmentierung beinahe zerbrochen wäre.

Angesichts des fehlenden Wachstumspotenzials Europas oder einer visionären politischen Führung könnten sich einige EU-Länder einem von Russland und China gestützten eurasischen Block anschließen, der billige Energie, billige Waren und einen alternativen Open-Source-Technologiestandard in Aussicht stellt. In jedem Fall scheinen die Tage einer einzigen integrierten Weltwirtschaft gezählt zu sein.

Der US-Dollar profitiert von den Sicherheitsgarantien der USA

Der ukrainische Frieden, den die Trump-Administration wohl schließen wird, könnte auch zu einer Zersplitterung des internationalen Finanzsystems führen. Sicherheitsgarantien bilden seit Langem eine Säule der Dominanz des US-Dollars – und des „exorbitanten Privilegs“, das die USA dadurch genießen.

Deshalb untermauerte die russische Invasion in der Ukraine im Jahr 2022, in deren Folge die Unterstützung für die Nato zunahm und die Sicherheitsgarantien für Taiwan gestärkt wurden, die Führungsrolle des Dollars.

Amerikas Abkehr von der Ukraine und der Nato in Verbindung mit der Aufhebung der Sanktionen gegen Russland hätten den gegenteiligen Effekt und würden private und offizielle Investoren dazu motivieren, nach Alternativen zum Dollar zu suchen. Trumps Entscheidung für Handelszölle würde diesen Trend verstärken, da sie das Vertrauen in die USA aushöhlen und die Wachstumsaussichten Amerikas verschlechtern würde.

Eine schwächere Nachfrage nach Dollar-Anlagen hätte höhere Kreditkosten für die US-Regierung und amerikanische Unternehmen zur Folge. Die daraus resultierende Wachstumsbremse könnte die amerikanische Führung dazu veranlassen, ihre fehlgeleitete protektionistische Politik zu verstärken und den Druck auf die US-Notenbank zu erhöhen, dem Wachstum Vorrang vor der Preisstabilität einzuräumen.

Verwandte Themen Ukraine Donald Trump USA Russland NATO US-Dollar

Wie zu Keynes’ Zeiten in Großbritannien würde die negative Rückkopplung zwischen höheren Haushaltsdefiziten, steigenden Kreditkosten und schwächerem Wachstum den Anreiz für Investoren verstärken, sich nach Alternativen zum Dollar umzusehen. Da Europa durch Instabilität geschwächt wäre, dürfte China der Hauptnutznießer dieser Bemühungen sein.

Der Autor: Gene Frieda ist ehemaliger Global Strategist bei Pimco und derzeit Visiting Fellow an der London School of Economics.

Mehr: Investor Ray Dalio – „Die USA könnten in etwa drei Jahren pleite sein“

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