1. Startseite
  2. Meinung
  3. Global Challenges
  4. Gastkommentar – Global Challenges: Im EU-Parlament fällt die Brandmauer gegen rechts still und leise

Gastkommentar – Global ChallengesIm EU-Parlament fällt die Brandmauer gegen rechts still und leise

Erster Test ist die wichtige Anhörung der neuen EU-Kommissare. Sie dürfte dieses Mal nicht nur inhaltlich, sondern auch parteipolitisch getrieben sein. Das ist gefährlich, warnt Sophia Russack. 31.10.2024 - 12:33 Uhr Artikel anhören
Die Autorin Sophia Russack ist Analystin der Denkfabrik Centre for European Policy Studies (CEPS) in Brüssel. Foto: IMAGO/Peter Widmann, PR

Die CDU in Deutschland hält eine Brandmauer gegen die AfD aufrecht. Auf europäischer Ebene bahnen sich dagegen ohne großes Aufsehen Kooperationen zwischen Konservativen und Rechtsextremen an. Dies wird sich bereits bei den am 4. November beginnenden Anhörungen der designierten EU-Kommissare und Kommissarinnen im EU-Parlament zeigen. Statt einer kritischen Befragung, um die Kandidaten auf Herz und Nieren zu prüfen, zeichnet sich ab, dass diesmal die Parteipolitik dominieren wird.

Das ist gefährlich, weil damit die Gefahr wächst, dass nicht mehr die bestmöglichen Kandidaten für die einflussreichen Kommissarposten ausgewählt werden und zudem die Kontrollfunktion des Parlaments geschwächt wird.

Die EVP scheint bereit für Bündnisse mit den Rechtsextremen

Grund dafür sind die neuen Mehrheitsverhältnisse im EU-Parlament: Nach der Europawahl vom vergangenen Juni bleibt die konservative Parteifamilie EVP im Europäischen Parlament die dominante Kraft, kann aber nun Mehrheiten sowohl auf der linken als auch auf der rechten Seite des politischen Spektrums organisieren, denn erstmals haben die linken Parteien keine Mehrheit mehr.

Während in der letzten Legislaturperiode die meisten Entscheidungen von den Mitteparteien EVP, Sozialdemokraten und Liberalen getragen wurden, finden sich in dieser Legislaturperiode auch am rechten Rand mögliche Partner für die EVP. Und es sieht so aus, als wolle sie diese Bündnisse auch eingehen.

Die Anhörung der Kommissare ist weit mehr als eine Formalität

Die designierten Kommissare werden ab der kommenden Woche in den jeweiligen Fachausschüssen des Parlaments ihre Pläne und Prioritäten vorstellen und beantworten anschließend die Fragen der Parlamentarier.

Ziel dieses Verfahrens ist es zu prüfen, ob die Kandidatinnen und Kandidaten fachlich kompetent und unabhängig genug sind, um die Posten zu besetzen. Das ist weit mehr als eine Formalität: In der Vergangenheit wurden nach den Anhörungen im EU-Parlament immer wieder Ressortzuschnitte verändert oder Kandidaten ausgetauscht. Bei der letzten Anhörung 2019 fielen drei designierte EU-Kommissare durch.

Traditionell unterstützen die Parteien ihre eigenen Kandidaten und stellen bei den Anhörungen der anderen Kandidaten härtere Fragen. Doch diesmal scheinen vor allem die Parteien der politischen Mitte bereit zu sein, sich gegenseitig zu schonen, um sicherzustellen, dass ihre eigenen Kandidaten durchkommen.

Die EVP stimmte bereits für einen Antrag der AfD

Mit ihrer neuen Mehrheit dominiert die EVP auch entscheidende Faktoren wie die Auswahl der beteiligten Ausschüsse und die Reihenfolge der Anhörungen. Sie stellt 14 der 26 designierten Kommissare. Um diese möglichst unbeschadet durch die Anhörungen zu bringen, lässt sie zum Beispiel die vermutlich wichtigste Sozialdemokratin Teresa Ribera als Letzte anhören.

Damit will sie verhindern, dass die Sozialdemokraten bei den vorherigen Anhörungen der 14 EVP-Kommissare zu hart fragen aus Angst, dass ihnen dasselbe bei ihrer wichtigsten Kandidatin ganz am Schluss ebenfalls passiert.

» Lesen Sie auch: Es ist zu früh, Giorgia Meloni ein demokratisches Gütesiegel auszustellen

Für diese Strategie braucht sie allerdings die Unterstützung der extremen Rechten. Dazu gehören im EU-Parlament drei Parteien: die nationalkonservative EKR (Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer), die durch Melonis gemäßigten EU-Kurs weitgehend akzeptiert wird; die „Patrioten“ für Europa mit den Parteien von Marine Le Pen und Victor Orbán sowie die ESN (Europa der Souveränen Nationen), in der die AfD federführend ist.

Programmatisch gibt es zwischen den beiden letztgenannten kaum Unterschiede. Sie wurden bisher von allen anderen Fraktionen im Europäischen Parlament für Bündnisse gemieden. Doch das könnte sich nun ändern. Erste Hinweise für diese Entwicklung gab es bereits. Bei einer Abstimmung in der vergangenen Woche stimmte die EVP – einschließlich Teilen der CDU/CSU – erstmals für einen Antrag der AfD.

Verwandte Themen AfD Europawahl Europäische Union EU-Kommission

Die Autorin:

Sophia Russack ist Analystin der Denkfabrik Centre for European Policy Studies (CEPS) in Brüssel.

Mehr: Mehr Frauen, eine umstrittene Personalie: Das sind von der Leyens wichtigste Wirtschaftskommissare

Mehr zum Thema
Unsere Partner
Anzeige
remind.me
Jetziges Strom-/Gaspreistief nutzen, bevor die Preise wieder steigen
Anzeige
Homeday
Immobilienbewertung von Homeday - kostenlos, unverbindlich & schnell
Anzeige
IT Boltwise
Fachmagazin in Deutschland mit Fokus auf Künstliche Intelligenz und Robotik
Anzeige
Presseportal
Direkt hier lesen!
Anzeige
STELLENMARKT
Mit unserem Karriere-Portal den Traumjob finden
Anzeige
Expertentesten.de
Produktvergleich - schnell zum besten Produkt