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Gastkommentar – Global ChallengesUSA investieren in seltene Erden, Europa reguliert und verliert

Uncle Sam verzahnt Rohstoffförderung mit Sicherheitspolitik und schafft Fakten. Europa kommt nur mühsam hinterher und bleibt weiter erpressbar, kritisieren Dennis Bastian und Jakob Kullik. 17.10.2025 - 11:58 Uhr Artikel anhören
Dennis Bastian (r.) ist Geologe bei der Deutschen Rohstoffagentur in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Jakob Kullik ist Politikwissenschaftler an der Technischen Universität Chemnitz. Foto: Ren Junchuan/Xinhua via ZUMA Wire/dpa, Privat (2)

Europa und die USA erleben gerade, wie verletzlich die globalen Rohstoff-Lieferketten sind. Chinas Exportkontrollen – von Gallium über Grafit bis hin zu seltenen Erden und Magneten – haben zu ausbleibenden Lieferungen und deutlich gestiegenen Preisen außerhalb Chinas geführt.

Für die Unternehmen bedeutet das kurzfristige Umplanungen, knappere Margen – und im Extremfall Produktionspausen. Hinter dieser Entwicklung steht ein geopolitischer Befund: Rohstoffe sind nicht mehr nur Handelsgut, sondern Hebel wirtschaftlicher und sicherheitspolitischer Macht.

Wie erbittert dieses Machtspiel inzwischen geführt wird, zeigt der eskalierende Handelsstreit zwischen den USA und China. Peking führte im April 2025 Exportkontrollen für sieben Seltene-Erden-Elemente sowie bestimmte Magnetprodukte ein. Im Oktober wurde die Liste um fünf weitere Elemente erweitert und Auflagen rund um Magnet- und Aufbereitungstechnologien verschärft.

Parallel nahm China hochleistungsfähige Lithium-Ionen-Batterien und Teile der zugehörigen Fertigungstechnologien in die Ausfuhrkontrolle auf. Diese Schritte fallen zeitlich mit neuen US-Zöllen zusammen und spiegeln die sicherheitspolitische Aufladung des Rohstoffthemas wider.

Doch die USA wurden schon viel früher und jenseits von Zöllen vor allem bei rüstungsrelevanten Rohstoffen wie bestimmten seltenen Erden und daraus gefertigten Magneten aktiv.

Bereits im Jahr 2019 wurde das US-Verteidigungsministerium (heute Kriegsministerium) beauftragt, für ausreichend Fertigungskapazitäten zur Herstellung von Permanentmagneten in den USA zu sorgen. Das Verteidigungsministerium stellte dafür finanzielle Mittel bereit. Diese haben sich bis zum Jahr 2024 auf über 440 Millionen US-Dollar aufsummiert.

Kolumne „Global Challenges“
Die Idee

Doch damit nicht genug. Im Juli dieses Jahres wurde bekannt, dass sich das US-Verteidigungsministerium an dem Seltenerden-Unternehmen MP Materials mit 400 Millionen Dollar beteiligt. MP betreibt mit Mountain Pass das einzige Bergwerk für seltene Erden in den USA.

Uncle Sam investiert und schafft Fakten

Mit dem frischen Geld des Ministeriums will das Unternehmen die Förderung und die Weiterverarbeitung von seltenen Erden in den USA ausbauen. Zusätzlich soll das Geld genutzt werden, um eine neue Produktionsanlage für Seltenerdmagneten aufzubauen.

Die Beteiligung des Staates an MP Materials könnte als Blaupause für ähnliche Engagements dienen. Das dafür benötigte Geld ist vorhanden.

Allein durch den kürzlich verabschiedeten One Big Beautiful Bill stellen die USA 9,5 Milliarden Dollar für die Rohstoffsicherung bereit. Im Fokus stehen Rohstoffe, die für Verteidigung, Energiegewinnung und Hightech-Anwendungen unverzichtbar sind.

» Lesen Sie auch: Seltene Erden – Endlich wehrt sich der Westen gegen China

Bringt man die derzeitige US-Rohstoffpolitik auf einen Nenner, so ergibt sich folgende Gleichung: Bodenschätze plus Steuergeld plus Sicherheitspolitik gleich verbesserte Rohstoffversorgung. Oder in Trumps Worten: „Make resource security great again!“ Uncle Sam investiert und schafft Fakten.

Und Europa? Auch hier wurde das strategische Grundproblem einer vollends von China abhängigen und damit politisch erpressbaren Versorgungslage erkannt. Brüssel hat seit letztem Jahr mit dem EU Critical Raw Materials Act eine neue Rahmenordnung und darin ehrgeizige Versorgungsziele bis 2030 formuliert.

Auch eine Bevorratung für kritische Rohstoffe wurde in einer neuen Stockpile-Strategie benannt. Brüssel stellt sich auf den Ernstfall weiterhin ausbleibender Rohstofflieferungen aus China ein.

Aus der einst zaghaften EU-Strategie von 2008 scheint eine neue zu erwachsen, die den geopolitischen Realitäten stärker Rechnung trägt. Eine neue Dreieinigkeit schimmert am Horizont: europäische Rohstoffsicherheit plus Verteidigungsbereitschaft plus (offene) strategische Autonomie.

Europa druckt Strategiepapiere und Gesetze

Doch der wesentliche Unterschied zu den USA ist, dass auf dem alten Kontinent bislang hauptsächlich Strategiepapiere und Gesetze gedruckt werden, während Uncle Sam die Bagger rollen lässt und ein US-amerikanisches Ökosystem von der Mine bis zum Magneten frei von China errichtet.

„Dig, baby, dig!“ lautet das Motto in den USA. In Europa gibt es gar kein Motto, denn die politische Kakophonie unter den Mitgliedstaaten erschwert eine einheitliche Geo-Rohstoffstrategie. Und wenn es ein Motto gäbe, dann wohl am ehesten der Ausspruch: Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen.

Bevor in Europa ein Vorratslager für strategische Rohstoffe steht, die Wirtschaft weniger von chinesischen seltenen Erden abhängt und der Verteidigungssektor weiß, wie lange er bei gestörten Lieferketten noch produzieren kann, sind die derzeitige EU-Kommission und die deutsche Bundesregierung längst nicht mehr im Amt.

Doch gerade jetzt müssen Weichen gestellt und Grundlagen geschaffen werden, damit in einigen Jahren dasselbe Problem nicht von Neuem entdeckt wird. Auch wenn die USA von Trump regiert werden, in puncto Rohstoffsicherheit kann man durchaus etwas von Uncle Sam lernen.

Die Autoren:
Dennis Bastian ist Geologe bei der Deutschen Rohstoffagentur in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe.
Jakob Kullik ist Politikwissenschaftler an der Technischen Universität Chemnitz.

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Mehr: In Deutschland hängen eine Million Jobs von seltenen Erden ab

Erstpublikation: 16.10.2025, 09:36 Uhr.

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