Gastkommentar „Homo oeconomicus“: Die EZB zerstört die Inflationsbremse

Hans-Werner Sinn ist Professor für Nationalökonomie an der Uni München und ehemaliger Präsident des Ifo-Instituts.
Kann man wirklich gefahrlos aus der Druckerpresse leben, wie es die Vertreter der Modern Monetary Theory (MMT) meinen. Kann man es dann den Staaten überlassen, das viele Geld durch Steuererhöhungen wieder einzusammeln, sollte es eine Inflation geben?
Der Chefökonom des Handelsblatts, Bert Rürup, scheint dies zu glauben. Die traditionelle Ökonomie, die einen solchen Optimismus für unbegründet hält, bezichtigt er der „Eselei“. Sie werde von der Realität der Notenbanken überholt.
Führende Ökonomen der Welt wie Kenneth Rogoff oder Lawrence Summers sehen das freilich ganz anders. Sie nennen die MMT „modernen monetären Unsinn“ oder „Voodoo-Ökonomik unserer Zeit“. Tatsächlich steht das von der MMT beschriebene Verhalten nicht nur im offenen Widerspruch zum Vertrag von Maastricht, sondern auch zu der Beobachtung, dass die Staaten der Euro-Zone stets mehr Schulden gemacht haben, als sie durften.
Dass sie das aus den Druckerpressen des Euro-Systems entliehene Geld jemals wieder zurückgeben würden, um mit steigenden Zinsen eine Inflation zu bekämpfen, die ja den Realwert ihrer Schulden auf angenehme Weise dezimieren würde, ist eine Illusion, die sich mit empirischen Erfahrungen nicht deckt. Die Position der traditionellen Ökonomie seit Keynes ist ganz anders, als Rürup sie karikiert.





