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Gastkommentar – Homo oeconomicusFür einen fairen Wettbewerb bedarf es einer Paketsteuer

Lebendige Innenstädte sind wichtig für die Gemeinschaft. Online-Plattformen wie Amazon zerstören sie, warnt der Professor für Steuerlehre Dirk Löhr. 27.01.2021 - 12:17 Uhr Artikel anhören

Der Onlinehändler profitiert von der Infrastruktur, meint Dirk Löhr.

Foto: dpa

Lebendige, funktionierende Innenstädte sind wichtig für die Gemeinschaft. Sie ziehen Menschen an, sorgen für Begegnung und sichern die Nahversorgung. Doch viele Innenstädte kranken, ihre Vitalität und Funktionalität leiden.

Virtuelle Marktplätze ersetzen zunehmend physische, und Corona beschleunigt diesen Trend. Dieser betrifft vor allem Städte mit weniger zentralörtlichen Funktionen – entgegen einer weitverbreiteten Hoffnung scheint sich die Digitalisierung eher als ein Risiko denn eine Chance für die Peripherie zu entpuppen.

Zwar haben viele stationäre Einzelhändler die Zeichen der Zeit erkannt und in digitale Vertriebskanäle investiert. Ihre Online-Vertriebskanäle stärken das stationäre Angebot, sie ersetzen es aber nicht. Zudem trägt der stationäre Einzelhandel über Steuern und Arbeitsplätze zur Aufwertung des öffentlichen Gutes „Innenstadt“ bei.

Ganz anders die führenden E-Commerce-Plattformen. Die Aufwertung der Amazon-Aktie und die Entwertung der Innenstädte sind zwei Seiten derselben Medaille. Doch beschädigen Amazon und Co. nicht nur das öffentliche Gut „Innenstadt“; sie nutzen zudem ausgiebig öffentlich finanzierte Infrastrukturen. Der Finanzierungsbeitrag der Onlineplattformen ist dabei eher homöopathisch.

Strukturwandel ja – aber bitte nicht parasitär. Denn marktwirtschaftlicher Wettbewerb verträgt sich nicht mit Steuerprivilegien. Vor allem ist Marktwirtschaft nicht die Abwesenheit von Regeln.

Paketsteuer kann für mehr Wettbewerbsgleichheit sorgen

Einer ihrer Grundsätze lautet: Wer den Nutzen hat, muss die Kosten tragen. Ansonsten ist Marktversagen nicht weit. Dies gilt auch für die Beschädigung öffentlicher Güter. Erst die Rückführung von Kosten auf ihre Verursacher setzt die Leitplanken für eine funktionierende Marktwirtschaft. Dies ist übrigens auch ein wesentlicher Sinn von Umweltabgaben.

Dirk Löhr ist Professor für Steuerlehre und Ökologische Ökonomik an der Hochschule Trier.

Foto: Handelsblatt

Vor dem Weihnachtsfest wartete die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag mit einer Überraschung auf: dem Vorschlag zur Einführung einer Paketsteuer. Diese soll als „Lex Amazon“ vor allem die Versandhandelsaktivitäten der großen E-Commerce-Plattformen verteuern. Zudem sollen Mittel mobilisiert werden, um die Innenstädte zu stärken. Vom sozialdemokratischen Koalitionspartner wurde in dieselbe Richtung gedacht.

Eine solche „Paketsteuer“ sollte den Verbraucher mit den „wahren Kosten“ seiner Vertriebswegewahl belasten. Dementsprechend ist sie auf Überwälzung angelegt. Genau wie Umweltabgaben würde eine Paketsteuer für mehr Wettbewerbsgleichheit sorgen.

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Allerdings darf das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet, sinnvoller Strukturwandel ausgebremst werden: Die Paketsteuer sollte nicht die Investitionen des stationären Einzelhandels in digitale Vertriebskanäle belasten und daher erst ab einer großzügig bemessenen Schwelle einsetzen.

Eine als Verbrauchsteuer ausgestaltete Paketsteuer ersetzt allerdings nicht die bislang größtenteils ausstehende Besteuerung der Erträge der Internetgiganten. Und: Steuerpolitik kann zwar für mehr Fairness im Wettbewerb sorgen, nicht aber Wettbewerbspolitik ersetzen.

Mehr: Der Rekordumsatz im Coronajahr zeigt, wie tief die Handelswelt gespalten ist

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