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Gastkommentar – Homo oeconomicusLuxusstrategien führen zur Gentrifizierung der Wirtschaft

Die Konzentration der Einkommen macht die oberen Marktsegmente immer attraktiver, zulasten der Bedienung der Massenbedürfnisse, beklagt Jens Beckert. 03.04.2023 - 11:00 Uhr Artikel anhören

Immer mehr Menschen geben Geld für die Luxusprodukte des LVMH-Konzerns aus.

Foto: Reuters

Mit Champagner und edlen Handtaschen lässt sich immer mehr Geld verdienen. Das hat Bernard Arnault zum derzeit reichsten Mann der Welt gemacht. Das Vermögen des Chefs des französischen Luxusmarkenimperiums LVMH wurde 2022 auf 158 Milliarden Dollar taxiert. Damit lief er den Tech-Unternehmern Jeff Bezos und Elon Musk den Rang ab.

Als Mercedes im Februar seine Geschäftszahlen für das letzte Jahr bekannt gab, verkündete Konzernchef Ola Källenius nicht nur eines der besten Ergebnisse der Firmengeschichte, sondern auch, dass der Durchschnittspreis pro verkauftem Fahrzeug von 51.000 Euro im Jahr 2019 auf fast 73.000 Euro im letzten Jahr gestiegen ist.

Schon vor einem Jahr hatte Mercedes das Aus für die A-Klasse verkündet. Mercedes will sich als Luxusmarke positionieren.

Stehen die beiden Beispiele für etwas Allgemeineres? Erleben wir eine Gentrifizierung der Wirtschaft, den Übergang zu einer Wirtschaft, die vor allem den Begüterten dient?

Premiumstrategien von Unternehmen sind nicht neu. Sie sind attraktiv, weil die Gewinnmargen im oberen Marktsegment höher sind als im Massenmarkt. Heute weiten sich diese Strategien jedoch aus. Warum?

Die Wirtschaft wird gentrifiziert

Einen Hinweis geben die seit der Pandemie gestörten Lieferketten, die immer wieder die Vorprodukte knapp werden lassen, und fehlende Arbeitskräfte. Wenn sich schon nicht die gesamte Nachfrage befriedigen lässt, konzentrieren sich die Unternehmen auf die Herstellung der Produkte, die ihnen den höchsten Gewinn versprechen. Doch es gibt auch eine tiefer liegende Ursache für die Gentrifizierung der Wirtschaft.

Während der letzten Jahrzehnte konnten die obersten sozialen Schichten ihr Einkommen und ihr Vermögen erheblich ausweiten. Die Einkommenszuwächse bei den unteren sozialen Schichten fielen hingegen gering aus und über nennenswerte Vermögen verfügt ohnehin nur die obere Hälfte der Gesellschaft, zeigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft.

Es gibt also eine Verschiebung der Kaufkraft zu den Wohlhabenden. Damit verändert sich der Markt. Denn wer viel Geld hat, kauft fortan nicht die doppelte Menge Sekt, sondern wechselt zu Champagner. Und beim Autokauf will man als Begüterter von Daimler mehr Exklusivität.

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Doch diese „Strategie des roten Teppichs“ hat einen Preis für die Gesellschaft. Zum einen finden weniger kaufkräftige Konsumenten ihre Bedürfnisse vom Marktangebot nicht mehr befriedigt. Beim Erwerb des Massenfahrzeugs müssen lange Lieferzeiten in Kauf genommen werden. In der Economyklasse rücken die Sitze immer enger zusammen, um Platz für die Betten weiter vorn zu schaffen.

Zum anderen trennen sich die Lebenserfahrungen zwischen den hofierten Menschen an der Spitze und dem Rest. Wer im Flugzeug vorn sitzt, weiß gar nicht, wie eng es hinten zugeht. Die Luxusstrategien der Konzerne tragen so zur Polarisierung der Gesellschaft bei.

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