Homo oeconomicus: Deutschlands risikoreicher Kurs in der Klimapolitik

Unter der Ampelregierung hatte die Transformation zur Klimaneutralität höchste Priorität. Bei der schwarz-roten Bundesregierung ist unklar, welche Bedeutung man dem Thema beimisst. Die teilweise unrealistischen Pläne, teilweise plumpen Ungeschicklichkeiten der Ampel wirken anscheinend unvermindert abschreckend.
Dabei gehört zur Wahrheit, dass man den Stillstand der letzten Merkel-Regierung beim Klimaschutz und beim Vollzug der Energiewende überwinden musste. Tatsächlich konnte die Ampel gerade für den Umbau des Energiesystems einiges erreichen. Doch Unklarheit über die Klimapolitik belastet die Investitionsbereitschaft. Genau dieses Risiko geht die Bundesregierung derzeit ein.
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Die EU-Umweltminister haben im Vorlauf zur Weltklimakonferenz COP30 realistische Beschlüsse zum CO₂-Minderungsziel für das Jahr 2040 vereinbart. Bis dahin soll der klimaschädliche CO₂‑Ausstoß im Vergleich zum Jahr 1990 um 90 Prozent vermindert werden. Dass davon bis zu fünf Prozentpunkte durch Klimaschutzprojekte außerhalb der EU erbracht werden können, ist nicht nur pragmatisch, sondern entspricht der globalen Natur des Klimawandels.
Es wird indes darauf ankommen, einen Missbrauch der Anrechenbarkeit zu verhindern. Sollten Wälder und Moore künftig weniger CO₂ binden als bisher erwartet, können die Ziele angepasst werden. Diesen Teil der Beschlüsse könnte man, statt zu klagen, hierzulande zum Anlass nehmen, die CO₂-Abscheidung und -Verwendung (CCS, CCU) in einem umfassenden Kohlenstoffmanagement strategisch zu nutzen.
Unverantwortlich ist der Beschluss der EU-Minister, den Zertifikatehandel 2 für Gebäude und Verkehr (ETS 2) erst ein Jahr später – nämlich 2028 – zu beginnen. Die 2021 in Deutschland begonnene Bepreisung der entsprechenden Emissionen (derzeit 45 Euro je Tonne) läuft dann zwar weiter, doch in Europa sinken die Chancen für einen umfassenden Handel mit CO₂-Zertifikaten, der diese beiden emissionsträchtigen Sektoren einbezieht.
Die Angst vor den Wählern
Die Angst vor den Wählern, die damit erstmals direkt klimapolitisch betroffen werden, dürfte nicht nur in Polen zu Blockaden führen. Auch in Deutschland ist die ordnungspolitische Euphorie, alles über den Zertifikatehandel zu steuern, mit zunehmender Nähe zur Umsetzung geschwunden.
Es fehlt jede kommunikative Vorbereitung durch die Politik. Doch das Thema bedarf der Vermittlung, weil es mit Kaufkraftverlusten der privaten Haushalte verbunden ist. Grundsätzlich sollte die Erkenntnis weit gereift sein, dass der CO₂-Preis allein die klimapolitische Herausforderung nicht bewältigen kann.





Für den Unternehmenssektor (ETS 1) bedarf es umfangreicher Anstrengungen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit sowie einer industriepolitischen Strategie, die ebenso dem Gedanken der Resilienz folgen muss. Für die privaten Haushalte ist eine sozial abfedernde, anreizförderliche Kompensation der Kostenbelastungen geboten. Das Gebäudeenergiegesetz ist dafür grundsätzlich zielgerichteter als ein unkonditioniertes Klimageld.





