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Homo oeconomicusDie EU darf bei den CO2-Kosten keine Vergeltung der Handelspartner provozieren

Die EU-Kommission plant einen Grenzausgleich, der Importe der heimischen CO2-Bepreisung unterwirft. Andere Maßnahmen wären aber besser geeignet. Gabriel Felbermayr 09.07.2020 - 07:56 Uhr

Felbermayr ist Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft.

Foto: Handelsblatt

Europa will bis 2050 CO2-neutral sein, schon 2030 sollen die Emissionen um mindestens ein Viertel unter jenen von 2018 liegen. Um diese Ziele zu erreichen, muss der CO2-Preis von aktuell knapp 27 Euro pro Tonne wohl schnell auf über 100 Euro steigen.

Wichtige Handelspartner teilen die europäischen Klimaambitionen nicht. Aktuell unterliegen nur 20 Prozent der globalen CO2-Emissionen einer Bepreisung. Dieser Umstand erhöht die Kosten des heimischen Klimaschutzes und reduziert seine globale Effektivität: Hohe CO2-Preise führen zu einer Verlagerung energieintensiver Produktion ins Ausland. Im Inland fallen die Emissionen zwar, im Ausland steigen sie aber an. Der Nettoeffekt für das Weltklima ist bestenfalls unklar.

Die Dekarbonisierung der EU darf nicht zu ihrer Deindustrialisierung führen. Daher plant die EU-Kommission einen Grenzausgleich, der Importe der heimischen CO2-Bepreisung unterwirft. Bisher war die deutsche Bundesregierung skeptisch. Beim jüngsten deutsch-französischen Gipfel sprach Frau Merkel allerdings davon, „dass wir eine solche Steuer brauchen”.

Egal ob WTO-rechtskonform oder nicht, die Nachbelastung von Importen kann Vergeltungsmaßnahmen von Handelspartnern provozieren, deren volkswirtschaftliche Kosten in der EU die Vorteile des Grenzausgleichs übersteigen. Noch problematischer ist eine Rückerstattung von CO2-Kosten an europäische Exporteure, die beim geplanten Auslaufen der kostenlosen Zuteilung von Zertifikaten an die energieintensive Industrie nötig wäre.

Besser ist es, den notwendigen Ausgleich nicht durch Grenzmaßnahmen, sondern über heimische Instrumente durchzuführen. Den EU-Produzenten werden nach dem Benchmarkprinzip weiterhin kostenlose Zertifikate zugeteilt, dafür aber wird der CO2-Gehalt aller im Inland verbrauchten Güter, auch der importierten, besteuert. Ohne Eingriff „an der Grenze“ wären die handelspolitischen Risiken kleiner.

Produktspezifische Verbrauchssteuern festlegen

Die umweltökonomische Wirkung wäre indes die gleiche. In beiden Fällen wird nicht die international mobile Produktion besteuert, sondern der weitgehend immobile Konsum. Und weil die EU der weltweit größte Nettoimporteur von CO2 ist, steigt die Reichweite des europäischen Klimaschutzes.

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Beide Modelle leiden darunter, dass die diskriminierungsfreie Ermittlung des CO2-Gehalts, also der Steuerbasis, im Detail schwierig ist. Man sollte daher mit jenen Sektoren starten, wo die Verlagerungsgefahr am höchsten ist. Und man sollte zunächst produktspezifische Verbrauchssteuern festlegen, die für alle Produzenten – in- und ausländische – gleich sind, die bei Vorlage von unternehmensspezifischen Daten aber nach unten angepasst werden können.

Beide Modelle verbessern die Effektivität der EU-Klimapolitik. Sie ändern aber nichts daran, dass der allergrößte Teil der globalen Emissionen ohne Preis verbleibt.

Mehr: Die EU braucht gemeinsame Steuern – nicht nur wegen der Coronakrise, meint Handelsblatt-Autorin Ruth Berschens.

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