Kolumne Homo oeconomicus: Die Bayerische Flächensteuer ist untauglich und regressiv

Ulrich Kriese ist Sprecher für Bau- und Siedlungspolitik des Naturschutzbunds (Nabu) und Mitbegründer der Reforminitiative „Grundsteuer: Zeitgemäß!“. Dieser Beitrag gibt seine persönliche Meinung wieder.
Bayern will die Grundsteuer B ab dem Jahr 2025 als reine Flächensteuer erheben. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat die Staatsregierung vorgestellt. Die Höhe der Steuer bestimmt auch in Zukunft die Gemeinde mit ihrem Hebesatz.
Neu verteilt werden soll die Steuerlast zwischen den Grundstückseigentümern: Der Quadratmeter Gebäudefläche soll im Freistaat künftig mit 50 Cent und der Quadratmeter Grundstücksfläche mit vier Cent bewertet werden. Die Lage soll keine Rolle mehr spielen. Die vier Cent sollen sich für Großgrundbesitz, etwa ein weitläufiges Villengrundstück, sogar auf zwei Cent pro Quadratmeter reduzieren.
Auf einen Rabatt freuen dürfen sich auch Spekulanten und andere Eigentümer, die ein über 10.000 Quadratmeter großes, bebaubares Grundstück unbebaut lassen. Wer hingegen baut, zahlt deutlich mehr. Der Gegensatz zur Bodenwertsteuer Baden-Württembergs könnte größer nicht sein.
Die bayerische Staatsregierung begründet ihre Steuer mit dem Äquivalenzprinzip und begibt sich damit auf sehr dünnes Eis. Das Prinzip besagt, dass für Kosten, die einer Gemeinde für eine bestimmte Leistung entstehen, die davon begünstigte Person oder Gruppe als Gegenleistung eine Gebühr oder einen Beitrag bezahlt.
Steuern kommen da ins Spiel, wo das Äquivalenzprinzip versagt, beispielsweise zur Finanzierung öffentlicher Güter. Eine Steuer als Ausfluss einer wilden Äquivalenzzahlen-Akrobatik, wie Bayern sie vollführt, ist schlicht unzulässig.
Die Flächensteuer lässt sich mit einer Einkommensteuer in Form einer Kopfsteuer vergleichen
Zusammenhänge etwa zwischen Grundstücksgrößen oder Baudichten und Kosten der öffentlichen Infrastruktur sind bekannt und wurden auch in zahlreichen Studien quantifiziert.
Bayern dürfte unter anderem der Nachweis darüber schwerfallen, weshalb Städten und Landgemeinden einheitlich 12,5-mal höhere Kosten aus Gebäuden entstehen sollen als aus den Grundstücken, auf denen die Gebäude erstellt wurden oder werden könnten, noch dazu unabhängig von Lage und Nutzungsart. Die Gewichtung verwundert schon insofern, als viele öffentliche Kosten Vorhaltekosten sind, also unabhängig von der Bebauung anfallen.
Die Flächensteuer lässt sich mit einer Einkommensteuer in Form einer Kopfsteuer vergleichen. Beide verkehren das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ins Gegenteil, und ihr Aufkommenspotenzial wird faktisch begrenzt durch den am wenigsten leistungsfähigen Steuerschuldner. Damit stellt die Flächensteuer auch noch die gemeindliche Ertragshoheit infrage.





Ganz anders die Bodenwertsteuer, sie besteuert die Grundstücke nach objektiver Leistungsfähigkeit und somit gleichheitsgerecht und sichert die Ertragshoheit der Gemeinden. Hessen, Hamburg, Niedersachsen und andere Länder, die auf die Vorlage aus Bayern gewartet haben, sollten sich besinnen.
Mehr noch als über dem Grundsteuermodell des Bundes hängt über der Flächensteuer und darauf aufbauenden Modellen das Damoklesschwert der Verfassungswidrigkeit. Wer die Grundsteuer fair und rechtssicher reformieren will, entscheidet sich für die Bodenwertsteuer.
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