Asia Techonomics: Mit Bitcoins aus der Schuldenfalle: Laos kämpft mit Kryptowährungen gegen den Staatsbankrott

In der wöchentlichen Kolumne schreiben Handelsblatt-Korrespondenten im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in Asien.
Der kommunistisch regierte Einparteienstaat Laos hatte zu Kryptowährungen lange Zeit eine klare Meinung: Die Bevölkerung solle auf jeden Fall die Finger davon lassen, forderte die Finanzaufsicht mehrfach. Schließlich seien die Transaktionen mit Bitcoin und Ether in dem Land nicht nur illegal, sondern auch gefährlich, hieß es. So gebe es kaum Möglichkeiten, die Bürgerinnen und Bürger vor Betrügereien und anderen unlauteren Geschäften zu schützen.
Doch die Kryptoskeptiker in Chinas südlichem Nachbarstaat sind nun auf einen Schlag verstummt. Der Grund: Die Regierung des hochverschuldeten Landes will am Geschäft mit den Digitalwährungen selbst in großem Stil mitverdienen.
Nach den Plänen der Kommunistischen Partei könnten die Einnahmen bereits im kommenden Jahr den angespannten Staatshaushalt spürbar entlasten – und das bitterarme Land vor einem möglichen Staatsbankrott bewahren.
Der Sieben-Millionen-Einwohner-Staat, der mit seinem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von 2600 Dollar für die Weltwirtschaft bisher relativ unbedeutend war, soll demnach zu einem neuen Zentrum für sogenanntes Kryptomining werden – also für das Schürfen der digitalen Coins.
Die Entscheidung zur Legalisierung des Geschäfts erfolgte nur wenige Monate nach dem Entschluss Chinas, sich in die entgegengesetzte Richtung zu bewegen. Chinesische Behörden verbannten die Miner, die mit energieintensiven Rechenprozessen von Computern die Kryptoinfrastruktur am Laufen halten, im Mai aus dem Land.
Wasserkraft soll die Serverfarmen antreiben
Laos sieht sich nun in einer guten Position, zum alternativen Standort für die in China verpönte Branche zu werden – und lockt dabei mit elektrischer Energie im Überfluss: Die Wasserkraftwerke des Landes entlang Südostasiens wichtigstem Fluss, dem Mekong, produzieren deutlich mehr Strom, als Wirtschaft und Bevölkerung benötigen. Mehr als zwei Drittel der Energie verkauft Laos deshalb derzeit an seine Nachbarländer und verdiente damit allein in den ersten neun Monaten des Jahres 2021 mehr als zwei Milliarden Dollar.
Einen Teil der Überkapazitäten zu nutzen, um damit die Serverfarmen der Mining-Industrie anzutreiben, könnte aus Sicht der Regierung noch deutlich rentabler sein. In einem ersten Schritt erteilte sie sechs lokalen Firmen die Erlaubnis, ein Schürfgeschäft aufzubauen und Krypto-Handelsplattformen zu etablieren – in der Hoffnung, dass sich dabei die Staatskassen spürbar füllen.
Pro zehn Megawatt Stromverbrauch müssen die Miner eine Million Dollar zahlen. Die Lizenz für eine Handelsplattform kostet eine weitere Million. Und ihre Gewinne müssen die laotischen Kryptofirmen natürlich auch noch versteuern.
Die Einnahmen werden nach Erwartung des Finanzministeriums bereits 2022 signifikant zu Buche schlagen. Kryptomining soll demnach rund 180 Millionen Dollar einbringen – immerhin sieben Prozent des gesamten Haushalts.

Das Land kämpft mit einem hohen Schuldenstand und steckt in einer wirtschaftlichen Krise.
Die Zusatzeinnahmen kämen dem Land inmitten einer wirtschaftlichen Krise gerade recht: Laos kämpft mit einem 14-Milliarden-Dollar-Schuldenberg, der rund zwei Dritteln der gesamten Wirtschaftsleistung entspricht.
Bonität auf Ramschniveau
Angesichts weggefallener Tourismuseinnahmen während der Coronakrise und einer schwachen Konjunktur hat die Regierung in Vientiane große Probleme, die Verpflichtungen zu erfüllen Die Ratingagentur Fitch sieht die Bonität des Landes nur noch auf dem Ramschniveau CCC. Die Rückzahlung der Auslandsschulden bleibe eine Herausforderung, urteilen die Analysten. Zwischen 2022 und 2025 müsse Laos 1,2 Milliarden US-Dollar auftreiben.
Sollte Laos die Lücke tatsächlich mit einem Durchbruch am Kryptomarkt schließen können, wäre das aber nicht nur gut für die Staatsfinanzen. Mit dem Einsatz könnte das Land auch dabei helfen, den Ruf der Kryptowährungen als Klimasünder ein Stück weit zu verbessern. Schließlich käme beim Schürfen der Coins eine erneuerbare Energiequelle zum Einsatz – anders als in China, wo die Serverfarmen früher vielfach mit Strom aus Kohlekraft betrieben wurden.




Ganz ohne Kontroversen geht es aber nicht: Die zahlreichen Staudämme in Laos, die die Energie für die Miner liefern würden, haben bei Umweltschützern einen schlechten Ruf, weil sie für Störungen in den Ökosystemen flussabwärts verantwortlich gemacht werden.
Zudem stand Laos in der Vergangenheit immer wieder in der Kritik, kriminelle Gruppen zu beheimaten und zu wenig gegen Geldwäsche zu unternehmen. Die Gefahr, dass sich dubiose Finanzgeschäfte durch eine boomende Kryptoindustrie in dem Land ausweiten könnten, ist nicht von der Hand zu weisen.





