Homo oeconomicus: Claudia Kemfert: Der CO2-Preis auf Heiz- und Kraftstoffe ist viel zu niedrig

Claudia Kemfert leitet die Abteilung „Energie, Verkehr, Umwelt“ des DIW und ist Professorin für Energieökonomie und Nachhaltigkeit an der Hertie School of Governance.
Die Einführung eines CO2-Preises in Deutschland gibt zwar tatsächlich Anlass zur Empörung, aber anders als viele denken. Fakt ist: Heiz- und Kraftstoffe waren immer schon sehr viel teurer, als es schien. Bezahlt haben den Preis auch die, die kaum von der „fossilen Freiheit“ profitieren und am wenigsten zum Klimaschaden beitragen: Menschen mit geringem Einkommen, egal ob Pflegekraft, Friseur oder Rentnerin, verbrauchen wenig Ressourcen und haben daher einen kleinen CO2-Fußabdruck.
Trotzdem zahlen sie, ohne es zu wissen, auch für die Emissionen der anderen. Denn die Schäden der fossilen Freiheit Einzelner werden – versteckt – von der Gemeinschaft bezahlt.
Und wer profitiert? Die Besserverdienenden mit großzügig bemessenem Einfamilienhaus, mit Erst- und Zweitwagen und mit Dienst- und Urlaubsreisen in ferne Länder. Ausgerechnet sie, die als Gruppe einen klimaschädlichen Lebensstil pflegen, werden durch den Fiskus auch noch bevorzugt – durch direkte und indirekte Subventionen für fossile Energien, Infrastruktur und emissionsstarke Verhaltensweisen. Dabei ist ein Gebot der Fairness, dass Menschen den Schaden vollständig bezahlen, den sie anrichten.
Fair und wirkungsvoll wäre es, man würde Klimaschädlinge wie Kerosin, Diesel, Benzin und Gas realistisch an den verursachten Klimawandel-Folgekosten beteiligen. Richtig fair wäre, man würde den Menschen das Geld, das ihnen jahrzehntelang heimlich aus den Taschen gezogen wurde, zurückzugeben. Als „Klimabonus“ oder „Klimaprämie“ könnten die Einnahmen einer CO2-Steuer an die privaten Haushalte zurückgezahlt werden.
Der positive Lenkungseffekt wäre offensichtlich: Je weniger fossile Energien ich verbrauche, desto mehr Geld kann ich behalten. Und Haushalte mit niedrigen Einkommen würden – wie in einer Studie mit meiner Beteiligung nachgewiesen – meist mehr Geld bekommen, als sie qua Verbrauch bezahlen.
Viel zu niedriger Festpreis
Der jetzt eingeführte CO2-Preis ist weder fair noch wirkungsvoll. Man hat einen komplizierten und kostspieligen nationalen Emissionsrechtehandel eingerichtet. Was nach freiem Markt klingen soll, ist in Wahrheit per (viel zu niedrigem) Festpreis geregelt: Statt des nach Schätzung des Umweltbundesamts notwendigen Preises von 195 Euro pro CO2-Tonne ist der fossile Spaß zum Schnäppchenpreis von anfangs 25 Euro und später 60 Euro zu haben.
Besonders absurd: Mit der gleichzeitigen Erhöhung der Pendlerpauschale wird ausgerechnet das Fahren von emissionsstarken Verbrennern belohnt. Die angestrebte Emissionsminderung wird so höchstens zu einem Drittel erreicht.
Die parallele Vereinbarung zur Senkung des Strompreises ist gut und wichtig, belohnt aber leider fossile wie erneuerbare Energien gleichermaßen.




Trotzdem: Die Einführung eines CO2-Preises ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wir brauchen Kostenwahrheit und soziale Gerechtigkeit. Kluger Klimaschutz schafft beides.





