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Lars Felds OrdnungsrufEs ist die Rede von den „klebrigen Fingern der Finanzminister“

Der deutsche Föderalismus leidet unter einer grundlegenden Misere. Der Länderfinanzausgleich tut sein Übriges, dass statt auf die Einnahmen auf die Ausgaben geschaut wird.Lars P. Feld 09.12.2025 - 10:38 Uhr Artikel anhören
Lars Feld ist Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg und Direktor des dort ansässigen Walter Eucken Instituts. Foto: Getty Images [M]

Als die Ministerpräsidentenkonferenz am vergangenen Donnerstag endete, stand das Ergebnis wieder einmal fest: Der Bund müsse sich beim Konnexitätsprinzip bewegen und den Ländern und Gemeinden zukünftig eine Kompensation für seine finanzwirksamen Entscheidungen garantieren.

Wer bestellt, der bezahlt – so klingt das einleuchtende Credo. Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen, blieben einige Beschlüsse zur Staatsmodernisierung als Prüfauftrag offen.

Und es gibt ja noch das Steueränderungsgesetz 2025 mit der unbefristeten Wiedereinführung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Speisen („Gastro-Steuer“), der Erhöhung der Pendlerpauschale und der Wiedereinführung des Agrardiesel-Privilegs, das ohne Zustimmung der Länder nicht in Kraft treten kann. Ein wenig Druck auf den Bund kann ja nicht schaden.

Zu Recht weisen die Länder auf die Finanzprobleme der Gemeinden hin. Nachdem das Finanzierungsdefizit der Städte und Gemeinden im Jahr 2024 auf einem Rekordniveau von fast 25 Milliarden Euro lag, erwartet der Deutsche Landkreistag für dieses Jahr eine Steigerung des Defizits auf 35 Milliarden Euro. Die Gemeinden stehen finanzpolitisch mit dem Rücken zur Wand, weil sie Aufgaben mit einer hohen Ausgabendynamik zu erfüllen haben, die ihnen vom Bund auferlegt werden, ohne dass sie dafür entsprechende Einnahmen erhalten.

Vor allem handelt es sich dabei um Aufgaben im Sozialbereich. Aktuell steigen die Ausgaben für die Jugend- und die Eingliederungshilfe ungeheuer dynamisch. Ähnliches gilt im konsumtiven Bereich, etwa beim Kita-Ausbau oder beim Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder.

Das Narrativ der Länder überzeugt jedoch nicht. Das liegt weniger an den Gemeinden, die bei der Ausführung der Bundesgesetze regelmäßig Spielräume ungenutzt lassen. Wie ist es sonst zu erklären, dass Sozialleistungen, etwa in Sachsen, niedriger als in anderen Ländern sind? Die große Ausgabendynamik im Sozialbereich wird davon aber kaum berührt.

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Der Jahreswechsel könnte zum Wendepunkt für die Finanzmärkte werden

Stichhaltiger ist der Vorwurf an die Länder, dass sie ihre Gemeinden unzureichend schützen. Die finanzwirksamen Gesetze sind zustimmungspflichtig. Sie treten nur dann in Kraft, wenn der Bundesrat zustimmt. Im Bundesrat sind die Länder durch ihre Regierungen vertreten. Sie können somit durchaus verhindern, dass die Gemeinden zu stark belastet werden.

Nur tun sie das leider oftmals nicht, ganz im Gegensatz zu Gesetzen, die ihre eigene Finanzlage betreffen. Während sich in Fragen der Bund-Länder-Finanzbeziehungen in der Regel alle 16 Länder in einer Phalanx gegen den Bund stellen und sich zuletzt erheblich größere Anteile an den Steuereinnahmen sichern konnten, lassen sie Belastungen ihrer Gemeinden allzu häufig geschehen und verlangen dafür nachträglich eine Kompensation.

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: Der Bund kann den Gemeinden nur in Ausnahmefällen unmittelbar Finanzhilfen gewähren. Diese werden in aller Regel den Ländern zugewiesen, die eine Verteilung auf die Gemeinden vornehmen sollen. Nicht selten bleibt dabei etwas in den Landeshaushalten hängen. Es ist die Rede von den „klebrigen Fingern der Finanzminister“.

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Deutschland braucht einen neuen Beschäftigungspakt

Dahinter steht eine grundlegende Misere des deutschen Föderalismus. Während die Verwaltungskompetenzen so stark bei den Ländern und Gemeinden liegen wie in keinem anderen Bundesstaat, sind die Finanzkompetenzen zentralisiert. Die Gemeinschaftssteuern, über die Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam verfügen, machen drei Viertel aller Steuereinnahmen aus.

Den Ländern stehen vor allem die Einnahmen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie aus der Grunderwerbsteuer zu. Nur bei dieser können die Länder die Steuersätze autonom verändern. Ähnlich ist es bei den Gemeinden, die jedoch mit den Hebesätzen der Gewerbesteuer und der Grundsteuern über mehr Steuerautonomie verfügen. Auf der Ausgabenseite bestehen vielfältige weitere Mischkompetenzen.

Im Ergebnis folgen daraus völlig falsche Anreize. Länder und in einem geringeren Ausmaß die Gemeinden können sich ihren Wählern gegenüber fast ausschließlich über höhere Ausgaben profilieren.

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Der Länderfinanzausgleich setzt darüber hinaus negative Anreize zur Pflege der Einnahmebasis, da zusätzliche in einem Land erwirtschaftete Steuereinnahmen weitestgehend durch den Ausgleichsmechanismus wieder abgegeben werden müssen. Länder und Gemeinden rechnen daher damit, dass andere – Bund, Länder oder Gemeinden – für einen Teil ihrer Mehrausgaben aufkommen.

Alle Versuche der Vergangenheit, dies in Föderalismus- oder Staatsreformen zu ändern, sind fehlgeschlagen. So wäre es an der Zeit, dass die Länder endlich verantwortungsbewusster ihren Gemeinden gegenüber handelten. Ein erster Schritt wäre die Ablehnung des Steueränderungsgesetzes 2025.

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