Im internationalen Vergleich steht Deutschland mit seinem Staatshaushalt gut da. Auf Pump finanzierte Konjunkturprogramme lehnt die Bundesregierung ab. Nach dem aktuellen deutschen EU-Stabilitätsprogramm kommt der Gesamtstaat aus Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialkassen schon in zwei Jahren ohne neue Schulden am Finanzmarkt aus. Schon 2011 hatte das Defizit nur noch bei einem Prozent gelegen. Auch strukturell - also unabhängig vom Auf und Ab der Konjunktur - schließt sich die Lücke zwischen den Einnahmen und Ausgaben.
Damit einher geht, dass der in Jahrzehnten angehäufte Schuldenberg allmählich an Bedeutung verliert: Die Schuldenstandsquote soll von 82 Prozent des BIP 2012 auf 73 Prozent in 2016 zurückgehen. Fazit: Der Staat ist weit davon entfernt, wegen eines moderaten Abschwungs in die Knie zu gehen.
Die mit dem Aufschwung der vergangenen Jahre einhergegangene Rekordbeschäftigung hat die Lage der Sozialkassen erheblich entspannt. So erwartet die Bundesagentur für Arbeit (BA) dieses Jahr einen Überschuss von 1,3 Milliarden Euro. Allerdings warnen die Arbeitgeber bereits, bei einer Konjunkturabkühlung könnte die BA schnell wieder auf Zuschüsse des Bundes angewiesen sein. Rosiger schätzt das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel die Aussichten für die BA ein: Es erwartet 2012 einen Überschuss von fast drei Milliarden Euro.
Alle Sozialkassen zusammen - also Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung - könnten dem IfW zufolge in diesem Jahr auf einen Überschuss von 15 Milliarden Euro kommen. Damit hätten sie zumindest ein kleines Polster für den Abschwung.
Noch sind die Auftragsbücher der Unternehmen gut gefüllt. Wie schnell die im Aufschwung angelegten Puffer aber schmelzen können, hat die Finanzkrise 2008/09 gezeigt. Auch ihr ging ein jahrelanger Aufschwung voraus, der in die schwerste Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit mündete. Und dennoch: Nie hatten so viele Deutsche einen Job wie jetzt. Viele Unternehmen werden selbst bei einem Konjunktureinbruch versuchen, ihre Mitarbeiter zu halten. Denn Fachkräfte sind in Deutschland rar.
Auch der Bauboom dürfte die Wirtschaft selbst bei einem plötzlichen Konjunktureinbruch noch eine Weile stützen. Im ersten Quartal zog die Bauindustrie 12,5 Prozent mehr Aufträge an Land als ein Jahr zuvor. Bis die abgearbeitet werden können, vergehen Monate und Jahre, und bis dahin kann sich die Wirtschaft schon wieder erholt haben.
Paradoxerweise ist es von Vorteil, dass der jüngste scharfe Konjunktureinbruch nur drei Jahre zurückliegt: Die Erfahrung der handelnden Politiker ist frisch, und sie können auf Konzepte wie die Kurzarbeit zurückgreifen, die sich damals bewährt haben. Allerdings hat mit dem Aufschwung 2010/11 der Reformwille in der Politik nachgelassen. Dabei gäbe es noch immer genug zu tun, um den Standort fitzumachen für den demografischen Wandel und künftige Flauten. So bemängelt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), höhere Beiträge zur Kranken- und Arbeitslosenversicherung hätten die Arbeitskosten 2011 erhöht. Unter den OECD-Ländern wird nur in Belgien der Faktor Arbeit noch stärker belastet.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.
Wenn man das Handelsblatt aufschlägt, dann meint man schon seit 5 Jahren, dass die Welt am nächsten Tag unter- geht. Drama, Drama, Drama! Die Lage ist zweifellos ernst, ich kann's aber nicht mehr hören und lesen "Deutsche Bank herabgestuft, Deutschland steht an der Rezession, Angriff auf die Deutschen Steuerzahler" usw. usw. Ich frage mich was das HB schreiben würde, wenn es in England, Frankreich,Spanien oder Italien sitzen würde? Wahrscheinlich hätte man prophylaktisch schon mal alle Redakteure entlassen und die Druckpressen stillgelegt, weil morgen geht ja endgültig die Welt unter!
@RBern: das mit dem Fachkräftemangel können Sie abgesehen von einigen Segmenten der IT-Branche in die Kategorie Märchen einordnen. Das wird uns permanent erzählt, um die Zuwanderung von Qualifizierten aus aller Welt zu erleichtern. Das Ziel der Übung: der Eine möge den Anderen im Wettlauf um die ausgeschriebene Stelle unterbieten!
Ob die deutsche Wirtschaft in eine Rezession rutscht - hängt unter anderem davon ab, ob die Binnennachfrage die Auslandsnachfrage substituieren kann.
Was man eigentlich zu vernein ist.
Eine Rezession in Deutschland, von den Medien herbeigeredet, von den europäischen Nachbarn herbeigesehnt, würde die Eurozone und selbstverständlich den europäischen Binnenmarkt mitreißen. Was bei der ganzen Neiddiskussion übersehen wird: Ein Großteil von den Exportgütern, enthalten Vorprodukte aus dem Ausland. Die müssen also aus dem europäischen Ausland IMPORTIERT werden.
Folglich: Würde die deutsche Wirtschaft abtauchen, zöge sie die anderen europäischen und weitere Volkswirtschaften mit sich - Obamas Wiederwahl.
Eine Rezession wäre insofern für das europäische Ausland katastrophal, weil die deutschen Politiker der Bevölkerung nicht mehr vermitteln werden können, warum Geld für andere ausgegeben sowie bei Ihnen gespart wird und sie darüber hinaus noch weitere Lasten zu tragen haben.
Ich glaube die europäische Schadenfreude, die sich erkennen lässt, übersieht, in welche prekäre Situation wir in Europa kommen, sollte es den Menschen in Deutschland schlechter gehen. Wir haben bereits einen Verteilungskampf, den die Deutschen verlieren. Nur sie spüren es noch nicht, da ihnen vorgegaukelt wird, es ist alles gut. Wird der Verteilungskampf existenziell - werden Schulden für ausländische Arbeitslose und Kranke aufgenommen - wird es den deutschen Landsleuten nicht mehr egal sein, dass an ihnen zum Wohle anderer gespart wird. Ich bin überzeugt, die Politik hat sich in der Europapolitik verrannt. Es brodelt und manchmal kochen die Deutschen auch über. Ich persönliche mache mir Sorgen. Das ist der Stoff, das sind die Voraussetzungen weshalb früher Kriege geführt wurden. Denn irgendwann einmal muss auch der europafreundlichste Politiker merken: Man ist sich selbst der Nächste. Und das praktizieren unsere europäischen Freunde bereits extrem lange.
Rezession für Deutschland? Hier handelt es sich wahrscheinlich um eine Falschmeldung.
Noch vor 3 Wochen suchten deutsche Unternehmer händeringend hundertausende von Fachkräften, bis 2020 oder 2025 sogar 3 Millionen und jetzt, 3 Wochen später sollen wir vor einer Rezession stehen? Das kann glauben wer will.
Vor nicht mal einem Monat konnten hundertausende von Stellen nicht besetzt werden, einige Hundert Milliarden € so nicht erwirtschaftet werden, kein zusätzliches Wachstum konnte generiert werden und jetzt Rezession?
Sollten sich die sog. Wirtschaftsführer und selbsternannten Experten so getäuscht haben? Oder erzählt der Eine dem Anderen immer, wie gut es in Deutschland läuft und der Andere gibt diese Parole ungefiltert weiter?
Brüderle erklärte uns noch vor wenigen Wochen, dass für uns das "Goldene Jahrzehnt" angebrochen sei. Was und vor allem wem kann man überhaupt noch glauben?
Langsam glaube ich, wir haben nicht nur das "Dümmste Exportmodell der Welt" sondern auch die dazu passenden Verantwortlichen.
Margit,
ich verstehe Ihre Besorgtheit, die ich mit Ihnen teile. Aber ist es sinnvoll, sich den Teufel an die Wand zu malen?
Wir sollten uns mehr darauf konzentrieren, wie man da rauskommt (meine Meinung) oder aber zumindest, wie man diese Krise gut durchsteht. Treffen wird Sie uns alle. Auch die Reichen mit ihrer Kohle in der Schweiz. Das hatte man vielleicht vorher nicht so bedacht. Nun haben wir bald einen Selbstläufer, den es zu stoppen gilt. Ich hoffe, das Bundesverfassungsgericht ist sich der Bedeutung des ESM bewusst und kann aber auch gleichzeitig erkennen, wie Europa gebeutelt wird, weil Gier und Korruption die Systeme überwuchern.
Für Abgeordnetenwatch:
Sehr geehrter Herr/Frau X,
Der ESM-Vertrag gleicht einer Art "Ermächtigungsgesetz":
Art. 8, Abs. 1 Das genehmigte Stammkapital beträgt 700 Milliarden EUR.
Art. 10, Abs. 1 [...] Der Gouverneursrat kann beschließen, das genehmigte Stammkapital zu verändern und Artikel 8 [...] entsprechend zu ändern.
Das Stammkapital (und damit Deutschlands Anteil) kann nach belieben (!) erhöht werden.
Art. 32 Abs. 3 Der ESM, sein Eigentum, seine Mittelausstattung und seine Vermögenswerte genießen unabhängig davon, wo und in wessen Besitz sie sich befinden, Immunität von gerichtlichen Verfahren jeder Art [...]
Art. 32 Abs. 4 Das Eigentum, die Mittelausstattung und die Vermögenswerte des ESM genießen [...] Immunität von Durchsuchung, Beschlagnahme, Einziehung, Enteignung und jeder sonstigen Form des Zugriffs durch vollziehende, gerichtliche, administrative oder gesetzgeberische Maßnahmen.
Art. 35 Abs. 1 Im Interesse des ESM genießen der Vorsitzende des Gouverneursrats, die Mitglieder des Gouverneursrats, die stellvertretenden Mitglieder des Gouverneursrats, die Mitglieder des Direktoriums, die stellvertretenden Mitglieder des Direktoriums sowie der Geschäftsführende Direktor und die anderen Bediensteten des ESM Immunität von der Gerichtsbarkeit hinsichtlich ihrer in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen und Unverletzlichkeit hinsichtlich ihrer amtlichen Schriftstücke und Unterlagen.
Der ESM und seine Mitarbeiter befinden sich in einem rechtsfreien Raum!!!
Der ESM erhält beliebig viel Geld. Was mit dem Geld geschieht, unterliegt keiner Kontrolle. Gerichtsbarkeit und demokratische Legitimation sind nicht vorhanden. Mit dem ESM-Vertrag wird ein "Ermächtigungsgesetz" installiert. Werden Sie dem ESM-Vertrag am 29. Juni zustimmen? Können Sie den Wählern und Wählerinnen verdeutlichen, warum sie in den Artikeln und dem ESM insgesamt keine Probleme sehen?
Mit freundlichen Grüßen
X
Wer Augen hatte zu lesen, und Hirn hatte um zu denken .... für den war diese Entwicklung der div. Indikatoren bereits seit längeren zu vermuten.
Selbstverständlich kann sich Deutschland nicht von der allgemeinen Entwicklung abkoppeln. Und die allgemeine Entwicklung zeigt eben nicht ausschließlich in Europa abwärts. Auch China, Indien und weitere Schwellenländer schwächeln zunehmend, womit die bisherigen Kompensationsfelder der deutschen Exportwirtschaft immer weniger die Verluste im europ. Raum ausgleichen können.
Und leider liegt es nicht (nur) an der Unsicherheit. Jede Produktion, egal für was, hängt in letzter Konsequenz am Konsum. Und mit jedem zusätzlichen Arbeitslosen in Spanien, in Italien, oder sonstwo auf der Welt - mit jeder Lohnreduktion in Griechenland, Indien, oder sonstwo auf der Welt, sinkt der Konsum.
Wir gehen offenbar wirklich mit Riesenschritten in ein zweites 1929. Aber Fachleute haben das lange vorausgesehen, nur selbsternannte Experten halten noch am Euro fest, der uns nur Unheil gebracht hat.
Dann wird es auch bald bei uns gewaltig krachen, wenn wir weitere Mio Arbeitslose bekommen. Denn in Wahrheit hat Deutschland ja jetzt schon bzw. immer och weit über 5 Mio Arbeitslose, die geparkt werden in Billigstjobs mit Verdiensten die lediglich ein besseres Taschengeld darstellen, mit Zuschüssen vom Staat.
Einen Stopp der Neuverschuldung oder gar eine Enschuldung haben schon Waigel, Lafontaine, Eichel, Steinbrück und jetzt Schäuble der Bevölkerung weismachen wollen. Leider kamen jedesmal "unvorhergesehene" Sachen dazwischen wie die Wiedervereinigung, die Asienkrise, die dotcom-Blase und die Finanzkrise dazwischen. Momentan droht der Blankoscheck namens Eurorettung. Warum sollte es zukünftig anders sein?
Und: Wenn der deutsche Staat sich entschulden würde, könnte unser überzüchteter Privatversicherungssektor ja gar keine "sicheren" Anlagen mehr tätigen und müsste leider abgeschafft werden.
Daher glaube ich kein Wort davon, dass Deutschland seine Schulden jemals selbst tilgt.
Dummes Zeug. Der Euro wird zusammenbrechen oder eine Weichwährung, für die die deutsche Industrie keinerlei Rohstoffe mehr erhält. Der Mittelstand wird zusammenbrechen, weil er keine Devisen hat.
Das Beste und einzig Richtige ist, daß Deutschland SOFORT die Eurozone verläßt. Die deutsche Exportwirtschaft hat sich dann anzustrengen und nicht mehr auf Kosten der deutschen Steuerzahler subventionierten Währung zu leben.