Kommentar Anlegern fehlt das Überraschungsmoment bei der Allianz – zu Recht

Der Konzern verändert die Struktur des Deutschland-Geschäft radikal.
Gut vier Jahre ist es her, da gab es bei der Allianz einen bizarren Machtkampf zwischen Vorstandschef Oliver Bäte und Manfred Knof, dem damaligen Chef der deutschen Tochter. Knof verlor und ist heute Commerzbank-Chef. Der siegreiche Bäte macht jetzt dessen oftmals widerspenstige Einheit dicht und festigt so seine ohnehin riesige Hausmacht im Konzern.
Euphorie wird die Nachricht bei den vielen Allianz-Aktionären im Land allerdings nicht verbreiten. Denn Bätes Schritte sind erwartbar.
Seit anderthalb Jahren ist im Allianz-Umfeld von der Neustrukturierung der deutschen Tochter die Rede. Schon vor drei Jahren hat Bäte angekündigt, dass die von Land zu Land unterschiedliche Produktwelt angeglichen werden soll.
Nun wird auch dieses Projekt forciert. Echte Überraschungen sehen anders aus.
Das erklärt auch das Luxusproblem, das den Allianz-Chef seit Längerem beschäftigt. Fast 10,8 Milliarden Euro hat der Versicherer im Corona-Jahr 2020 verdient, so viel wie kein anderer Dax-Konzern.
Allianz-Aktie noch immer unter Vor-Pandemie-Niveau
Seine Aktionäre reagieren jedoch darauf mit einem Gleichmut, als sei das eine Selbstverständlichkeit. Der Aktienkurs notiert trotz des jüngsten Anstiegs noch deutlich unter dem Niveau vor Ausbruch der Pandemie.
Bäte macht bei öffentlichen Auftritten keinen Hehl daraus, dass ihn diese Entwicklung ärgert. Den Anlegern fehlt allerdings zu Recht das Überraschungsmoment bei der Allianz.
Der Versicherer ist verlässlich auch in Krisenzeiten, frei von Skandalen und ein Garant für hohe Dividendenzahlungen. Aber auch nicht mehr.
Eine Mega-Übernahme als möglicher Kurstreiber in der Zukunft gilt weiterhin als unwahrscheinlich. Bäte selbst hatte eine solche immer wieder ausgeschlossen. Deswegen muss die Umsetzung der bereits eingeleiteten Digitalisierungsstrategie endlich Erfolge in nennenswertem Umfang zeigen.
Die Voraussetzungen sind geschaffen, überall im Haus werden die Prozesse dahin ausgerichtet. Das findet intern wie extern Anerkennung, einen Ruf als Innovationstreiber hat die Allianz hingegen noch immer nicht.
Nächster Dreijahresplan Ende des Jahres
Der Blick der Anleger richtet sich deswegen jetzt schon auf das Jahresende. Oliver Bäte will dann den nächsten Dreijahresplan vorlegen.
Es könnte der letzte seiner Amtszeit sein. Sein Vertrag läuft bis 2024. Dann muss seine Ankündigung von einfachen und selbsterklärenden Produkten, die allesamt online verwaltet werden können, Realität geworden sein.
Wenn nicht, müsste sich womöglich sein Nachfolger darum kümmern. Wenn der, wie von Bäte stets propagiert, kein gelernter Versicherungsexperte, sondern womöglich ein Techie sein würde, wäre eine große Überraschung perfekt.
Den Allianz-Aktionären wäre es allerdings lieber, wenn es bis dahin noch manch andere Überraschung gäbe.
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