Kommentar Anzahlungen als Finanzhilfe: Reiseanbieter nutzen die Hoffnungen auf den Osterurlaub aus

Viele Anbieter locken Kunden mit Osterangeboten.
Sind es gut gemeinte Durchhalteparolen, oder zieht die Reisebranche den urlaubshungrigen Deutschen mit leeren Versprechen das Geld aus der Tasche? Ein Neustart schon in der Oster-Reisesaison könne in einigen Wochen beginnen, schwadronierte Tui-Chef Fritz Joussen am 9. Februar.
Eine Woche später legte FTI-Geschäftsführer Ralph Schiller nach: „Wir sind fest davon überzeugt, dass sicherer Osterurlaub mit entsprechenden Testkonzepten möglich ist.“ Die Onlineportale vieler Reiseveranstalter sind bis heute voll mit verlockenden Reiseangeboten über die Feiertage.
Warnhinweise von Politikern putzte die Reisebranche brüsk zur Seite, wie etwa den von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Osterurlaub in Deutschland könne es in diesem Jahr leider nicht geben, hatte dieser vor allzu großem Optimismus angesichts der hohen Corona-Infektionszahlen gemahnt – und sich vom mächtigen Deutschen Reiseverband einen öffentlichen Rüffel eingefangen.
„Das hat uns auf die Palme gebracht“, polterte Verbandspräsident Norbert Fiebig. Da fehle es wohl an Sensibilität und Sachverstand.
An Sensibilität wofür? Die berechtigten Sorgen der Urlaubswilligen kann Fiebig jedenfalls nicht gemeint haben. Denn die hatten gerade erst vor wenigen Monaten erlebt, was es bedeutet, gebuchte Reisen wieder stornieren zu müssen. Monatelang warteten die meisten auf die Rückerstattung ihrer angezahlten Gelder, Hotlines von Veranstaltern wie Tui blieben über Wochen unerreichbar. Wer Einzelleistungen wie Fähren oder Mietwagen im Ausland gebucht hatte, wartet zum Teil bis heute auf sein Geld.
So bleibt der Verdacht, dass es den Urlaubsanbietern bei ihren wohl kaum noch zu erfüllenden Angeboten vor allem um eines geht: die eigene Liquidität in Zeiten der Krise auf einem verträglichen Niveau zu halten. Denn üblicherweise werden schon kurz nach der Buchung Vorauszahlungen von 20 bis 25 Prozent des Reisepreises fällig, der Rest folgt dann oft einen Monat vor Reiseantritt.
Staatliche Entschädigung statt fragwürdiger Selbsthilfe
Dass Urlaubsanbieter zu einer solch fragwürdigen Selbsthilfe greifen, ist ihnen allerdings kaum zu verdenken. Denn der Staat lässt viele mit ihren Finanzproblemen im Stich. Insbesondere Hotels tragen in der Pandemie ein Sonderopfer, denn laut RKI stehen sie in der Rangliste der Infektionsorte – zusammen mit dem Personenfernverkehr, Spielplätzen und Parks – auf der untersten Risikostufe.
Als Konsequenz sollte ihnen keine Beihilfe angeboten werden, die nach Vorgaben der EU stark limitiert und meist unzureichend ist, sondern eine Entschädigung. Die EU bietet im Artikel 107 ihres „Arbeitsweise-Vertrags“ (AEUV) dazu die Möglichkeit. Der Bundeswirtschaftsminister müsste dies nur in Brüssel beantragen.
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