Kommentar Ausländische Investoren setzen aus guten Gründen wieder auf europäische Aktien

Der Energiekonzern hat zuletzt Aktien für zwei Milliarden Euro aus einer Kapitalhöhung platziert.
Frankfurt Ausländische Anleger haben offensichtlich umgedacht: Um Europa ist es doch nicht so schlecht bestellt, wie es seit Jahren den Anschein hatte. Viele von ihnen hatten im Krisenfall mit einem Auseinanderbrechen der Europäischen Union gerechnet. Zu viel Kleinstaaterei prägte die Gemeinschaft zuletzt und verdrängte alles Gute, das erreicht worden war. Mit dem Schnüren des gemeinsamen Hilfspakets über 750 Milliarden Euro wurde der Gegenbeweis angetreten. Das Geld soll den am stärksten von der Corona-Pandemie betroffenen Staaten zugute kommen.
US-Investoren nehmen deshalb einen neuen Anlauf, mehr Geld in Richtung Europa zu dirigieren. Häufig waren sie zuvor enttäuscht, ihr Optimismus nicht belohnt worden. Es zeichnete sich eine gewisse Europamüdigkeit ab. Doch die gehört der Vergangenheit an, wie sich zeigt. Goldman Sachs hat ausgerechnet, dass im Juli bei Aktien zusätzlich sieben Milliarden Euro in aktive Strategien und zehn Milliarden Euro in passive Strategien geflossen sind. Das ist immerhin ein Plus von drei und elf Prozent.
Doch es ist mehr als ein guter Start in das zweite Halbjahr. Bereits den vierten Monat in Folge kam es zu einem Zufluss von Geldern aus dem Ausland nach Europa.
Dass Investoren Chancen in Europa sehen, liegt auch an der Bewertung. Im deutschen Leitindex Dax beispielsweise werden die Anteilsscheine mit dem knapp 15-Fachen der für das nächste Jahr erwarteten Gewinne bewertet. Zum Vergleich: Beim US-Index S&P 500 ist es fast das 21-Fache.
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Dieser Unterschied ist gerade mit Blick auf die Perspektiven beachtlich. Denn in den USA rechnen die Volkswirte im nächsten Jahr mit einem Wachstum, das bei 3,7 Prozent liegt, in Europa dagegen mit satten 5,6 Prozent. Zudem ist der Ausgang der für Anfang November angesetzten US-Präsidentschaftswahlen ungewiss, und Europa wird derzeit nicht so stark durch die Corona-Pandemie belastet. Letzteres kann sich allerdings ändern, wenn die Infektionszahlen in Europa weiter ansteigen.
Dennoch: Angesichts der Chancen ziehen europäische Firmen Aufmerksamkeit auf sich, die frisches Geld am Kapitalmarkt holen. Zuletzt hat der Energiekonzern RWE Aktien für zwei Milliarden Euro aus einer Kapitalhöhung platziert. Wenn es in diesem Jahr nicht so läuft, dann ist das aus Sicht der Investoren tragbar, sofern die Konkurrenz nicht deutlich besser dasteht. Für sie zählt der Blick auf 2021: Dann müssen die Geschäfte wieder laufen. Auch für Privatanleger lohnt sich bei gut laufenden Platzierungen ein genauer Blick auf die Aktie.
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