Kommentar: Bei Chinas Klimaschutzversprechen gilt: Genau Hinschauen

Ob es Peking mit der Klimaneutralität bis 2060 wirklich ernst meint, wird man daran messen können, wie schnell die ersten Weichen dafür gestellt werden.
Damit hatte wirklich niemand gerechnet. Das Land, das weltweit die meisten klimaschädlichen Emissionen ausstößt. Das Land, das in seinem Energiemix immer massiv auf Kohle setzt. Das Land, das in diesem Jahr so viele neue Kohlekraftwerke wie zuletzt 2015 genehmigt hat und dessen Energieverbrauch immer weiter steigt. Ausgerechnet China hat verkündet, innerhalb der nächsten 40 Jahre seinen Ausstoß klimaschädlicher Gase netto auf null herunterzufahren. Was für ein Versprechen.
Während Präsident Donald Trump tatenlos dabei zusieht, wie in den USA ganze Landstriche verbrennen, weil es wegen der Klimaveränderung immer seltener regnet, scheint Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping den Ernst der Lage erkannt zu haben. Eigentlich löblich.
Nachdem die Zentralregierung in Peking das große Ziel ausgegeben hat, werden die Lokalregierungen im ganzen Land überlegen, wie es erreicht werden kann. So die Idealvorstellung.
Doch Zweifel sind angebracht. Unklar ist, wie ernst es Xi wirklich ist mit dem Ziel der Klimaneutralität meint. Es könnte sein, dass ihm das Thema lediglich zur Imagepflege dienen soll.
Denn die Platzierung seiner großen Erklärung direkt nach der Rede von Trump, der Amerikas Verbündete beim Klimaschutz massiv enttäuscht und im Stich gelassen hat, dürfte kein Zufall sein. Es ist die perfekte Gelegenheit für Xi, sich als Anti-Trump zu präsentieren. China fällt dabei die Rolle der vernünftigeren Weltmacht zu. Diese Klima-Show lässt Zweifel aufkommen.
Mit vollmundigen Versprechen der derzeitigen chinesischen Regierung ist das nämlich so eine Sache. Man erinnere sich an Xis große Rede beim Weltwirtschaftsforum in Davos im Jahr 2017.
Dort führte er sich unter großem Applaus als Verfechter des Freihandels auf, versprach offene Märkte in China – etwas, wovon die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt auch drei Jahre danach noch weit entfernt ist. Auch ein System zum Emissionshandel kündigte er im Jahr 2015 mit großer Geste an. Ein System gibt es zwar nach einigen Verzögerungen inzwischen. Bis heute reicht es aber nicht annähernd an das heran, was sich Klimaschützer damals erhofft hatten.
Skepsis ist daher angebracht, und die Öffentlichkeit sollte genau hinschauen, ob Peking den entschlossenen Worten dieses Mal auch genauso entschlossene Taten folgen lässt. Denn die sind nötig. Die Umstellung einer Wirtschaftsmacht von der Größe Chinas auf Klimaneutralität innerhalb von 40 Jahren ist ein Mammutprojekt ohne Vorbild.


Ob es Peking wirklich ernst meint, wird man daran messen können, wie schnell die ersten signifikanten Weichen dafür gestellt werden. Wünschenswert wäre es. Denn eines ist klar: Nur mit China kann Klimaschutz global gelingen.





