Kommentar Bei Lebensmitteln darf sich die Politik nicht aus der Verantwortung stehlen

Der Glaube, dass höhere Ladenpreise für Lebensmittel mehr Tierwohl oder zufriedenere Bauern erzeugen, ist Unfug.
Es war eine notwendige Klarstellung gleich zu Beginn des Treffens mit den Spitzen der Lebensmittelhändler im Bundeskanzleramt: Kanzlerin Angela Merkel lehnt staatlich verordnete Mindestpreise für Lebensmittel ab. Doch ansonsten ist wenig klar bei der zurzeit populistisch aufgeheizten Diskussion um angebliche Dumpingpreise im Lebensmittelhandel.
Die Politik sollte deutlich sagen, was sie eigentlich vom Handel will. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner spricht pathetisch von der „ethisch-moralischen Verantwortung“, dass Lebensmittel nicht verramscht werden dürften. Doch ihre Forderung nach „fairen Preisen“ zeigt, was sie wirklich meint. Es geht ihr um Klientelpolitik, sie will mehr Geld für die ohnehin hochsubventionierte Landwirtschaft.
In die gleiche Kerbe schlägt Merkel, wenn sie davon spricht, der Handel solle mehr regionale Lebensmittel anbieten – als wäre Regionalität ein Qualitätsmerkmal. Denn klar ist auch: Der Glaube, dass höhere Ladenpreise für Lebensmittel mehr Tierwohl oder zufriedenere Bauern erzeugen, ist Unfug.
Um die Qualität der Lebensmittel – und das gilt in erster Linie für Fleisch – wirklich zu heben, müsste die Politik die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, statt über Preise zu reden. So könnte sie strengere Auflagen für die Tierhaltung beschließen, um das Elend Tausender Nutztiere abzustellen. Passiert ist da bisher wenig.
Ganz wichtig wäre es auch, mit entsprechenden Vorschriften für Handel und Erzeuger volle Transparenz zu erzeugen, unter welchen Bedingungen die Lebensmittel jeweils hergestellt wurden. Hier sind viele Händler mit eigenen Labels vorgeprescht, weil die Bundesregierung in dieser Frage seit Jahren praktisch untätig ist.
Nur wenn es klare, einheitliche Kennzeichnungen gibt, weiß aber der Verbraucher, ob er für höhere Preise auch bessere Qualität bekommt. Die Politik sollte ihre Hausaufgaben machen, bevor sie populistisch Forderungen an den Handel stellt – und nicht ihre eigene Verantwortung auf andere abwälzen.
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Meiner Ansicht nach ist dieses Problem mit rein nationaler Gesetzgebung nicht zu beheben, da dies nur bei einer gewissen Abschottung des deutschen Binnenmarktes gegen billiger, weil herkömmlich, im Ausland produzierte Produkte funktionieren würde. Genau hier ist der Knackpunkt. Wie bei anderen gut gemeinten Vorhaben, wie Atomausstieg etc., bringen deutsche Alleingänge ohne internationale, mindestens aber EU-weite, Gesetzesänderungen und Zusammenarbeit wenig.