Kommentar Boris Johnson hat sich bei den Brexit-Verhandlungen in eine Sackgasse manövriert

Am Freitag stimmte das britische Unterhaus für das Brexit-Gesetz des britischen Premierministers.
Das Unterhaus hat mit deutlicher Mehrheit für das Brexit-Gesetz gestimmt, es gibt nun keinen Zweifel mehr am EU-Austritt zum 31. Januar. Es ist gut, dass darüber endlich Klarheit herrscht.
Das lässt sich über die künftige Handelsbeziehung hingegen nicht sagen. Im Februar beginnen die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen Großbritannien und der EU. Premierminister Boris Johnson will die Gespräche bis Ende 2020 abschließen. Er ist in großer Eile, weil er daheim seit Monaten verspricht, der Brexit sei bald erledigt.
Mit der Frist hat Johnson sich jedoch selbst in eine Sackgasse manövriert – und der EU einen massiven Verhandlungsvorteil verschafft. Als größerer Partner ist Brüssel ohnehin in der besseren Position. Dass Johnson sich nun selbst unter Lieferdruck setzt, spielt EU-Chefunterhändler Michel Barnier zusätzlich in die Hände.
Johnson sagte am Freitag im Unterhaus, er wolle „ein ehrgeiziges Freihandelsabkommen ohne Anpassung an EU-Regeln“. Er wird wohl weder das eine noch das andere Ziel erreichen. Mit der kurzen Frist von elf Monaten verspielt er von vornherein die Aussicht auf ein umfassendes Abkommen. Im besten Fall kann er auf einen Minimal-Deal hoffen, der den zollfreien Güterverkehr fortsetzt. Das wäre im Interesse der EU, weil sie bei Waren einen Handelsüberschuss mit Großbritannien hat.
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Auch wird die EU den Zugang zu ihrem Markt nur zu strikten Bedingungen gewähren. Sie will verhindern, dass Johnson mit Subventionen für britische Firmen den Wettbewerb verzerrt oder europäische Standards zu Arbeitnehmerrechten und Umweltschutz unterwandert.
Die EU sollte sich von den Briten nicht unter Zeitdruck setzen lassen. So groß die Verlockung auch ist, den Brexit schnell abzuhaken, sie sollte hart bleiben und im Zweifel auf eine Verlängerung der Gespräche dringen. Im Laufe des Jahres wird deutlich werden, dass Johnson in Handelsfragen ein Bittsteller ist – nicht nur in Brüssel, sondern auch in Washington und Peking.
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