Kommentar Boris Johnson muss endlich liefern

Der britische Premier verhandelt derzeit mit der EU über ein Handelsabkommen.
Der gelernte Journalist Boris Johnson regiert, wie er schreibt. Immer im Superlativ, damit es für eine knallige Schlagzeile reicht. Doch was für einen Kolumnisten unerlässlich ist, erweist sich im Regierungshandeln als Nachteil.
In der Coronakrise etwa kündigte der britische Premier vollmundig das „weltbeste“ Test-und-Trace-System an, doch als es an die Umsetzung ging, scheiterte es kläglich. Die einzigen Rekorde, die Großbritannien derzeit aufstellt, sind bei den Opferzahlen und den Rezessionsprognosen. Gerade erst wurde das Land Letzter im OECD-Vergleich.
Auch bei den Freihandelsgesprächen mit der EU verfährt Johnson nach dem Prinzip „Shock and Awe“, also „Schock und Furcht“. Eine Verlängerung der Übergangsperiode über 2020 hinaus lehnt er ab, um Stärke zu demonstrieren. Das Königreich sei bereit für den „No Deal“, tönen er und seine Brexit-Freunde.
Das soll die Europäer beeindrucken und zu Zugeständnissen bewegen. Doch diese wissen, dass es nicht stimmt. Ein Blick in die Häfen von Belfast und Dover zeigt, dass dort noch keine ausreichenden Vorkehrungen für zusätzliche Zollkontrollen getroffen wurden.
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Niemand war daher überrascht, als die britische Regierung vergangene Woche erklärte, auf strikte Importkontrollen ab Januar zunächst verzichten zu wollen. Es war das Eingeständnis, dass man noch nicht so weit ist.
Unter anderem verlässt sich die Regierung darauf, dass neue IT-Systeme rechtzeitig fertig werden. Das ist immer mit einem hohen Risiko behaftet, wie zuletzt der Flop mit der Corona-App gezeigt hat.
Scheitern ist inakzeptabel
Johnson täte ein bisschen britisches Understatement gut: weniger versprechen, mehr liefern. Bei den Freihandelsgesprächen wird es höchste Zeit, die Prinzipien in den Hintergrund zu rücken und pragmatisch nach einer Lösung zu suchen.
Die EU-Forderung, dass Großbritannien sich an ein Mindestmaß gemeinsamer Wettbewerbsregeln hält, ist nicht unzumutbar. In den nächsten Verhandlungsrunden im Juli wird sich zeigen, ob Johnsons Videoschalte mit den EU-Spitzen am Montag neue Bewegung in die festgefahrenen Gespräche bringt.
Ein Scheitern ist nicht akzeptabel. Nicht nur würde ein „No Deal“ am Jahresende viele Unternehmen auf beiden Seiten des Ärmelkanals zusätzlich belasten und möglicherweise in den Ruin stürzen.
Noch verheerender wäre das politische Signal: Die Beziehung zwischen der EU und Großbritannien wäre auf Jahre gestört, wenn die Verhandlungen in Streit und Chaos enden. Sollte sich in den kommenden Monaten herausstellen, dass die Zeit für eine Einigung nicht ausreicht, muss Johnson über seinen Schatten springen und eine Verlängerung der Übergangsperiode beantragen. Die EU sollte sich dem nicht in den Weg stellen.
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Johnson liefert doch. Von Tag 1 an ging es um einen No-Deal Brexit. No-Deal ist der entscheidende Punkt. Sonst würde Brexit gar nicht erst statt finden, macht ja keinen sinn sonst. Hier geht es um Ideologie, sonst nichts. Totale Lösung von der verhassten EU. Jeder Preis ist gerechtfertigt. Fakten sowie Sinn und Verstand sind nur im Weg.
Alles was Johnson noch zu tun hat ist das so zu gestalten das man vor der britischen Wählerschaft der EU die volle Verantwortung für das ganze zuweisen kann.
Bis dahin ist es nicht mehr weit. Und ein unglaublicher Glücksfall kommt zu Hilfe. Alle Konsequenzen die sich schlecht der EU zuweisen lassen, gehen an Corona. Das deckt zusammen alles ab. Es könnte gar nicht besser laufen.
und ewig grüßt das Murmeltier....