Kommentar Chaostage mit Folgen bei der Commerzbank

Die zweitgrößte deutsche Privatbank muss ihre diesjährige Hauptversammlung auf ein bislang unbekanntes Datum verschieben.
Düsseldorf „Ein Elternteil zu verlieren kann als Unglück angesehen werden. Beide zu verlieren scheint nachlässig.“ Der etwas flapsige Spruch des britischen Schriftstellers Oscar Wilde lässt sich auf die Commerzbank übertragen, der innerhalb weniger Tage zwei prominente Aufsichtsräte abhandengekommen sind.
In der vergangenen Woche musste der Chef des Kontrollgremiums, Hans-Jörg Vetter, aus gesundheitlichen Gründen über Nacht sein Amt aufgeben. Jetzt geht Andreas Schmitz, ein aussichtsreicher Kandidat für Vetters Nachfolge, weil dem Bund als Großaktionär die Verwicklungen des ehemaligen Chefs von HSBC Deutschland in den Cum-Ex-Steuerskandal zu heikel sind.
Der Rückzug von Vetter ist tragisch für die Commerzbank. Der Manager, der sich nach der Finanzkrise als Sanierer der Landesbank Baden-Württemberg einen Namen machte, hat seine neue Rolle beim Frankfurter Geldhaus von Anfang an ausgesprochen offensiv interpretiert. Als Aufsichtsratschef war er maßgeblich an den Plänen für die neue Strategie und vor allem die strikten Sparvorgaben beteiligt.
Im Duo mit dem von ihm mitausgewählten Vorstandschef Manfred Knof wäre der knorrige Vetter der richtige Manager gewesen, um die Commerzbank aus ihrer Lethargie zu wecken. Wie schwierig es ist, ein großes Geldhaus auf einen harten Sanierungskurs einzuschwören, hat sich schon bei der Deutschen Bank gezeigt, die drei Vorstandschefs verschliss, bevor Christian Sewing jetzt endlich Fortschritte vermelden konnte.
Die Commerzbank hat bereits viel zu viel Zeit verplempert. Jetzt droht die Suche nach einem neuen Aufsichtsratschef die Sanierung weiter zu verzögern.
Sicher, Vorstandschef Knof kann den eingeschlagenen Kurs weiterverfolgen. Aber er braucht einen starken Sparringspartner an der Aufsichtsratsspitze, um als Neuling in der Bank die vielen harten und unbequemen Entscheidungen durchzusetzen.
Der Bund muss als größter Aktionär jetzt so schnell wie möglich einen Kandidaten mit ähnlichem Profil wie Vetter präsentieren. Ein erfahrener Banker reicht nicht, es sollte schon ein Sanierungsexperte sein – und auf dem politischen Parkett sollte sich der neue Aufsichtsratschef oder die neue Aufsichtsratschefin auch noch geschmeidig bewegen können.
Ein ausgesprochen anspruchsvolles Anforderungsprofil. Es wird nicht viele Kandidaten geben, die allen Ansprüchen gerecht werden, und die müssen den Job dann auch noch wollen.
Vergnügungssteuerpflichtig ist der Posten als Chefkontrolleur der Commerzbank nämlich auf keinen Fall. Eher schon ein echtes Karriererisiko.
Mehr: Commerzbank-Führungskrise verschärft sich – Hauptversammlung wird verschoben
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.