Kommentar Conte kann jetzt befreit regieren – hat aber auch keine Ausflüchte mehr
Matteo Salvini hat verloren. Seine Kandidatin bei den Regionalwahlen in der Emilia-Romagna hat es nicht geschafft gegen den amtierenden Gouverneur von der Regierungspartei PD. Die Lega kam mit großem Abstand auf Platz zwei und die reiche und industriestarke Region bleibt in der Hand der Sozialdemokraten. Im Süden, in Kalabrien, gewann zwar die Rechte, doch die künftige Gouverneurin ist nicht von der Lega, sondern kommt von Berlusconis Forza Italia.
Damit bekommt Premier Giuseppe Conte Luft und kann regieren statt reagieren zu müssen. Das ist das wichtigste Ergebnis der Wahlen. Salvini kann jetzt keine Neuwahl mehr fordern, wie er es im Wahlkampf getan hatte. Regionale Themen hatten für ihn keine Rolle gespielt, er wollte nach dem Ende der Populistenregierung im vergangenen August zurück an die Macht.
Doch auf dem Sieg liegt ein Schatten, der das nächste große Problem des Premiers sein wird: Die Bewegung Fünf Sterne, der Koalitionspartner der PD, ist komplett eingebrochen und blieb in beiden Regionen unter fünf Prozent. Das hatte sich schon abgezeichnet und deshalb war Parteichef Luigi Di Maio kurz vor der Wahl zurückgetreten.
Damit verschieben sich die Machtverhältnisse in der Regierung – zum Besseren für Italien, wenn die permanenten Streitereien innerhalb der Koalition überwunden werden können. Die PD ist die erfahrenere Partei und hat mit Letta, Renzi und Gentiloni gut regiert, sie ist fest in Europa verankert und hat ein präzises Programm zur Wirtschafts- und Industriepolitik, während die Fünf Sterne ideologiegetrieben bei ihrem „Nein“ zu allem geblieben waren.
Conte muss jetzt zeigen, dass er das Zeug hat, die pathologische Wachstumsschwäche Italiens anzugehen. Die Partner in Europa und die Finanzmärkte werden seine Anstrengungen wohlwollend verfolgen. Er hat aber auch keine Ausflüchte mehr.
Ein erster Schritt zu nötigen Reformen ist mit der Senkung des Steuersatzes für mittlere Einkommen gemacht. Die tritt jedoch als Experiment erst ab Juli in Kraft und gilt vorerst für ein halbes Jahr. Italien braucht mehr, um Investoren anzulocken.
Die große Überraschung dieser Wahl war der „Sardinen“-Effekt: Die neue Basisbewegung hat ihre Anhänger mobilisiert und die Wahlbeteiligung in der Emilia-Romagna überraschend in die Höhe getrieben. Das ist ein gutes Signal gegen den dumpfen Populismus Salvinis. Doch im Sommer stehen die nächsten Regionalwahlen an und das Spiel beginnt von Neuem.
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